Einbruchsversuch in Bamberg Crash-Dieb gibt Beteiligung zu

Udo Güldner
Mehrere Männer hatten im Januar 2019 Autos gestohlen und diese als Rammbock oder Fluchtwagen genutzt. Nun kamen die Eigentümer der Fahrzeug zu Wort. Foto: picture alliance/dpa/Foto: Arne Dedert/dpa

Mit einem Auto versuchten Diebe im Januar 2019 in ein Juweliergeschäft einzudringen. Dies war nicht ihr erster Coup – doch dieser scheiterte und ließ sie auffliegen.

 
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Bamberg - Der Prozess gegen zwei Männer aus Polen, die im Januar 2019 an einem Einbruch bei einem Juwelier in Bamberg beteiligt waren (die Neue Presse berichtete), ist in dieser Woche in die nächste Runde. Am Landgericht Bamberg kamen nun die Geschädigten dieses Vorfalls und eines Versuches im November 2019 zu Wort. Es handelte sich um die Autobesitzer, deren Fahrzeuge als Rammböcke und Fluchtwagen missbraucht worden waren. Dabei entstanden Zehntausende Euro Schaden und viel Ärger.

Am späten Sonntag Nachmittag hat Roger T. (Name geändert) das Auto noch vor seinem Haus in Bamberg abgestellt. Als der Zahnarzt am Montagmorgen damit zur Arbeit fahren will, ist der Wagen spurlos verschwunden. Was Roger nicht weiß: Sein Mazda diente Einbrechern als Fluchtwagen. Einige Tage später meldet sich die Kriminalpolizei Bamberg. Der Wagen wurde am Bahnhof in Hirschaid gefunden. Dort hat sich die Tätergruppe offensichtlich getrennt. Im Inneren hat man Feuerlöschpulver versprüht. Damit ist es den Verbrechern gelungen, Fingerabdruckspuren zu verwischen. „Dadurch war aber auch die ganze Elektronik kaputt. Es wäre sehr gefährlich gewesen, mit dem Auto noch weiterzufahren“. Der wirtschaftliche Totalschaden beträgt rund 15 000 Euro. Den zahlt zwar die Kfz-Versicherung... „Sechs Wochen Rennerei hatte ich aber trotzdem“.

Wenig besser erging es einem Mann aus Pettstadt, der seinen Kleinwagen zuletzt vor der Wohnung seiner 90-jährigen Mutter in Bamberg gesehen hatte. Bis Anfang dieser Woche war der fahrbare Untersatz, der den Tätern als Fluchtauto diente, wie vom Erdboden verschluckt. Erst jetzt, nach weit über einem Jahr, tauchte der Golf in Strullendorf wieder auf.

Soviel Glück hatte ein Polizist aus Nürnberg nicht. Er hatte sich den Wagen seines Schwiegervaters ausgeliehen. Den Audi hatte die Diebesbande entwendet, um mit ihm in ein anderes Juweliergeschäft mitten in Bamberg einzudringen. Nur, dass man auch nach mehrmaligem frontalen Anprall an die Fassade keine Bresche hatte schlagen können. Ohne Beute war man im November 2019 abgezogen. Zurück blieben der zerstörte Rammbock und wertvolle DNA-Spuren des Fahrers am ausgelösten Airbag.

Einer der Täter sitzt nun vor der Zweiten Strafkammer. „Ich wurde in Polen angeworben und war am Diebstahl beteiligt.“ Es sind nur wenige Worte, die der 52-jährige spricht. Mehr will er nicht erzählen. Nichts zu den Komplizen und schon gar nichts zu den Hintermännern. Damit haben nun beide Angeklagte ihre Beteiligung an dem spektakulären Einbruch zugegeben. Mehrere Zeugen und die Videoaufzeichnung der Überwachungskameras bestätigten indes, dass es sich einmal um drei, dann sogar um vier Einbrecher gehandelt hat. Dadurch wird der Einbruch in den Laden und das Klauen der Fahrzeuge juristisch gesehen zu einem schweren Bandendiebstahl. Dafür können in jedem der sechs angeklagten Fälle jeweils ein bis zehn Jahre Gefängnis ausgesprochen werden. Wobei dem jüngeren Angeklagten nach Angaben seines Rechtsanwaltes Klaus-Uwe Haake aus Kassel bereits die nächsten Prozesse im April in Kassel und im Mai in München drohen. Es könnten nach Verurteilungen in Memmingen, Osnabrück, Neumünster und Rendsburg die nächsten Einträge ins Vorstrafenregister werden. Offenbar ist der Angeklagte schon seit Jahren bundesweit „beruflich unterwegs“.

Die Täter nutzen die Schwachstelle im Keyless-Go-System des Fahrzeugs. „Das war mir völlig neu. Das hat mir keiner gesagt. Auch nicht beim Kauf“, so Roger. Wie ein Kriminalhauptkommissar erläuterte, sei das „eine ganz einfache Sache“. Die dafür erforderlichen Geräte könne man ohne großen Aufwand kaufen. Da der Schlüssel ständig Funksignale sende, würde man diese mit einem Funkreichweitenverlängerer den Öffnungscode auffangen und weiterleiten. „Es reicht, am Haus vorbeizulaufen“. Danach könne man in wenigen Sekunden den Wagen öffnen, starten und einfach losfahren. Derweil hängt der Schlüssel des Eigentümers immer noch am Haken des Schlüsselbrettes, als ob nichts gewesen wäre. „Die Sicherheitslücke ist den Autoherstellern bekannt“. Solche Diebstähle kämen seiner Kenntnis nach in der Stadt Bamberg, sowie in den Landkreisen Bamberg und Forchheim immer häufiger vor. „Da geht es vor allem um hochwertige Fahrzeuge“.

Inzwischen hat Roger eine Kralle am Lenkrad. Die ist aus Metall. „Ich denke nicht, dass Diebe sich nachts mit der Flex daran zu schaffen machen“.

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