Einsatz für nachhaltigen Mischwald Ermershausen forscht mit

Helmut Will
Nachhaltige Sicherung eines gesunden Mischwaldes und naturgemäße Waldwirtschaft ist Thema von (von links): Bürgermeister Günter Pfeiffer, Revierleiter Wolfgang Meiners und Sachverständiger Förster Klaus Scholz. Wird sich die Weißtanne aus Rumänien, die hier Wolfgang Meiners als kleine Pflanze zeigt, in heimischen Wäldern beweisen können und dem Klimawandel standhalten? Jedenfalls sprießt dieses Exemplar kräftig grün. Foto: /Helmut Will

Die Gemeinde arbeitet Hand in Hand mit der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft. Das Ziel ist die nachhaltige Sicherung eines gesunden Mischwaldes.

 
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Ermershausen - Es ist ein regnerischer Tag, als sich am Waldrand, etwa 1300 Meter nordwestlich von Ermershausen, drei Männer treffen. Es sind Bürgermeister Günter Pfeiffer aus Ermershausen, Forstrevierleiter Wolfgang Meiners vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) und Sachverständiger Förster Klaus Scholz, der dritte Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (AG) Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) in Bayern mit Sitz in 97355 Rüdenhausen, im unterfränkischen Landkreis Kitzingen. Die Landesgruppe Bayern hat derzeit etwa 540 Mitglieder. Diese arbeiten konsequent an der ökonomischen und ökologischen Optimierung bewirtschafteter Wälder.

Nachhaltige Sicherung eines gesunden Mischwaldes ist das Thema an diesem Tag. Treffpunkt ist die Wegkreuzung, an der das Info-Schild des Naturparks Haßberge steht, auf dem über eine naturgemäße Waldwirtschaft informiert wird. „Die Tanne ist eine heimische Baumart, die aber fast verschwunden ist“, sagt Klaus Scholz, der in der AG ANW in Bayern mit einer der Hauptverantwortlichen ist. Scholz erklärt, was die ANW ist: „Wir sind ein Zusammenschluss von Waldbesitzern, Forstleuten, Wissenschaftlern und Waldinteressierten. Schon seit 1950 verfolgen wir das Ziel, verantwortungsvoll mit unserem nicht vermehrbaren Produktionskapital Boden und seiner sich darauf entwickelnden Lebensgemeinschaft umzugehen.“

Die Grundsätze der ANW seien nicht starr, sondern sie würden stetig weiterentwickelt. „Auslöser hierfür sind zum einen neue Erkenntnisse der Wissenschaft oder der forstlichen Praxis. In neuerer Zeit beeinflussen natürlich auch die zunehmend wahrnehmbaren Konsequenzen des Klimawandels unsere Diskussion“, sagt Scholz. Die ANW arbeite vorwiegend in der waldbaulichen- und forstwirtschaftlichen Praxis, sie schaut, auch mit Hilfe der Wissenschaft, dem „Wald auf die Finger“, bewahrt Bewährtes, entwickelt dieses, wenn nötig, vorsichtig unter Wahrung eines hohen Maßes an Stetigkeit weiter. „Als Mitglied des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) und als um die ’Sache Wald’ bemühte Arbeitsgruppe sind wir inzwischen natürlich auch in der politischen Walddiskussion gefragte Partner“, so Klaus Scholz.

Die Tanne ist ein robuster Baum und als Pfahlwurzler könne sie auch dem Klimawandel trotzen. Wolfgang Meiners weißt darauf hin, dass der Anteil der Fichte im Wald seit Jahren stetig zurück ginge. „Dieser Effekt wird durch die trockenen warmen Sommer, beispielloser Borkenkäferkalamitäten und immer häufiger auftretenden Sturmereignissen in den vergangenen Jahren beschleunigt“, sagt der Forstmann, der auch den 280 Hektar großen Wald der Gemeinde Ermershausen mit betreut. Insgesamt ist Meiners, einschließlich Gemeindewälder und Wälder von Privatwaldbesitzern, für etwa 4000 Hektar fachlich zuständig. Die Fichte gehört nach seinen Worten zu den Verlierern der Klimaerwärmung.

Angekommen in der Waldabteilung „Langer Grund“, zeigt Wolfgang Meiners auf eine eingezäunte Fläche und öffnet den Zaun. Quasi „ein Tor aufgemacht“ hat auch die AG ANW, indem sie im Wald der Gemeinde Ermershausen eine Versuchsfläche zusammen mit Förster Meiners und der Gemeinde angelegt hat. Darüber zeigte sich Bürgermeister Günter Pfeiffer erfreut und sagt: „Das ist auch im Interesse der Gemeinde und wir sind froh mit Wolfgang Meiners einen Förster an unserer Seite zu haben, der unseren Wald seit fast 20 Jahren fachlich betreut.“ Blickt man nicht mit den Augen der Forstleute auf die Versuchsfläche, muss man schon genau hinsehen, um die jungen und zarten, etwa zehn bis 15 Zentimeter hohen Tannenpflänzchen zu sehen. Exakt im Pflanzverband von 2,5 mal 1,5 Metern, überziehen sie die 0,25 Hektar Anbaufläche. Sachverständiger Förster Klaus Scholz sagt hier, dass die klimastabilere und ebenso leistungsstarke Weißtanne auch im Klimawandel eine ökonomische Option von Nadelholz wäre. Er erläutert weiter, dass im Rahmen des Projektes „Weißtanne 2.0“, gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die Weißtanne in den Wäldern auf größerer Fläche neu eingebracht werden soll. „Deutschlandweit werden hierzu 58 eingezäunte, 0,25 Hektar große Beobachtungsflächen angelegt“, so Scholz.

Auf diesen Flächen, in Bayern sind es sieben, eine davon ist im Wald von Ermershausen, werden Weißtannenpflanzen zweier verschiedener Herkünfte gepflanzt und deren Wuchsverhalten langfristig wissenschaftlich untersucht. „Dass Ermershausen mit ausgewählt wurde, ist sicher ein Verdienst von unserem Förster Wolfgang Meiners“, freut sich Bürgermeister Günter Pfeiffer und fährt fort: „die Gemeinde Ermershausen leistet gerne einen Beitrag zum zukunftsorientierten Thema und der nachhaltigen Sicherung eines gesunden Mischwaldes.“

Verglichen wird die heimische Weißtanne mit Weißtannenpflanzen aus Rumänien, die in einer Region wachsen in der ein Klima herrscht, welches zukünftig in Deutschland erwartet wird, erläutert Förster Meiners. Die Probepflanzung im Ermershäuser Wald erfolgte im Frühjahr 2021. Eingebracht wurden je 250 Tannenpflanzen heimischer Herkunft und „Gastpflanzen“ aus Rumänien.

Bürgermeister Pfeiffer macht hier noch einmal deutlich, dass er, der Gemeinderat und auch die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Ermershausen hinter dem Projekt stünden. Klaus Scholz und Wolfgang Meiners zeigen sich vom Wald in Ermershausen angetan: „Dieser Wald hier ist schon ein besonderer und unterscheidet sich zu anderen Wäldern, auch zu den Staatsforsten“, sagen beide unisono.

Weiter geht die Fahrt auf einem Rundweg. Kurz darauf hält Förster Wolfgang Meiners an und zeigt vom Forstweg in den Wald. Dort, etwa in einer Entfernung von 100 Metern, steht eine mächtige Tanne. „Das ist in unserem Wald die stärkste und höchste Tanne“, sagt Bürgermeister Günter Pfeiffer.

Als man sich diesem imposanten Baum nähert werden erst so richtig seine Ausmaße deutlich. Stolz reckt sich die Tanne in die Höhe und überragt die umstehenden Artgenossen verschiedener Baumarten. „Verschiedene Baumarten?“ Bei dieser Waldbesichtigung an einem verregneten Tag wird deutlich, dass der Wald von Ermershausen sich nicht monoton zeigt, sondern als Mischwald, bestückt mit verschiedenen Baumarten, mit Hart- und Weichholz, mit Naturverjüngung, einem gesunden Unterbau mit einer aufstrebenden Mittelschicht, auf dem richtigen Weg ist. Es ist eine Verjüngung unter dem Schirm des Oberbestandes erkennbar, wobei auch Auslesebäume gefördert werden, was dem Zielwald mit nachhaltigen Relationen zwischen Vorrat, Zuwachs und Nutzung, sowie den entsprechenden Waldstrukturen nahe kommt.

Mit dem Schritt, die Tannen weiter zu fördern, sie für die Zukunft zu erhalten, wird eine weiterer Schritt getan, der sich am verantwortungsbewussten Nachhaltigkeitsbegriff orientiert.

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