Löw und Sorg erschaffen nach der Ausmusterung etlicher Weltmeister von 2014 ein neues Gerüst. Im Tor ist Manuel Neuer weiter die Nummer eins. Der Libero-Ausflug des Kapitäns mit einem Ball-Tänzchen an der Eckfahne war der spektakulärste Moment in Borissow. Niklas Süle etabliert sich als Abwehrchef. Bayern-Kollege Joshua Kimmich ist im defensiven Mittelfeld ein neuer Fixpunkt. Und Ilkay Gündogan vertrat in Borissow den vorzeitig in Urlaub geschickten Taktgeber Toni Kroos.
Am deutlichsten erkennbar wird die neue Zeitrechnung in der Offensive. Der im WM-Trainingslager 2018 aussortierte Sané ist plötzlich der Erfolgsgarant. Vier Tore erzielte der 23-Jährige von Manchester City in den letzten fünf Länderspielen. "Im Spiel hat er immer wieder aufblitzen lassen, was in ihm steckt", lobte Sorg den vom FC Bayern umworbenen Angreifer. Sorg hat nicht den Eindruck, dass Sané der öffentliche Rummel um seine sportliche Zukunft "belastet".
Serge Gnabry hat sich vorne ebenfalls festgespielt. Dazu kommt der 30-jährige Reus, dem Sorg eine "fantastische Verfassung" bescheinigt. Wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer: Der Leipziger Timo Werner erlebt gerade seine erste schwierigere DFB-Phase. Auch Julian Brandt oder Julian Draxler haben es schwer im offensiven Konkurrenzkampf. Sorg beschwichtigte aber, als er auf den nicht einmal eingewechselten Werner angesprochen wurde: "Wir müssen unseren Weg sehen. Und auf dem Weg, wo wir hinwollen, ist Timo ein fester Bestandteil."
Das Ziel des Weges ist die Rückkehr in die Weltspitze und zu neuer Titelreife. "Grundsätzlich haben wir eine positive Tendenz, das ist schon mal wichtig", sagte Kapitän Neuer. Gegen Estland soll sich der Trend verfestigen. Das Motto für das letzte Saisonspiel steht jedenfalls: Ab in den Urlaub mit einem Torfest für die Fans.