EM2021 Das Wunder von Coburg

Nach langem Zittern und Bangen schafft Deutschland gegen Ungarn doch noch den Ausgleich und zieht in das EM-Achtelfinale ein

 
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Coburg - Die Deutsche Nationalmannschaft hat die Hauptrunde erreicht und keiner weiß so richtig warum. Doch das war den Coburgern nach dem verrückten EM-Spiel am Mittwochabend total egal. Durch das große Zittern und Bangen kam in der Fußgängerzone endlich mal wieder richtige EM-Stimmung auf.

Dabei war beim Anpfiff zwischen Deutschland und Ungarn, immerhin die erste Pflichtspielbegegnung der beiden Mannschaften seit dem WM-Finale 1954 in Bern, noch nichts von EM-Euphorie zu spüren. Keine Fahnen, kaum Menschen auf der Straße und kaum Deutschlandtrikots. Stattdessen suchten die Passanten Entspannung in den Restaurants und Bars im Steinweg. „Das Spiel heute ist doch total langweilig. Nach dem letzten Spiel gegen Portugal haben die Ungarn doch keine Chance. Da genieße ich den Abend lieber mit einem guten Essen“, erklärte Florian Schultheiß.

Doch spätestens nach dem Führungstreffer der Ungarn kippte die Stimmung spürbar. „Das kann doch jetzt echt nicht sein. Schon wieder ein Konter. Wie die Anfänger“, analysierte Svenja Obermüller die Situation. Durch die gleichzeitige Führung der Portugiesen im Parallelspiel wäre Deutschland aus der EM ausgeschieden. Plötzlich versammelten sich die Coburger doch um die Fernsehgeräte, um das Spiel zu verfolgen. Allerdings wirkten die Menschen eher fassungslos. „Da machen die ein gutes Spiel gegen Portugal und verlernen im entscheidenden Spiel gleich wieder das Kicken“, schimpfte Marcel Witek.

Wechselbad der Gefühle

In der zweiten Halbzeit brach dann endgültiges Gefühlschaos aus. Nach dem Ausgleichstreffer in der 66. Minute hielt es die Leute nicht mehr auf ihren Plätzen. Laut jubelnd sprangen die Fans auf, um die Erleichterung und Freude laut hinauszuschreien. Doch mitten in diesen Jubel fällt nur wenige Sekunden später der erneute Führungstreffer der Ungarn. Aber den bekommt mancher Deutschland-Fan gar nicht mit. „Ich hab das gar nicht gesehen. Wir haben alle gejubelt und als wir wieder auf den Fernseher geschaut haben, stand es plötzlich 2:1 für Ungarn. Keine Ahnung, was da grade passiert ist“, erklärte Patrick Schieber enttäuscht.

Die Stimmung im Steinweg wurde schlagartig still. Einige Deutschland-Anhänger glaubten nicht mehr an das Weiterkommen und machten sich auf den Heimweg. Doch dann schaffte die Nationalmannschaft in der 86. Minute doch noch den Ausgleich und verhinderte die Blamage gegen Außenseiter Ungarn. Laute Jubelschreie schallten durch die engen Gassen in der Fußgängerzone. Fans sprangen auf ihre Stühle und begannen Goretzka-Sprechchöre. „Das ist doch der pure Wahnsinn. Das kann doch nicht wahr sein“, freute sich Melanie Neumann. „Aber es tut mir auch echt leid für die Ungarn.“

Doch eine lange Partynacht folgte nach dem Schlusspfiff nicht. Dazu gab es für viele Coburger auch keinen Grund. „Jetzt bleibt mal alle auf dem Teppich. Das war ein Vorrundenspiel und wir haben eine grottenschlechte Nationalmannschaft gesehen. Das muss man echt nicht feiern“, betonte Andreas Zander. Außerdem blieben durch die Corona-Regeln auch keine großen Möglichkeiten zum Feiern. Schnell wurde es in der Fußgängerzone nach dem Jubel auch wieder ruhig. Vereinzelt fuhren Autos hupend durch die Innenstadt und versuchten, einen Autokorso zu starten. Das letzte Vorrundenspiel hat aber gezeigt, dass die Coburger sich trotz Corona von der EM-Euphorie begeistern lassen. Auch wenn die gewohnten Feierlichkeiten rund um ein großes Fußballturnier leider nicht möglich sind.

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