Entsorgung Missbrauch von Altkleidercontainern nimmt zu

Altkleidercontainer werden immer öfter von Anwohnern als Mülleimer missbraucht. Dabei sind die Müll- und Kleiderspenden im Corona-Jahr stark angestiegen.

 
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Coburg - Altkleidercontainer gehören fest zum Stadtbild, oft stehen sie unauffällig an Parkplätzen, Wohnanlagen oder Schulen. Und obwohl sie äußerlich alle ähnlich aussehen, gleicht eine Leerung der Behälter jedes Mal der Öffnung eines Überraschungs-Eis: Man weiß nie, was man findet. Seit neun Jahren ist Christian Schubert in Coburg als Fahrer unterwegs, um die Altkleidercontainer der Vestestadt zu leeren. An diesem so heißen Freitag beginnt er seine Tour mit einem echten Problemfall in der Scheuerfelder Straße, die Neue Presse im Schlepptau: „Dieser Container ist unser Problemkind, weil die Anwohner aus der Siedlung jedes Mal sämtliche Abfälle neben die Sammelstelle in die Grünanlage stellen.“

Im Umfeld des Altkleidercontainers befinden sich rund 500 Wohnungen. Schon beim Aussteigen aus dem Transporter sieht Schubert: Auch heute warten nicht nur abgetragene Kleiderstücke auf ihn. Neben dem Container türmen sich jede Menge Elektroschrott, Altmetall und Kinderspielzeug. „Das ist in dieser Woche schon die zweite Leerung. Leider haben sich die Anwohner daran gewöhnt, ihren Müll nicht selbst zu entsorgen, sondern einfach und ganz mühelos neben den Sammelbehälter zu stellen“, ärgert sich der Fahrer. „Das ist günstiger, als den eigenen Abfall fachgerecht zu entsorgen.“

Jeder Müll muss mitgenommen werden

Nachdem ein paar Besteck-Kisten und CD-Sammlungen im Transporter verladen sind, öffnet Schubert vorsichtig die Tür des Containers. Obwohl der Behälter nicht bis oben voll ist, fällt ihm gleich die erste Tüte vor die Füße. Seufzend deutet der Fahrer auf einen der Säcke: „Eigentlich sollen die Sachen gebündelt eingeworfen werden. Das steht extra auf einem Schild an der Klappe. Aber die Menschen schmeißen ihre Sachen einfach lose oder sogar zerrissen ein und wir müssen sie dann grob sortieren.“ Zusätzlich wird dem Spender genau erklärt, welche Haushaltswaren eingeworfen werden dürfen. Bis auf Sperrmüll sind die Mitarbeiter verpflichtet, jeglichen Unrat zu entsorgen, der sich um einen Container ansammelt. Immerhin wird ja erst durch die Sammelstelle sozusagen der Anreiz geschaffen zur illegalen Müllentsorgung.

Für die Arbeit von Christian Schubert sind Handschuhe unverzichtbar. In den Tüten könnten sich, nur mal so als Beispiel, Glassplitter oder ätzende Flüssigkeiten befinden. Auch Batterien werden gerne einfach in den Sammelbehälter geworfen. Daher muss der junge Mann stets aufmerksam bleiben und darauf achten, wonach er greift. Per Hand wird jeder einzelne Beutel kontrolliert und anschließend ins Fahrzeug verladen. Und schon wieder findet Schubert etwas, das nichts im Container verloren hat: altes Kinderspielzeug.

Insgesamt mehr als 25 Altkleidercontainer dienen in Coburg als Sammelstellen für noch nutzbare Kleidungsstücke, Schuhe und Gebrauchstextilien. Für die wöchentliche Leerung beauftragt die Stadt externe Firmen, wie beispielsweise den Containerdienst von Ilka Fischer, Schuberts Chefin. Inmitten der Corona-Pandemie war ihre Leistung ganz besonders gefragt, die Bürger haben die Zeit im Lockdown genutzt, um ihre Kleiderschränke zu entrümpeln: „Im letzten Jahr sind die Zahlen deutlich gestiegen. Viele Mitstreiter mussten ihre Container sogar schließen, da fast alle Sortierbetriebe voll bis unters Dach waren. Corona hat uns zwar deutlich mehr Waren, aber auch viel mehr Müll beschert. Wir haben eine 50-prozentige Steigerung an Müllkosten.“ Allerdings bedeute mehr Ware auch mehr Umsatz, so Fischer. „Durch die Pandemie hat sich alles etwas verschoben. Dieses Jahr erwarten wir nicht so einen Anstieg wie üblich, da die meisten Haushalte ihre Schränke schon gut ausgemistet haben.“

Zurück an die Front, zu Christian Schubert. Auf den ersten Blick wirkt seine Arbeit angenehmer als vielleicht erwartet. Der Inhalt im Container ist überwiegend sauber. Üble Gerüche: Fehlanzeige. „Bei der Hitze“, sagt der Fahrer, „bin ich schon froh, dass keine verderblichen Waren weggeschmissen worden sind. In einem Container haben wir mal verdorbene Fleischwaren gefunden, die natürlich übel gestunken haben.“

Oft stoßen die Fahrer auf ihrer Tour aber auch auf ungewöhnliche Dinge: „Ich denke, das Kurioseste war ein Wespennest“, erinnert sich Schubert. „Wir wurden aber auch schon einmal von genervten Anwohnern angerufen, weil jemand ein Kinder-Megafon weggeworfen hat und das Spielzeug die ganze Nachbarschaft beschallt hat.“ Auch den Klassiker, eine im Container eingesperrte Person, hat er schon erlebt. Erst in der Vorwoche sind in Nordrhein-Westfalen sogar zwei Personen gestorben beim Versuch, an Stücke aus einem Altkleidercontainer zu gelangen.

Bis zu 200 Kilo pro Container

Zum Abschluss wird die Ausbeute dann noch protokolliert. Am Rande des Containers befindet sich ein Strichcode, der dazu von Christian Schubert abgescannt wird. „Ich muss hier für den Auftraggeber jetzt noch eintragen, wie voll der Container war.“ Die Skala reicht von eins (ziemlich leer) bis fünf (voll). „Ich würde sagen, unser Sorgenkind bekommt heute eine drei.“

Der Laderaum des Transporters ist dennoch gut gefüllt. „Und der wird heute noch ganz voll“, versichert Schubert. Pro Sammelstelle kommen locker 180 bis 200 Kilo an Klamotten und Unrat zusammen. „Wenn wir den Container in wenigen Tagen erneut leeren, dann wird er garantiert wieder so voll sein wie heute. Und Müll wird sich bis dahin im Umfeld auch wieder angesammelt haben.“ Rund um das Problemkind in der Scheuerfelder Straße.

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