Eröffnungsausstellung Ein Hauch von Miniatur Wunderland

Yannick Seiler

Vor Kurzem hat Rödentals Modelleisenbahnverein neue Räume bezogen. Das Hobby der Mitglieder mutet professionell an und erinnert an ein großes Vorbild in Hamburg. Nun laden die Miniatur-Freunde zu einer der größten Ausstellungen ihres Metiers seit Jahren ein.

 
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Mehr als 1000 Züge, 16 Kilometer Schienen auf eineinhalb Quadratkilometern: Über die größte Modelleisenbahn-Anlage der Welt im Hamburger Miniatur-Wunderland staunen nicht nur Kinder. Nicht ganz so groß, aber ebenso fasziniert blickt man auf das, was Rödentals Modelleisenbahnfreunde geschaffen haben. Bei Stefan Hose, einem von ihnen, rattert es immer irgendwo. „Einen Zug habe ich ständig in Sichtweite“, sagt er, als er einem roten Regionalexpress (RE) einer Modelleisenbahnanlage Strom zuschaltet. Der beginnt Kreise über eine Backsteinbrücke hinweg durch ein Flusstal zu fahren. Modellbahnfreunde Rödental liest sich ein weißer Schriftzug in Brusthöhe seines blauen Poloshirts. Der 55-Jährige beugt sich herunter, um zu sehen, was eine fingerbreite Touristengruppe vor einem Reisebus unterhalb der Brücke treibt. Maßstab 1:87 macht’s nötig. Lange, geschwungene Kurven zeichneten das Modell, Flusslandschaft genannt, aus, erklärt er. Vor dem Fenster von Gebäude 8 des ehemaligen Goebel-Areals in Rödental rauscht ein roter RE vorbei. Dorthin – unweit des Vorbilds, ins erste Stockwerk – sind die Modellbahnfreunde nun umgezogen. Am Wochenende eröffnen sie ihr neues Vereinsheim (siehe Infokasten).

Elektrowerkstatt, Holzlager, Gemeinschaftsabteil, Stauraum für Schienen, Züge, Häuser, Bäume und 300 Quadratmeter für jede erdenkliche Bahnstrecke in Miniatur nennen sie nun ihr Eigen. „Man braucht halt Platz fürs Hobby“, sagt Hose über eine Freizeitbeschäftigung, die für ihn und seinen Vereinskollegen Alexander Graf wohl mehr als ein Zeitvertreib ist. Zwölf Jahre sei er Mitglied der Modelleisenbahnfreunde, sagt Vorsitzender Graf. Vor 27 Jahren sei der Verein demnach gegründet worden. Während man zuerst in Räumen in Coburg Bahnstrecken aufbaute und anschließend für elf Jahre in einem Areal unweit des Oeslauer Bahnhofs ein neues Vereinsheim bezog, hat man nun laut Graf „die perfekten Räume“ gefunden.

Rinde und Blätter an Drahtgestellen

Er habe sich zusammen mit Wolfgang Schulze – der Geschäftsführer mehrerer Möbelhäuser in Oberfranken und Thüringen hat das Goebel-Gelände gekauft – einige Räume des Areals angeschaut, meint Graf, der bereits als Kind „spielend mit dem Thema begonnen“ habe. Für Gebäude 8 habe man sich demnach entschieden, da die Vereinsmitglieder dort kaum etwas umbauen mussten. Strom und Wasserleitungen waren verlegt, lediglich ein paar Trennwände aus Holz mussten sie laut Graf, der den Verein Familie nennt, für Werkstätten und Lager einziehen. Zweimal pro Woche treffen sie sich in den Räumen, schneiden Hintergründe auf Länge, planen Häuser, elektrifizieren Strecken, kleben imitierte Rinde und Blätter an Drahtgestelle, lassen binnen Stunden Wälder an Berghängen wachsen. Auf der Flusslandschaft lachen bereits fröhliche Volksfestbesucher, bringen Bauern Ernte ein und winken Touristen von Burgmauern herab, zeugen von dem Leben, das die Miniaturfreunde durch ihre Landschaften nachempfinden möchten. Zwei Schritte weiter hinter Graf aber prangen kahle Holzhügel.

Sie sollen Italien werden. Seit fünf Jahren, einschließlich pandemiebedingter Pausen, bauen die Modelleisenbahner laut Hose an der Anlage, die einer Küstenregion des Landes nachempfunden ist. In spätestens zwei Jahren sollten erste Züge an der italienischen Miniatur-Riviera vorbeifahren, erklärt er. Sechs Vereinsmitglieder sind laut Hose ans Mittelmeer gefahren, haben Bilder und Eindrücke mitgebracht, nach denen sie die Landschaft maßstabsgetreu gestalten. Dafür, ergänzt Hose, beschäftige man Spezialisten.

In tragbare Abschnitte zerlegt

Einige der Mitglieder, sie kommen aus dem gesamten Coburger Land, sind laut dem stellvertretenden Vorsitzenden „sehr gut“ darin, Häuser zu planen und zu verleimen. Andere seien hingegen geübt darin, Hintergründe zu malen, weitere darin, Züge und Häuser zu verkabeln und sie dadurch zu erleuchten. Ein Vereinskollege habe gar einen Teil des herbstlichen Weißbachsgrund im Lautertal samt Wanderweg Baum für Baum nachgebildet.

Auf einer 15 Meter langen Anlage etwa, An der Küste genannt, habe man 20 verschiedene Tierarten platziert, erklärt Hose. Vieles baue man selbst. Neben Zügen, Gleisen und Autos stelle man nur wenig auf, was bekannte Modelleisenbahn-Hersteller ausliefern, sagt er. Noch liegt die Küstennachbildung samt Deichen in tragbare Abschnitte zerlegt auf dem Boden eines Ausstellungsraums. Bis Samstag bauen die Modelleisenbahner sie auf, wie acht weitere Anlagen.

Dann eröffnen Hose und Graf zusammen mit ihren Vereinskollegen die erste große Modelleisenbahnausstellung der Region seit zwei Jahren.

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