Erster CSD Haßfurt demonstriert für Toleranz

Rund 400 Menschen unterstützten vor vier Wochen die Pride-Demo beim ersten Christopher-Street-Day in Coburg. Eine CSD-Premiere gibt es nun auch in Haßfurt. Foto:  

Am Samstag feiert der allererste Christopher-Street-Day (CSD) in den Haßbergen Premiere. Hinter der Veranstaltung steht der neu gegründete Verein CSD Haßberge. Unterstützung gibt es von der Politik: unter anderem mit „Stargast“ Tessa Ganserer.

Berlin, Köln, Hamburg – und jetzt Haßfurt: Auch die Haßberge haben in diesem Jahr erstmals einen Christopher-Street-Day, kurz: CSD. Der Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und Intersexuellen soll am Wochenende, 20. und 21. August in der Kreisstadt stattfinden. Damit steht er in einer langen Tradition, die ihren Ursprung vor über einem halben Jahrhundert in der New Yorker Christopher Street im Stadtteil Greenwich Village hatte. Damals hatte es den ersten bekannt gewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegenüber Polizeiwillkür und gewalttätigen Razzien in Schwulenbars gegeben. Zum Gedenken daran wird in New York am letzten Samstag des Juni, dem Christopher Street Liberation Day, mit einem Straßenumzug an dieses Ereignis erinnert. Daraus ist längst eine internationale Tradition geworden, der sich in den vergangenen Jahren immer mehr – auch kleinere – Städte anschlossen. Einen ungeahnten Ansturm erlebte etwa die Vestestadt Coburg vor wenigen Wochen, die am 22. Juli unter dem Motto „Safe Space – der erste Kontakt“ zu ihrem ersten CSD eingeladen hatte.

Auf bunte und friedliche erste Kontakte hoffen auch Vincent Steppert, Luisa Buld, Emma Gebhardt, Doreen Schnaus und Sophia de Clerk, die den ersten CSD in Haßfurt organisieren. Sie sind die Gründungsmitglieder des Vereins CSD Haßberge e.V., der selbst erst seit Ende Juni besteht. Neben der Planung und Durchführung des ersten CSDs in Haßfurt steht auch der Start einer queeren Jugendgruppe samt Stammtisch und eine Diversity-Schulung für die breite Masse auf dem Programm, wie sie auf ihrem ebenfalls neuen Internetauftritt www.csd-hassberge.de verkünden. Ebenso wie ihr primäres Ziel: „Fast alle Gründungsmitglieder sind in den Haßbergen aufgewachsen und haben es sich zur Aufgabe gemacht, queere Bildung und Akzeptanz in den Haßbergen zu fordern und zu fördern.“

Der Verein mit Sitz in Sand am Main möchte dies vor allem durch die „Planung, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen aller Art“ erreichen, insbesondere durch eine Demonstration mit anschließendem Straßenfest in Haßfurt, „um die in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans- oder intergeschlechtlichen, queeren und asexuellen Menschen (LSBTIQA*) und die volle rechtliche Gleichstellung dieser Gruppen in allen Bereichen des Lebens zu fördern“, wie die Mitglieder in ihre Satzung geschrieben haben.

„Wir wollten ein bisschen queeres Leben aufs Land bringen“, umschreibt Luisa Buld die Beweggründe für die Gründung des Vereins: Denn hier ist die Bevölkerung genauso bunt und vielfältig, wie in der Stadt – nur noch nicht so sichtbar. Für diese Sichtbarkeit wolle man nun mit der ersten CSD-Veranstaltung „in unserem kleinen Haßfurt“ sorgen, wie Luisa Buld schmunzelt.

Und so findet am Samstag, 20. August, um 15 Uhr eine Kundgebung zum Thema „Sichtbarkeit schafft Sicherheit“ statt. Aufstellung ist um 14.45 Uhr auf dem Marktplatz. Ab 16 Uhr ist dort dann ein Bühnenprogramm vorgesehen, bei dem zwischen den Reden diverse Künstlerinnen und Künstler auftreten. Als besonderer Gast konnte die Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer (Grüne) gewonnen werden. Verantwortlich dafür ist der Kreisverband der Grünen in den Haßbergen, der den CSD unterstützt. Anfang Juli hätten die jungen Leute bei den Kreis-Grünen angefragt, so Christoph Appel. Man habe nicht lange gezögert, so der Kreisverbandssprecher – „Gleichberechtigung ist schließlich eines unserer Kernthemen“, so Christoph Appel. Es sei sofort klar gewesen, dass man sowohl den Verein als auch die von diesem geplante Veranstaltung mit Rat und Tat unterstützen wolle.

Und nicht zuletzt mit der Einladung von Tessa Ganserer: 2018 war sie die erste Abgeordnete in Deutschland, die ihre Transidentität publik gemacht hatte. Neben Nyke Slawik gehört die Grünen-Politikerin seit 2021 zu den ersten beiden Trans-Frauen im Deutschen Bundestag. Sie setze sich ein „für eine Welt, in der Vielfalt anerkannt und wertgeschätzt wird und nicht für Spott und Hetze sorgt“, so Ganserer auf ihrer Homepage.

Auch die Haßberge-SPD unterstützt die Veranstaltung und wird auch selbst mit Vertretern und Vertreterinnen vor Ort sein. „Auch in meinem Büro weht seit einigen Tagen die @spdqueer-Flagge“, berichtet SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar, die sich ebenfalls auf die Premiere freut: „Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig, und der CSD bietet die Möglichkeit, genau das zu zeigen.“ Manuela Rottmann, MdB der Grünen für den Wahlkreis, schließt sich an: „Ein überfälliges Zeichen bei uns auf dem Land“, findet die Hammelburgerin. „Ich wünsche mir, das nicht-heterosexuelle Jugendliche nicht mehr erst in die Stadt ziehen, bevor sie sich outen. Dass diese Einstellung ,Ich hab ja nichts dagegen, aber muss man darüber denn reden?!’ überwunden wird. Dass es leichter wird. Großen Respekt dafür, dass junge Leute den CSD veranstalten und sich für mehr Sichtbarkeit queerer Menschen in den Haßbergen einsetzen!“

Hoffnung auf mehr Toleranz verspricht auch die Teilnahme der Kirchen. So findet am Sonntag, 21. August, um 16 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst zum Thema „Vielfalt im Mensch-Sein“ statt. Der Gottesdienst steht passenderweise unter dem Leitgedanken vom bunten Regenbogen. Der Gottesdienst wird gemeinsam vom katholischen Diakon Manfred Griebel und Cynthia Derra von der evangelischen Kirche Gleisenau gestaltet.

„Sei einfach wie du bist“ heißt es bereits am Vorabend bei der Aftershow-Party im Pure in Schweinfurt (Beginn: 22 Uhr). Wie viele dem Aufruf folgen, kann Luisa Buld nur schätzen. „Zwischen 200 und 400 vielleicht“, vermutet sie: „Wir freuen uns jedenfalls über jeden und jede.“

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