Erwartungen nicht erfüllt Freistaat zieht Luca-App den Stecker

Christopher Michael
Die Luca-App galt lange Zeit als eine der wichtigsten Waffen im Kampf gegen das Coronavirus. Die Vorschusslorbeeren waren verfrüht. Foto: /Bernd Weißbrod/dpa

Der Ministerrat besiegelt wohl das Nutzungsende des Programms in Bayerns Behörden. Damit kommt er einem Antrag von FDP und Grünen zuvor. Seinen ursprünglichen Zweck hat die App kaum erfüllt.

 
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Hof/Coburg/Bayreuth/München - Die Luca-App, die von Frühling vergangenen Jahres an die Kontaktnachverfolgung von Corona-Infizierten durch die Gesundheitsämter vereinfachen sollte, wird künftig nicht mehr genutzt. „Bayern setzt im Kampf gegen die Corona-Pandemie künftig auf eine anonymisierte Kontaktverfolgung und die Weiterentwicklung der Corona-Warn-App des Bundes“, schreibt das bayerische Digitalministerium hierzu.

Die Lizenzierung der Luca-App war zunächst für zwölf Monate angelegt und läuft nach der Entscheidung der Landesregierung zum 5. April aus. Eine erneute Ausschreibung einer App zur Kntaktdatenerfassung werde es nicht geben. 5,5 Millionen Euro hat sich die bayerische Staatsregierung die Jahreslizenz kosten lassen.

Damit kommt die Staatsregierung der Opposition zuvor. Mitglieder von FDP und Grünen im Wirtschaftsausschuss des Landtags hatten für eine Sitzung an diesem Donnerstag einen Antrag mit der Überschrift „Lizenz für Luca-App nicht verlängern“ eingebracht. Sie verwiesen darin unter anderem darauf, dass die „Luca-App in Bayern nach Auskunft der Staatsregierung zuletzt kaum noch System- und Risikohinweise ausgespielt“ habe. Ferner sahen die Politiker „wesentliche Sicherheitslücken“ in der App.

Der Chaos Computer Club (CCC) bemängelte schon lange, dass die Daten der App nicht etwa auf Regierungsservern gespeichert werden, sondern auf den Servern der App-Betreiber. Nicht zuletzt haben Meldungen darüber, dass Polizeidienststellen außerhalb Bayerns – unter anderem in Mainz – widerrechtlich Daten der Luca-App für Ermittlungen herangezogen hätten, für Aufsehen gesorgt.

Mit dem Ende der Lizenz entfällt für die Landratsämter der Region auch die Grundlage für eine weitere Nutzung. Sofern sie bislang überhaupt auf die Dienste der App zurückgegriffen haben. Denn vielerorts lagen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander. „Nur in sehr wenigen Fällen war die Luca-App hilfreich“, schreibt eine Sprecherin des Landratsamtes Bayreuth auf Anfrage unserer Zeitung. „Infektionscluster wurden bei uns durch die Luca-App weder erkannt noch gestoppt.“ Ähnliche Fälle schildern auch die anderen Landrats- und Gesundheitsämter der Region.

So hat etwa das Landratsamt Lichtenfels die Luca-App zwar „aktiviert“, wie ein Sprecher sagte, „bisher aber nicht genutzt und auch nicht vor, sie in Zukunft zu nutzen“. Grund sei, dass viele infizierte Personen die Luca-App gar nicht verwendet hätten. Noch drastischer äußert sich das Landratsamt Haßberge. „Leider in keinem Fall“ habe die Luca-App dazu beigetragen, Kontakte nachzuverfolgen. Für Gastronomen habe die Luca-App zwar Vereinfachungen mit sich gebracht, schreibt das Landratsamt Hof, „im Vordergrund hat bei der Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsamtes aber immer die konkrete und individuelle Abfrage gestanden“. Die Luca-App diente demnach als eine von zahlreichen weiteren Informationsquellen als zusätzlicher Schritt, das Ermittelte zu verifizieren.

Auch das Coburger Landratsamt zieht ein äußerst durchwachsenes Fazit. „Dem Gesundheitsamt wurden nur in wenigen Einzelfällen Daten aus der Luca-App übermittelt und diese waren im Ergebnis wenig relevant“, heißt es aus der dortigen Pressestelle auf Anfrage. Das Landratsamt Kronach hatte „mit der Handhabung der Software zwar keinerlei Probleme“, aber auch hier wurden nie Daten abgerufen, wie es aus der Behörde heißt.

Zwischenzeitlich mussten Gastronomen bei der Bewirtung ihrer Gäste die Kontaktdaten jedes einzelnen Besuchers erfassen. Der bayerische Landesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hat sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die Bürokratie der Kontaktverfolgung ausgesprochen.

In vielen Fällen geschah diese Kontaktverfolgung klassisch mit Stift und Papier. Ein hoher Verwaltungs- und Auswertebedarf, wenn es darum ging , Personen zu finden, die sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten hatten. Außerdem standen die oft öffentlich geführten Listen in Widerspruch zum Datenschutz.

Mittlerweile haben sich die Richtlinien zur Kontaktnachverfolgung geändert. Ermittelt werden demnach hauptsächlich enge Kontakte von infizierten Personen, etwa Haushaltsmitglieder, sowie die Kontakte in kritischen Bereichen, etwa in Altenheimen, medizinischen Einrichtungen, Schulen oder Kindergärten.

„In Bayern wurden innerhalb der letzten 28 Tage 226 049 Check-ins durchgeführt“, schreibt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage unserer Zeitung. Warnhinweise seien im Gegenzug keine ausgespielt worden. Dies liege zum einen an den aktuell geltenden Regeln zur Kontaktnachverfolgung und zum andern an der geringen Zahl an Veranstaltungen, die derzeit stattfinden würden.

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