CSU-Politikerin Marlene Mortler teilte dazu auf dpa-Anfrage mit: "Um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, die Resilienz unserer Gesellschaft zu stärken und unsere Wirtschaftskraft auszubauen, sind wir als Standort Europa auf Forschung und Innovation angewiesen. Das gilt auch für die Pflanzenzüchtung."
Mehrheitlich hatte das EU-Parlament im Februar für das Deregulierungs-Vorhaben votiert. Anders als es die EU-Kommission zuvor vorgeschlagen hatte, wollen die EU-Parlamentarier allerdings, dass alle Produkte aus Gentechnik künftig im Supermarkt gekennzeichnet werden müssen - eben auch, wenn sie mit modernen Gentechnikmethoden gezüchtet wurden. Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass dies dann nicht nötig sei, wenn eine Züchtung auch durch herkömmliche Methoden wie Auslese hätte entstehen können.
Auf die Unterscheidung bei den Methoden komme es an, so Mortler gegenüber der dpa. Das Bayerische Naturschutzgesetz beziehe sich ausschließlich auf den traditionellen gentechnischen Anbau.
Bei den neuen Züchtungsmethoden würden im Gegensatz zur Gentechnik (GVO) keine Fremdgene eingebracht, so Mortler, sondern kleine Mutationen im Genom erzeugt. Das passiere auch in der herkömmlichen, also traditionellen Züchtung. Das bedeute, dass vorteilhafte Mutationen isoliert, vermehrt und miteinander kombiniert würden. Damit seien neue Züchtungsmethoden nicht unterscheidbar von der herkömmlichen Züchtung. "Dagegen sind gentechnisch veränderte Pflanzen leicht unterscheidbar und leicht nachweisbar. Dies ist und bleibt wichtig. Wenn beide Methoden miteinander in denselben Topf geworfen werden, bringt uns das nicht weiter und ist fachlich falsch."
Definitionsfragen zu Gentechnik und neuer Gentechnik hatte Agnes Becker jüngst beim Landesparteitag als juristische Spitzfindigkeiten bezeichnet. Die ÖDP spricht bei der neuen Agrar-Gentechnik von unüberschaubaren Risiken und sieht insbesondere die Öko-Landwirtschaft gefährdet.
Die Partei startete eine Petition zur Verteidigung des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Darin fordert sie die Staatsregierung auf, alles daranzusetzen, um "die Einhaltung bayerischer Gesetze sicherzustellen und die Zulassung der neuen Gentechnik doch noch abzuwenden". Mit der Petition will die ÖDP an den Landtag herantreten.
Im Zentrum neuer Gentechnik steht die Genschere Crispr/Cas, deren Entdeckerinnen 2020 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Die Genschere steuert gezielt Gene an, die für eine bestimmte Eigenschaft verantwortlich sind. Der Genstrang wird an einer konkreten Stelle geschnitten und vom zelleigenen Reparatursystem wieder zusammengefügt.
Bevor die neuen EU-Regeln zur Agrar-Gentechnik in Kraft treten können, müssen noch mit den ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligten EU-Staaten Verhandlungen über die genaue Umsetzung geführt werden. Dazu dürfte es vor der Europawahl (9. Juni) nicht mehr kommen.