80 Millionen Jahre alter Vogel Evolution: Wie sich das Gehirn von Vögeln entwickelte

Walter Wimmer ()/Markus Brauer

Ein Vogel bleibt 80 Millionen Jahre lang perfekt konserviert. Die Analyse seines Schädels zeigt, wie sich das Gehirn der Vögel entwickelt hat.

 
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Navaornis hestiae (Mitte) dokumentiert eine bisher unbekannte Zwischenstufe in der Entwicklung des zentralen Nervensystems zwischen den frühesten Vögeln (etwa Archaeopteryx lithographica; vor circa 150 Millionen Jahren, li.) und den Kronenvögeln (etwa Tangara seledon, heute, re.). Foto: Júlia d’Oliveira/dpa

Ein verblüffend vollständig erhaltenes 80 Millionen Jahre altes Fossil gibt Einblick in die Evolution des Vogelgehirns.

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Bindeglied zwischen Flugsauriern und Vögeln

Der vor wenigen Jahren nahe der Stadt Presidente Prudente im Südosten von Brasilien entdeckte Vogel Navaornis hestiae ist zwar nur so klein wie ein heutiger Star, vor allem aber der Schädel des Tieres hat die vielen Jahrmillionen nahezu vollständig konserviert und auch dreidimensional kaum versehrt überstanden.

Der Fund liege sowohl zeitlich als auch anatomisch fast genau in der Mitte zwischen dem etwa 150 Millionen Jahre alten Urvogel Archaeopteryx und den heutigen Vögeln, schreibt ein Forscherteam im Fachjournal „Nature“.

Fund gibt Einblick in Evolution der Vögel

„Das fehlende Bindeglied passt absolut perfekt“, berichtet Co-Erstautor Guillermo Navalón von der University of Cambridge in einer Mitteilung seiner Hochschule. Heutige Vögel hätten einige der erstaunlichsten kognitiven Fähigkeiten im Tierreich – ähnlich den Säugetieren, ergänzt Studienleiter Daniel Field. Als Beispiele verweist er auf Krähen und Papageien. Der jetzige Fund gebe Einblick in die Evolution der Vögel.

Grafische Rekonstruktion von Navaornis hestiae in seiner Umgebung vor 80 Millionen Jahren. Foto: J. d’Oliveira/dpa

Navaornis hestiae zählt zur Gruppe der Enantiornithes. Diese entstanden vor gut 130 Millionen und verschwanden vor 66 Millionen Jahren nach dem Einschlag eines Asteroiden – zusammen mit den Dinosauriern und vielen anderen Tiergruppen.

Die Enantiornithes sind überaus artenreich und sehr unterschiedlich. So hatten manche noch zahnbewehrte Schnäbel. Das nun gefundene Tier war zahnlos, und es hatte große Augen. Beides sind bereits Parallelen zu heutigen Vögeln.

William Nava, Entdecker des neuen Fossils, mit Schädel und Skelett von Navaornis hestiae. Foto: A. Martinelli, Museo Argentino de Ciencias Naturales/dpa

Hirngeometrie ähnelt bereits heutigen Vögeln

Das Forscherteam untersuchte den Schädel des kleinen Vogels mittels Computertomografie und machte dabei weitere wichtige Entdeckungen. Hinsichtlich der Hirngeometrie ähnele das Gehirn bereits dem der heutigen Vögel.

Unterschiede gebe es jedoch in der Struktur: So sei das für die Koordination von Bewegungen zuständige Kleinhirn zwar schon größer als bei Achaeopteryx, im Vergleich zu den heutigen Vögeln aber noch deutlich weniger ausgeprägt.

Schädel von Navaornis hestiae im Vergleich zu dem eines modernen Vogels. Foto: S. Abramowicz, Dinosaur Institute, Natural History Museum of Los Angeles County/dpa

Das deute auf eine geringere Kontrolle über die Flugmotorik hin. Neben der Ausweitung des Kleinhirns sei auch die des Großhirns erst später in der Evolution der Vögel erfolgt. „Dieses Fossil zeigt eine Art auf halbem Weg der Entwicklung zum heutigen Vogelgehirn“, erklärt Field.

„Die kognitiven Vorteile könnten Navaornis einen Vorteil bei der Suche nach Nahrung und Schutz geboten haben.“ Möglicherweise sei die Art schon zu komplexem Sozialverhalten fähig gewesen, etwa zu Balzritualen.