Familien-Kreuzweg Jeder hat ein Kreuz zu tragen

Günther Geiling

Rund 150 Gläubige gehen in Breitbrunn gemeinsam auf den Kreuzweg. Doch nicht nur das: Die Kinder dürfen aktiv am Leidensweg Jesu teilhaben – und entdecken so manche Parallelen zu heute.

 
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„Am letzten Sonntag haben wir Palmsonntag gefeiert und wie Jesus unter Palmzweigen in Jerusalem eingezogen ist. Heute ist ein anderer Tag. Wir sind zusammengekommen, um an den schweren Weg Jesu zu denken und miteinander zu beten. Das Kreuz erinnert uns an Jesus und sein Leiden für die Menschen und deswegen wollen wir es mit auf unseren Kreuzweg nehmen.“ Dies betonte Gemeindereferent Matthias Vetter bei der Begrüßung von Kindern und Jugendlichen mit ihren Eltern zu einem besonderen „Familienkreuzweg“ in Breitbrunn.

„Tod und Sterben“ gehören sicherlich nicht zu den Lieblingsthemen für Kinder und viel lieber beschäftigen sie sich mit der Weihnachtsgeschichte und dem Jesukind. Tod und Auferstehung haben aber eine besondere Bedeutung für den Glauben, und Kreuze oder ein Kreuzweg sind in jeder christlichen Kirche zu sehen. So entschloss sich das „Kinder-Kirchen-Team“ Breitbrunn am Sandstein-Kreuzweg in Breitbrunn einige Stationen in den Mittelpunkt seiner Andacht zu stellen, kindgerecht zu erzählen und dabei auch den Bezug zu Alltagssituationen der Kinder herzustellen.

Für viele der Kinder hatte der Tag ja schon mit dem traditionellen Brauch des „Klapperns“ begonnen, weil an diesem Todestag die Glocken verstummen. Nun nahmen sie zu Beginn des Kreuzweges ein großes Holzkreuz in die Hand als Glaubenszeichen der Christen, dass Jesus vor über 2000 Jahren am Kreuz verstarb.

Ungerechtigkeit gibt es auch heute

Bei der 1. Station „Jesus wird zum Tode verurteilt“ erinnerte Matthias Vetter an den Befehl „ans Kreuz mit ihm!“ Die Kinder blickten auf die Ungerechtigkeit in der jetzigen Welt. Auch heute gebe es viel Ungerechtigkeit: „In der Ukraine müssen Menschen fliehen, weil Soldaten ihre Häuser zerstören. In Afrika verhungern Kinder, weil sie nicht genug zu essen haben oder in vielen Ländern müssen Kinder hart arbeiten. Aber auch bei uns haben Kinder das Gefühl, dass alle gegen sie sind.“

Als Zeichen für diese Ungerechtigkeit durften die Kinder dann einen Wollfaden um ihre Hand und das Handgelenk ihrer Eltern binden, wozu die Worte erklangen: „Er zeigt Ungerechtigkeit, macht es eng und hält Menschen gefangen. Ungerechtigkeit ist schwer zu lösen.“ Die Kinder trugen dann auf dem Weg das Holzkreuz voraus bis zur Station „Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen“. Das zeigte ihnen, dass dieser junge, kräftige Bauer angepackt und es gut gemacht habe. Die Kinder wurden hierzu gefragt, wer ihre Hilfe brauche und wo sie anpacken könnten. Dazu erhielten sie eine Hand, auf der sie schrieben, wie und wem sie helfen könnten.

Bei der Station „Jesus fällt zum zweiten Male unter das Kreuz“ spielte Mobbing eine besondere Rolle – und die Kommunionkinder brachten dies mit verbalen und körperlichen Attacken zum Ausdruck. Sie erfuhren dabei aber auch, wie man damit niedergedrückt oder verletzt wird und wie auch Worte und Taten verletzen können.

Dies spielte auch bei der Station „Jesus wird seiner Kleider beraubt“ eine besondere Rolle, wenn Menschen unter Naturkatastrophen und Kriegen leiden und alles verlieren. Ähnlich sei es aber auch, wenn ein Kind von Klassenkameraden alles abgenommen bekomme.

Wann verletzt du andere Menschen?

Die Station mit dem liegenden Jesus zeigte auf „wie Jesus ans Kreuz geschlagen wird“ und dabei ganz große Schmerzen leidet. Gemeindereferent Vetter stellte den Mädchen und Jungen die Frage: „Wann verletzt du andere Menschen, ganz bewusst mit voller Absicht, vielleicht auch mit einer bösen Tat oder einem bösen Wort?“ Diese Gedanken flossen dann in das Gebet ein „Jesus, sei auch dann bei uns, wenn wir andere verletzen. Mache uns bewusst, dass das nicht richtig ist!“

Schließlich führte der Weg noch an die Station „Jesus stirbt am Kreuz“, wo es um die Mittagszeit im ganzen Land plötzlich dunkel wurde und es schien, als wollte der Himmel nie mehr hell werden. Dazu passten die Worte von Jesus: „Mein Gott! Warum hast du mich verlassen?“ Hier trat am Kreuzweg Stille ein. Doch dann hieß es: „Das Kreuz ist ein Zeichen für das Leid, das die Menschen zugefügt haben. Das Kreuz ist aber auch ein Zeichen der Liebe Jesu zu uns. Weil er uns liebt, ist er den schweren Weg bis zum Ende gegangen. Durch seinen Tod am Kreuz hat er uns frei gemacht.“ So durften dann die Kinder nach vorne kommen, wo ihre Wollfäden zerschnitten und die zerschnittenen Fäden ans Kreuz gehängt wurden. Matthias Vetter begleitete dies mit den Worten. „Am Kreuz hängen unsere Wollfäden. Am Kreuz hängen Ungerechtigkeit und die Last der Welt. Am Kreuz hängen auch deine Lasten und Ungerechtigkeiten, die du zu tragen hast. Jesus, wir glauben daran, dass du unsere Last mit uns trägst.“

Bei schönstem Wetter hatten sich zu diesem besonderen Kreuzweg am Karfreitag nahezu 150 Gläubige eingefunden, darunter auch 40 Buben und Mädchen, die auf ihrem Weg mit Gitarrenbegleitung Lieder sangen. Ein Kreuzweg, der den Kindern, aber auch den vielen Erwachsenen, noch lange in Erinnerung bleiben wird.

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