Der Zentralrat der Juden in Deutschland lobte indes die Auseinandersetzung. "Das TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt hat gezeigt, dass AfD-Funktionäre immer wieder mit ihren radikalen Ansichten konfrontiert werden müssen", sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Dann kann es auch helfen, wenn jemand wie Höcke im Fernsehen sich bis zur Selbstaufgabe herauszureden versucht und ein trauriges Bild abgibt."
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warf Voigt vor, "einem Rechtsextremen ein deutliches Plus an Aufmerksamkeit verschafft" zu haben, nur um sich selbst bekannter zu machen. "Höcke bleibt ein Nazi und Voigt bleibt ein Ministerpräsidentenanwärter, der sich weiter vor der Frage drückt, ob er sich mit den Stimmen der AfD ins Amt wählen lassen würde oder nicht", sagte Ramelow dem Nachrichtenportal t-online.
"Hast du nicht alles versucht?"
Voigt sprach von einem "Kampf um die Mitte". "Am 2. September möchte ich nicht dastehen und mir die Frage stellen müssen: Hast du nicht alles versucht?", sagte er. Am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen verlor die AfD zwar zuletzt an Zuspruch, lag aber auf dem ersten Platz - vor CDU und Linke. Es droht erneut eine schwierige Regierungsbildung. Voigt bekräftigte seinen Anspruch, mit der CDU stärkste Kraft in Thüringen werden zu wollen.
Ob man mit einem solchen Duell potenzielle AfD-Wähler für demokratischen Parteien zurückgewinnen könne, sei Spekulation, so Politikwissenschaftler Vorländer. "Wer in Versuchung stehe, wegen der Unzufriedenheit mit anderen Parteien die AfD zu wählen, der könnte ins Grübeln gekommen sein."
Voigt und Höcke hatten sich beim Sender Welt ein hitziges Streitgespräch geliefert - zu Themen wie Europapolitik, Migration und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Mehr als eine Million Menschen schalteten ein und verfolgten den Disput. Höcke forderte unter anderem, dass der Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beendet werden müsse "und zwar um jeden Preis". Er behauptete, Russland sei "ein bedrängtes Land" und "Russland will Frieden". Russland ist am 24. Februar 2022 völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert. Seitdem tobt ein blutiger Krieg mit hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Beim Thema Migration überraschte Höcke mit einer neuen Deutung des Begriffes "Remigration". Es gehe da auch um die Rückholung deutscher Auswanderer zurück ins Land. In der Regel meinen Rechtsextremisten mit "Remigration", dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Voigt sagte nach dem Gespräch, Höckes Umdeutung des Begriffes werde ihm bei seinen Anhängern schaden. "Das zeigt, dass er nicht zu den Dingen steht, die er in Reden gesagt hat und teilweise in seinem Buch geschrieben hat."
Wie emotional aufgeladen die Stimmung rund um das TV-Duell war, zeigte sich am Tag nach der Sendung: Ein Reporter des TV-Senders Welt wurde vor dem Thüringer Landtag von einem Mann angegriffen. In einer Liveschalte war zu sehen, wie der Angreifer dem Journalisten Steffen Schwarzkopf zuerst gegen den Kopf schlug und ihm dann mit dem Finger gegen das Ohr schnalzte. Ein weiterer Mann ging dazwischen. Die Liveschalte wurde abgebrochen. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Körperverletzung und Beleidigung gegen den 42-jährigen Mann.