Festung Rosenberg Auf der schönsten Seite

Heike Schülein
  Foto: /Heike Schülein

Der Verband Deutscher Schriftsteller lud zur Open-Air-Lesung auf die Bastion Marie. Im Rahmen von „Neustart Kultur“ gaben drei fränkische Literaten Kostproben ihrer Werke.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kronach - Wenn man denn Corona zumindest etwas Gutes abgewinnen möchte, dann das: Während bislang Lesungen – insbesondere wegen der Ruhe – bevorzugt im Innenräumen stattfinden, war die Corona-kompatible „luftig-leichte“ Alternative im Garten der Bastion Marie ein Experiment, das Lust auf mehr machte. Natürlich trugen auch das herrliche Spätsommer-Wetter und die zauberhafte Location zum beschwingten Open-Air-Literaturgenuss bei. Krystyna Kuhn, Hanns Peter Zwißler und Nevfel Cumart lasen ernste bis heitere - aber immer bewegende - Kurzgeschichten, Buch-Episoden sowie Gedichte aus eigener Feder vor.

Eingeladen hatte die Regionalgruppe Ober-/Unterfranken des Verbands deutscher Schriftsteller. Die vom „Neustart Kultur“-Programm geförderte vierteilige Lesereihe wurde in Kronach vom Verein „Regionale Kunstförderung Kronach“ unterstützt, deren Vorsitzender Ingo Cesaro bereits beim zweiten Teil der Veranstaltungsreihe in Würzburg gelesen hatte.

Cesaro war es auch, der die Autoren sowie Zuhörer in der „Hauptstadt der Poesie“ willkommen hieß. Seine Freude darüber, sich nach solch langer Zwangspause wieder gemeinsam der Literatur widmen zu können, war ebenso groß wie die seiner Künstlerkollegen sowie des Publikums, das wie gebannt der beschwingten Literatur-Reise folgte. Kredenzt wurde diesem drei spannend-unterhaltsamen Lesungen ganz unterschiedlicher Art.

Gewalttätiger Vater

„Einfach abschalten; die Welt bleibt stehen“: So versucht ein 13-Jähriger die Brutalität und Demütigungen seines gewalttätigen Vaters auszuhalten, bis die Situation eskaliert und in eine Katastrophe mündet. Alles andere als leichte Kost war Krystyna Kuhns düster-unheilvolle Kurzgeschichte „Check out“ über Gewalt in der Familie. Die in Würzburg geborene, mittlerweile in Lohr am Main beheimatete - freischaffende Schriftstellerin schreibt überwiegend Thriller und Krimis, was auch ihrer bis zum Schluss hochspannenden Kurzgeschichte deutlich anzumerken war.

Hanns Peter Zwißler wurde 1946 in Sonthofen im Allgäu geboren. Der Wahl-Schweinfurter brachte in Kronach unter anderem eine Episode aus seinem im Oktober 2020 veröffentlichten Roman „Österle & Escher“ zu Gehör - ein Roman, in dem die Freundschaft zweier Männer aus verschiedenen Gründen zu zerbrechen droht: Escher entschwindet zu einer Weltreise, während Österle nach einem Schlaganfall in die Untätigkeit einer Reha verdammt ist. Für Erheiterung sorgte seine Geschichte aus der Literaturzeitschrift „Wortlaut 27“ über die Erlebnisse eines Mannes in Corona-Quarantäne, in der er es einem Trickbetrüger mit recht unkonventionellen Mittel heimzahlt. Als Zugabe erfreute der Autor noch mit einem ironisch-frechen Kurzgedicht - eine Art Psychogramm eines bestimmten Männertypus.

Feinsinnig und sprachlich ausgefeilt präsentierte sich auch der mit zahlreichen Auszeichnungen bedachte freiberufliche Schriftsteller Nevfel Cumart. Der auch als Referent, Übersetzer und Journalist tätige Träger des Bundesverdienstkreuzes zählt zu den produktivsten Lyrikern seiner Generation. Immer wieder thematisiert der Bamberger dabei seine deutsch-türkischen Wurzeln - beispielsweise in seinem Gedicht über den alljährlichen Heimaturlaub einer Familie in die Türkei . Aber auch ein Liebes- sowie Weihnachtsgedicht hatte er unter anderem mit im Repertoire: anrührend-unterhaltsam, und dabei höchst poetisch.

Thomas Kastura in Kronach

Durch den mit viel Beifall bedachen Literatur-Nachmittag führte der stellvertretende Vorsitzende der ausrichtenden VS-Regionalgruppe Ober/Unterfranken, Thomas Kastura. Sein Dank galt dem Bund für die Finanzierung durch das Förderprogramm „Neustart Kultur“. Nach und nach sensibilisiere sich die Politik für Kunst und Kultur, würdigte er; was hoffentlich so bleibe. Der Bamberger Autor für Kriminalromane und Jugendbücher befragte seine Kollegen auch hinsichtlich ihrer Schaffenskraft während der Pandemie. Krystina Kuhn, Vorsitzende der VS-Regionalgruppe Ober/Unterfranken, bestätigte, produktiv durch die Pandemie gekommen zu sein. Sie schreibe aktuell an einem Roman. „Ich bin überraschenderweise nicht zum Couch-Potato geworden“, schmunzelte sie. Hanns Peter Zwißler hatte die Corona-Zeit zunächst als fruchtbar empfunden, bis sie ihm dann doch zum Hals herausgehangen habe. Nevfel Cumart berichtete dagegen von einem Gefühl, als ob ihm jemand den Boden unter den Füßen wegziehe. „Ich habe die kreative Kurve erst sehr spät bekommen“, bedauerte der Autor. Die Veranstaltungsreihe klingt am 25. September im Innenhof der Stadtbücherei Hof aus. Auch hier ist der Eintritt frei.

Bilder