Feuilleton Das Markenzeichen: Qualität

Perfektes Wetter, hervorragende Organisation, super Stimmung: Das Festival "Rock im Wald" in Neuensee setzt Maßstäbe. Foto: Patrick Naumann

Ein bemerkenswertes Publikum trifft auf fabelhaftes Line-up: Vorhang auf für "Rock im Wald".

 
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Neuensee/Lichtenfels - Der "Tatort": Ein schön gelegener, gediegen gepflegter Sportplatz in Neuensee, einem kleinen Örtchen nahe Lichtenfels. Es ist einfach zu erklären, was den Reiz des seit über 20 Jahren steigenden und längst deutschlandweit beachteten Festivals "Rock im Wald" ausmacht: Die musikalische Kompetenz der Veranstalter und deren unbedingter Wille, ein perfektes Freiluft-Event auf die Beine zu stellen. Eine Location, die in ihrer Idylle und Funktionalität ihresgleichen sucht. Und ein Publikum, das in seiner bunten Mischung aus Einheimischen und von sehr weit her angereisten Musikfans, aus Jung und Alt, aus "Normalos" und Szenetypen ganz wunderbar harmoniert.

Logisch, das Festival-Typische spiegelt sich natürlich auch auf der Bühne wider. Die szeneintern weltweit bekannten Bands eint zwar, dass sie allesamt harten Rock zu spielen pflegen. Die Subgenres werden dabei jedoch immer vielfältiger. Um die Kerne aus Stoner Rock und Punk'n'Roll kreisen Psychedelisches und Bluesiges sowie in jüngster Zeit auch zunehmend Metallisches.

Aus einem Billing von 17 herausragenden Bands einige wenige hervorzuheben: nicht wirklich einfach. Versuchen wir's trotzdem. Die zwei zurzeit extrem gehypten Acts wurden den ihnen vorauseilenden Vorschusslorbeeren gerecht. Dool aus den Niederlanden, deren Rhythmusgruppe bereits bei den legendären "The Devil's Blood" ihren Dienst versah, konnten vollends überzeugen: Ein intensiver, druckvoller Sound aus Hardrock, Progressive Metal und Doom wurde von einer emotional-tiefgründig agierenden Sängerin aufs nächste Level gehoben - diese Band machte den (Frei-)Tag zur Nacht! Ebenfalls in diesen Monaten in aller Munde sind Zeal & Ardor aus der Schweiz - weil die junge Truppe bis dato Unvereinbares kongenial verwebt: Swamp Rock und Gospel, Pop- und Black-Metal-Elemente. Was sich hier auf Papier verwirrend liest, funktioniert auf der Bühne absolut. Mit bald noch etwas mehr Live-Erfahrung im Rücken macht diese Band ihren Weg...

...den Kadavar aus Berlin schon seit einigen Jahren gehen. Das Vintage-Rock-Trio bündelt die besten Momente von Jimi Hendrix und Hawkwind, von ZZ-Top und Black Sabbath zu einem das Publikum begeisternden Sound-Konglomerat - ein würdiger und verdienter Headliner am Freitagabend.

Der Festival-Samstag bot gleich eine Reihe von Szenegrößen auf: Ob die aus dem Umfeld der norwegischen Sleaze-Rock-Legende Gluecifer stammenden Bloodlights, die schwedischen 70er-Jahre-Hardrock-Erneuerer Horisont und deren Landsmänner Truckfighters, die mit treibendem Stoner Rock Meister ihres Genres sind. Die Stimmung während dieser Live-Sets: bombastisch.

Mit Spannung erwartet wurde zum Abschluss der zweitägigen Festspiele eine Band, deren Musik aus den vielfältigen Genres, die bei "Rock im Wald" über die Jahre zu erleben waren, nochmals herausragt: Sólstafir aus dem fernen Reykjavik. Die Isländer, die ihre lange Karriere mit Viking-, Black- und Post-Metal begannen, haben eine außergewöhnliche, genreübergreifende Verwandlung hinter sich und offerieren auf ihren jüngsten Alben Ótta" und "Berdreyminn" vor allem in den ruhigen Passagen Klänge, die immer weniger einer bestimmten Richtung zuzuordnen sind. Da wird der metallische Part zugunsten von Folk zurückgenommen. Da sorgen archaische Soundbilder auch schon mal für Gothic-Feeling. So etwas gab's in Neuensee noch nicht zu hören. Nach etwas zögerlichem Warmwerden mit dem Quartett aus dem hohen Norden, brach sich schnell Enthusiasmus Bahn. Es dürfte nicht alle Tage passieren, dass eine Viertelstunde nach Ende des Live-Sets die Leute immer noch vor der Bühne stehen und lautstark Zugaben verlangen. Ein rundum imposantes Festival fand somit ein phänomenales Ende...

...und lässt Vorfreude auf 2018 aufkommen: "Rock im Wald" wird wohl auch dann schon wieder Monate im Voraus ausverkauft sein.

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