Karlsruhe - Der Trend begann 1890, als Buffalo Bill (1846-1917) mit seiner Wild West-Show erstmals durch 24 deutsche Städte tourte - mit zweihundert Darstellern, hunderten Pferden und Büffeln. «Buffalo Bills Wild West-Shows waren ein Mega-Event wie heute die Groß-Konzerte von Helene Fischer,» sagte Ausstellungskurator Andreas Seim am Mittwoch vor Journalisten in Karlsruhe. Im Karlsruher Schloss wird am Samstag (19. März) die Sonderaustellung «Cowboy und Indianer - Made in Germany» des Badischen Landesmuseums eröffnet. Sie dauert bis 3. Oktober.

Seit diesen Shows seien die Bilder von Cowboys und Indianern in der Alltagskultur verankert wie kaum in einem anderen Land außer den USA. Ob Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus oder Gegenwart - bis heute habe sich das Bild des typischen tapferen, naturverbundenen Indianers kaum verändert, erläutert der Kurator.

Befeuert habe den Trend auch der Schriftsteller Karl May (1842-1912). Er habe Buffalo Bill von dessen Gastspielen in Dresden in den Jahren 1890 und 1906 gekannt. Karl May sei bis heute einer der meistgelesenen und übersetzten deutschen Autoren. Buffalo Bill war ab 1883 mit seiner «Wild West Show» 30 Jahre lang in den USA und Europa auf Tour.

Die Ausstellung dokumentiert, wie die von ihnen geschaffenen Bilder von Cowboys und Indianern den deutschen Alltag beeinflussten, von Kleidung, Lebensmitteln, über Literatur und Spielwaren bis hin zur Faschingsverkleidung. Ob Karneval, Westernverein, Shows oder Kino: Die Leidenschaft der Deutschen für den amerikanischen Westen war stets ein «spielerischer» - ob nun im Kinderzimmer oder als «Hobbyist» im akribisch nachgearbeiteten historischen Gewand der Sioux.

Nicht zuletzt hat der «Hype des American Way of Life» auch die Grill-Kultur der Deutschen beflügelt. Gezeigt wird auf 1.000 Quadratmetern eine Szenerie aus Westernstadt und Tipi-Dorf mitsamt Lagerfeuer, die kleine und große Wildwestfans ansprechen soll.

Die Ausstellung wolle nicht über falsch oder richtig des Mythos und die historische Wirklichkeit aufklären, sondern die Besucher mit dem Indianerbild konfrontieren, das die meisten von ihnen «seit ihrer Kindheit im Kopf und Herzen tragen». Auch für die Ausstellungsmacher ist die Schau «emotional sehr aufgeladen», sagte Seim.

Er bezeichnete den Wilden Westen als «das größte romantische Märchen der USA». Die Faszination der Deutschen gründete sich auf der Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, denn die Industrialisierung und Verstädterung empfanden viele als negativ.

Auch in Zeiten des Nationalsozialismus wurde das Bild der tapferen Indianer, ihr Kampfgeist und ihre Kameradschaft genutzt. Ihre Treue und Naturverbundenheit habe gut in die Ideologie der Nationalsozialisten gepasst, sagte Seim. Als 1938 im sächsischen Rathen die ersten Karl May-Festspiele stattfanden, waren die meisten Besucher Mitglieder der Hitlerjugend.

Auch nach 1945 endete der Boom der «Rothäute» und «Bleichgesichter» nicht. Im Westen kannte fast jeder die Verfilmungen des Karl May Klassikers von Winnetou mit Schauspieler Pierre Brice. Im Osten war der Schauspieler Gojko Mitic der bekannteste Filmindianer. Zwei Motive bestimmen das Bild eines Westerns im Kino und TV bis heute: der Sieg über das Unrecht und die klare Trennung von Gut und Böse.

Gezeigt wird auch ein Cowboyhut, der dem früheren Bundeskanzler Konrad Adenauer 1961 bei einem Staatsbesuch in den USA überreicht wurde. Fünf Jahre zuvor hatte er bei einem ersten Staatsbesuch einen Indianerkopfschmuck erhalten und war zum lebenslangen Ehrenmitglied der Indianer Wisconsins ernannt worden - mit dem Beinamen «Weiser Häuptling vieler Menschen».