Coburg/Offenbach - Eigentlich heißt er Steffen. Zumindest, wenn er sich auf den Theaterbühnen dieses Landes bewegt und Stücke inszeniert. Sitzt er jedoch an seinem Schreibtisch und bringt seine Gedanken, Erfahrungen und Erlebnisse zu Papier, dann ist er Lars. "Ich bin eine gespaltene Existenz", sagt Steffen Lars Popp und meint damit nicht nur die beiden Namen, unter denen er firmiert. Denn während der eine Teil der Person Popp einem geregelten Arbeitsalltag nachgeht und sein gelerntes Handwerk Tag für Tag umsetzt, taucht der andere in eine Welt ab, die selbst ihm lange surreal und überspitzt vorkam - "von der wir aber spätestens seit Edward Snowden wissen, dass sie wahr ist und existiert".

Der Autor Lars, ein Kind der Commodore 64- Generation, spricht von der digitalen Welt, von der Auflösung des Privaten, von einer Revolution, die unsichtbar und von vielen unbemerkt in Datennetzen stattgefunden hat. Von einer Welt, "in der Wissen, das man sich eben erst angeeignet hat, schon kurze Zeit später nichts mehr wert ist, weil es durch technische Neuerungen bereits wieder veraltet ist". Die Handlung in "Haus der Halluzinationen" spielt Anfang der 1990er-Jahre, als sich sieben Menschen aufmachen, um in einem Haus in einem abgelegenen Winkel der Schweiz ihren Urlaub zu verbringen. Was als Reise in eine beschauliche Landschaft am Ende der Welt beginnt, wird immer mehr zu einem Trip ins dunkle Herz des Internet- und Globalisierungs-Zeitalters. Titel, Inhalt und Stimmung des Werkes kommen nicht von ungefähr. "Lars ist radikaler und bewegt sich in einer digitalen Welt. Diese Erfahrungen lebt er hier aus", sagt Popp, der sich mit seinem schriftstellerischen Dasein zwar noch in Nischen bewegt, für den die Tätigkeit als Autor aber immer wichtiger wird.

"Als Theaterregisseur und Dramaturg spreche ich zweifelsohne ein breiteres Publikum an", bekennt Steffen, der an dieser Stelle ins Spiel kommt. Es ist jener Teil des Künstlers Popp, der bereits seit Schulzeiten das Interesse für Theater und Bühne in sich trägt. Vom Coburger Gymnasium Albertinum, wo er im Schultheater spielte und auf dem Weg zum Abitur das Fach Dramatisches Gestalten wählte, führte ihn sein Weg 1998 ohne große Umwege an das Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen und später an das Theater nach Trier. Als Dramaturg wurde ihm 2013 unter anderem die Leitung des Büchner-Festivals in Gießen übertragen.

Heute lebt Popp mit Frau und Kind - noch in diesem Monat steht ein weiteres Mal Nachwuchs an - in Offenbach. Unter anderem inszeniert er am Rheinischen Landestheater Neuss. Sein Terminplan ist trotz Familienzuwachs gut bestückt. Das Schauspiel "Biedermann und die Brandstifter" steht in Trier auf dem Plan, nur wenige Tage später "Kabale und Liebe" in Neuss, dazwischen zwei Gastspiele beim Festival "Total Theatre" in Luxemburg. Fast parallel dazu laufen die Vorbereitungen für ein "Dokumentartheater der Zukunft", wie Steffen Popp es nennt. Das Projekt versucht damit Social Dreaming, für das er und sein Team Träume sammeln. "Was wäre, wenn unsere Zukunft bereits stattfindet - und zwar in unseren Träumen", fragt sich Popp, dessen Ziel es ist, möglich viele Geschichten, die andere im Schlaf erleben, auf der Bühne umzusetzen. Ihm selbst schwebt eine große Sammlung von Träumen vor: "Bilder von Alten und Jungen, von Menschen aus verschiedenen Nationen und aus unterschiedlichen Berufsfeldern." Die finanziellen Mittel für die Umsetzung sammelt er mittels Crowdfunding. Noch bis kommenden Dienstag kann das Projekt unterstützt werden.

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Lars ist radikaler und bewegt sich in einer digitalen Welt.

Steffen über sein Alter Ego Lars Popp


Aus dem Leben von Steffen Lars Popp

Steffen Lars Popp wurde am 23. Juli 1976 in Erlangen geboren und wuchs in Coburg auf. Nach dem

Abitur am Albertinum und ersten Theatererfahrungen am Landestheater studierte er zwischen 1998 und 2003 Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen.

Nach einem Intermezzo im Aufbaustudiengang Medienautor an der Hochschule der Medien Stuttgart war er von 2004 bis 2007 Regieassistent und Regisseur am Theater Trier.

Seit 2007 lebt er in Offenbach am Main und inszenierte unter anderem an der Landesbühne Bruchsal und dem Rheinischen Landestheater Neuss sowie am Kampnagel Hamburg und im "zeitraumexit" Mannheim; außerdem war er Stipendiat des Internationalen Forums des Berliner Theatertreffens 2008.

Lars war Finalist zum Literaturpreis "Prenzlauer Berg" 2005 und auf der Shortlist des "Debütpreis Online" von poetenladen.de 2006 sowie mit "Blindenschrift" der Gewinner des 8. Marburger Kurzdramenwettbewerbs 2011. Außerdem mit einem Auszug aus dem Roman "Haus der Halluzinationen" Stipendiat der Autorenwerkstatt Prosa 2008/09 des Literarischen Colloquiums Berlin sowie ausgewählt für den Autoren-Pitch der Akademie für Autoren auf der Leipziger Buchmesse 2012. Für "Unter der Kaiserleibrücke" erhielt er einen Förderpreis.

"Haus der Halluzinationen" ist im Hablizel-Verlag erschienen.