Coburg - Zuckerbrot und Peitsche, Kompliment und Schmähung, Seitensprung und Versöhnung, glühende Verehrung und kalter Affront: Es war eine Hassliebe erster Güte, die diese beiden hommes de lettres verband, ein leidenschaftliches Ringen in - meist - wohl gesetzten Worten, das ein gutes Vierteljahrhundert währte und uns so spannende wie vergnügliche Einblicke in zwei konträre Schöngeister eröffnet.

869 Buchseiten füllt der Briefwechsel zwischen Thomas Bernhard und seinem Verleger Siegfried Unseld, der 2009 bei Suhrkamp erschienen ist - und nur ein Bruchteil davon passte in die 90 Minuten-Lesung, mit der am Mittwochabend in der Coburger Reithalle der 80. Geburtstag des am 12. Februar 1989 verstorbenen österreichischen Autors begangen wurde. Ein animierender Bruchteil freilich, ausgewählt von Edmund Frey, Diplom-Bibliothekar und Bernhard-Kenner, unprätentiös gelesen von den beiden Landestheater-Schauspielern Stephan Mertl (Bernhard) und Sebastian Pass (Unseld).

Vom ersten Werben des selbstbewussten Jung-Autors um die Gunst des renommierten Suhrkamp-Verlegers 1961 bis zum grandios koketten Schlusswort nach dem Bruch 1988 ("Ich war sicher einer der unkompliziertesten Autoren, die Sie je gehabt haben") genießt der Leser respektive Hörer unter fortschreitendem Staunen die Kunst des intellektuellen Feilschens um Anerkennung, vorrangig materieller Art. Und natürlich Bernhards legendäre Granteltiraden über die naturgemäße Blödheit der Kritiker und die "staatlichen Verdummungsanstalten" Rundfunk und Theater. "Geld ist mir lästig", behauptet Bernhard zum Amüsement des Publikums, denn ausgestattet mit gehörig Chuzpe erweist sich der begnadete Egomane als kompromissloser Unterhändler in eigener Sache. Fasziniert vom literarischen Genie entwickelt Unseld einen Langmut, der, wie Frey anmerkt, "bis zur Selbstverleugnung" reicht. Mal larmoyant, mal nassforsch formuliert Bernhard seine Forderungen, mal liebenswürdig, mal dreist bedrängt er seinen Verleger, der darob nur selten die Contenance verliert. Zwar weiß Unseld wohl um die "Intransigenz" (Starrsinn) und die Maßlosigkeit des "erpresserischen Genies", doch erliegt er immer wieder der "schön formulierten Pression". Erst kurz vor Bernhards Tod ist die Schmerzgrenze erreicht, als ein tief gekränkter Siegfried Unseld telegrafisch kapituliert: "Ich kann nicht mehr". Und jene Antwort erhält, die dieser Lesung ihren Titel gab: "Streichen Sie mich aus Ihrem Gedächtnis". Was so bald nicht geschehen dürfte.