Oberfranken verödet (2030), Deutschland stirbt aus (2070) und dann erlischt auch noch die Sonne (ca. 5000002011). Kein Wunder, dass Unmut und Verzweiflung um sich greifen und immer mehr Menschen in ihrer Not dem Alkohol oder Dieter Bohlen verfallen. Dabei gibt es doch gute Gründe, den zarten Funken der Zuversicht, der noch immer glimmt, zu hüten und zu schüren. Das ist gar nicht so schwer, wie uns das Städtchen Halberstadt beweist. Denn Halberstadt ist nicht nur das Tor zum Harz, sondern der Hort der Hoffnung. Die Kreisstadt hat zwar die Größe Coburgs und liegt erschwerend in Sachsen-Anhalt. Doch sie hat eine Menge vor - zumindest für die nächsten 629 Jahre. Solange währt planmäßig noch die Aufführung des Orgelwerks ORGAN2/ASLSP von John Cage in der örtlichen Buchardikirche, die wir seit ihrem Beginn im September 2001 mit wachsender Begeisterung verfolgen. Zugegeben, der Auftakt verlief ein wenig schleppend, da das Stück mit einer 17-monatigen Pause beginnt. Doch seit 2003 überschlagen sich die Ereignisse: Sieben Monate nach dem jüngsten Tonwechsel steht am kommenden Samstag schon die nächste Klangänderung bevor. Bremer Musikstudenten werden zwei von derzeit sechs klingenden Tönen durch das Entfernen der Pfeifen verstummen lassen. "So langsam wie möglich" ("As slow as possible" - ASLSP) wollte der experimentierfreudige Tonsetzer sein Opus interpretiert wissen - was natürlich die spannende Frage nach physikalischen Grenzen der Entschleunigung aufwirft, die uns auch in deutschen Amtsstuben immer wieder befällt. Aber das ist eine andere Geschichte. In Halberstadt hat man kurzerhand vom Jahr 2000 bis zur Einweihung der Blockwerkorgel 1361 im Dom zurückgezählt - und die magische Zahl von 639 zum Maß der Langsamkeit erhoben. Aus arbeitsschutzrechlichen Gründen drücken übrigens keine leibhaftigen Organisten auf die Tasten, sondern Sandsäcke. Für den Luftstrom sorgen elektrisch betriebene Blasebälge, ein Notstromaggregat verhindert Tonstörungen bei Stromausfall. Die Zukunft kann ruhig kommen -