Coburg - Die Spannung ist groß, die Sorge auch: Immerhin schlug Helmut Vorndrans zweiter Roman "Blutfeuer" 2010 eine Schneise der Verwüstung quer durch Oberfranken. Mit welchen Eskalationen der Rattelsdorfer Autor den Blutdruck seiner Leser in seinem dritten Franken-Krimi "Der Colibri-Effekt" anregt, wird vor dem Erscheinen Mitte April natürlich nicht verraten. Nur so viel: Die Welt kommt mit einem blauen Auge davon. Genauer gesagt: mit einem braunen Auge.

Vorndran bleibt seinem Faible für brisante Stoffe treu: In einen Morast aus Mord und Missbrauch führte sein Sensations-Debüt "Das Alabastergrab"; Killer und Klimakatastrophe wüteten im Öko-Thriller "Blutfeuer". Skrupellose Fanatiker sorgen im neuen Fall für Hochspannung und sprengen die Grenzen des Regionalkrimis: Die Ermittlungen führen den Bamberger Kommissar Bernd Schmitt alias Lagerfeld nicht ganz freiwillig bis nach Norwegen. Dort kommt er in bester James Bond-Manier einem Verbrechen auf die Spur, das verheerende Folgen haben könnte.

Diverse Todesfälle sind erwartungsgemäß auch im "Colibri-Effekt" zu beklagen, und das Label "Thriller" steht ihm absolut. Doch trotz teils drastischer Entleibungsübungen gerät der Roman - im Gegensatz zum vorangegangenen - nicht zur Splatter-Orgie: Intelligent erdacht, spannend geschrieben und geschickt komponiert ist Vorndrans drittes Opus sein bislang reifstes. Allzu absurde Action verkneift sich der 51-Jährige zugunsten einer plausiblen Story, deren Zeit- und Handlungsebenen er raffiniert verzahnt.

Skurrile Randfiguren

Auf skurrile Episoden und ironische Untertöne müssen die Fans aber nicht verzichten - der Mix aus Spannung und Satire ist schließlich Markenzeichen des Noch-Kabarettisten und TBC-Gründers. Neu-Leser dürften über gewisse surreale Randfiguren staunen, Fans sich hingegen freuen, guten Bekannten aus Vorndrans Kuriositäten-Kabinett wieder zu begegnen: Vom Flussregenpfeifer, dem notorischen Pechvogel, über den Coburger Sänger, dem Vorndran einen Karrieresprung gönnt, bis zum Erlanger Gerichtsmediziner Siebenstätter, der ungeahnte Abgründe offenbart. Zum ersten und vermutlich nicht letzten Mal wirkt eine bauwütige Baunacher Bibersippe mit, deren Schaffensdrang die Welt eine biologische Sensation verdankt: fränkischen Öko-Biberreis.

Erwartungsgemäß trägt das Ermittlerferkel Riemenschneider wieder maßgeblich zur Aufklärung bei, und der schusselige Polizeidienststellenleiter Robert Sückfüll darf beweisen, dass er trotz gravierender Defizite im lebenspraktischen Bereich über kriminalistisches Talent verfügt. Eine Dienstreise in den Moloch Coburg führt den Ärmsten allerdings an die Grenzen seiner Belastbarkeit.

Extreme Gefahr

Zum Krimi-Parodie gerät das Buch dennoch nicht, die lokalkolorierte Satire rahmt eine fiktive Handlung, die zum Teil auf wahren Geschehnissen beruht. Es geht um extreme Waffen und um extreme Menschen - Bedrohungen, die Vorndran seit Langem beschäftigen. Bevor rechter Terror auf die öffentliche Agenda kam, beschloss er vor einem Jahr, die fränkische Neonazi-Szene zum Thema des neuen Romans zu machen. "Die Welt wird immer radikaler. Da will ich draufhauen", beschreibt er salopp seinen Antrieb, der - unter anderem - dazu führte, vom Kabarett- ins Krimifach zu wechseln.

Bis Jahresende fährt Helmut Vorndran noch zweigleisig, am 23. und 24. November feiert er Abschied mit und von seinen TBC-Kollegen - dort, wo fast alle Programme des Totalen Bamberger Cabaret vom Stapel liefen: Im "Schwarzen Bären" Coburg-Beiersdorf. Während das Ulk-Trio 2013 mit dem Fürther Comedian Michael A. Tomis neu durchstarten will, wagt Vorndran als mutmaßlich erster Franken-Krimi-Autor den Sprung in die Professionalität.

Ermutigt hat ihn sein rasanter Start: Mit "Alabastergrab" landete er 2009 auf Anhieb einen Volltreffer, sein Kurzgeschichtenband "Tod durch Franken" verkaufte sich 10 000 Mal binnen drei Monaten, insgesamt gingen 50 000 Vorndran-Titel über die Ladentheken. Den "Colibri-Effekt" schickt der Emons-Verlag am 17. April in einer 10 000er-Startauflage in die Buchhandlungen.

Der Hobbyprojekt-Phase ist der Autor entwachsen, mit seinem dritten Roman möchte er sich als "ernsthafter Schreiberling" profilieren: "Das ist der Prototyp des Krimis, wie ich ihn eigentlich schreiben will". Mit einer kleinen Ausnahme, räumt Vorndran ein: "Ich hätte gerne 100 Seiten mehr Zeit gehabt".

Helmut Vorndran: Der Colibri-Effekt. Emons-Verlag. 304 Seiten, ISBN 978-3-89705-953-5. 10,90 Euro. Ab 17. April 2012

Vorndran live

Am 24. Mai liest Helmut Vorndran auf Einladung der Neuen Presse und der Buchhandlung Riemann ab 20 Uhr bei Riemann am Coburger Markt (Vorverkauf in der Buchhandlung)

Weitere Lesungen:

19. April, 11 Uhr:

Lichtenfels, Berufsschule

26. April, 20 Uhr:

Lichtenfels, Buchhandlung Schulze

15. Mai, 20 Uhr:

Bad Rodach, Haus des Gastes

25. Mai, 19 Uhr:

Neustadt, Gaststätte Grüntal

(Kulinarische Lesung)

16. Juni:

Bad Rodach, Bücherei