Frankfurt am Main - Die 3-D-Brille sieht zwar ziemlich klobig aus. Wer sie aufsetzt, kann jedoch ein ganz neuartiges Einkaufserlebnis machen. Auf der Suche nach Fantasy-Literatur kann der Kunde in einem mit mittelalterlichem Fachwerk und Kerzenschein designten Raum im «Hobbit» oder «König Laurin» blättern. Und wenn er das Buch nicht mag, kann er es einfach wieder ins Regal stellen.
Virtual Reality hat auch auf der Frankfurter Buchmesse Einzug gehalten. Der Dachverband der deutschen Buchbranche hat am Mittwoch zusammen mit einigen großen Verlagen den Prototyp eines Geräts vorgestellt, das mit seiner Hard- und Software den «virtuellen Buchladen» am heimischen Computer attraktiv machen soll. «Wir wollen den Bücherkauf emotionaler machen», sagt Ronald Schild vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
Genau dies hat der stationäre Buchhandel, der den Kunden mit seinen Mitteln ganz anders ansprechen kann, dem Online-Geschäft bisher voraus. Mit Hilfe der neuen Technik soll nun jeder wie im Laden herumstöbern können: Er kann mit der 3-D-Brille durch Wandkalender blättern. Zu Büchern können über Kopfhörer außerdem Leseproben und passende Videos eingespielt werden.
Große Buchhandelsketten wie Hugendubel haben gegen ein virtuelles Bücher-Shopping gar nichts einzuwenden. «Wir als Buchhändler müssen auf allen Kanälen unterwegs sein», sagt Stephanie Lange, die bei Hugendubel für den Vertrieb zuständig ist. Thematisch gut und unterhaltsam gemachte digitale Programmvorschauen könnten für den Buchkäufer wichtig werden.
Noch ist das Projekt aber Zukunftsmusik. Die 3-D-Brillen kosten um die 1000 Euro - hinzukommt noch die Software. «Die Technologie steht erst am Anfang», räumt Schild ein. Das Interesse sei aber sehr groß. Der Branchenexperte rechnet damit, dass die Preise für die Brillen stark fallen werden.
Der digitale Wandel in der Buchbranche geht also weiter - trotz Ende des E-Book-Hypes. Dessen Anteil am Gesamtumsatz dümpelt in Deutschland bei rund fünf Prozent vor sich hin. Sogar in den USA, wo digitale Bücher viel verbreiteter sind, erlebt Print wieder ein Comeback.
Beim gedruckten Buch wiederum setzt sich zugleich der Trend zum Self-Publishing weiter fort. Die Bücher im Eigenverlag werden dabei immer professioneller - vom Cover bis zu den verwendeten Fotos und Grafiken. Der US-Onlinehändler Amazon unterstützt Eigenverleger im Fiction-Bereich. Jetzt hat auch der Dachverband der deutschen Buchbranche dem Self-Publishing erstmals eine Bühne verschafft. An prominenter Stelle in Halle 3.1 sind rund 1200 Bücher von 800 Autoren ausgelegt.
Darunter ist auch ein Ernährungsberater von Gundula Engels, die am Mittwoch aus dem pfälzischen Grünstadt nach Frankfurt angereist ist. «Wir werden oft beschummelt», sagt die Autorin, eine Kritikerin von industriell gefertigten Nahrungsmitteln. Jetzt hofft sie, dass Buchhändler auf ihren zusätzlich mit Kochrezepten versehenen Band («Gesundheit beginnt mit dem Genießen!») aufmerksam werden.
99 Euro hat sie bezahlt, damit der Börsenverein ihr Buch auf der Messe auslegt. Alle selbst auf den Markt gebrachten Bücher sind in Deutschland übrigens auch im Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) registriert. Dort finden sich immerhin um die 2,5 Millionen Titel. Kein anderes Land der Welt habe eine derart umfassende Plattform, sagt Schild vom Börsenverein.