Mainz – In Deutschland ist Scheherazade ein Mann. In der persischen Version erzählt eine junge Frau ihrem Vater und Ehegatten 1001 Nächte lang eine packende Geschichte – in der deutschen Variante trägt Scheherazade grau melierten Schnauzbart und kugelrunde Brille, hat 36 Romane veröffentlicht und verzaubert das Publikum auf ausverkauften Märchenabenden.
Rafik Schami hat die orientalische Erzählkunst mit all ihren Irrationalitäten, Ausschmückungen und Abschweifungen ins nüchterne Herz von Europa gebracht. Märchen sind nicht nur etwas für Kinder, lehrte er seine deutschen Leser und Zuhörer in den vergangenen Jahrzehnten. Nun (23. Juni) wird der deutsch-syrische Autor, der vielfach ausgezeichnet wurde, 70 Jahre alt.
Die längste Zeit seines Lebens verbringt Schami, der eigentlich Suheil Fadél heißt, im Exil. Als junger Mann muss er aus seiner Heimatstadt Damaskus fliehen. Heute füllen Erinnerungsstücke von dort - Fotos, Kochrezepte und Stadtpläne sowie Bücher über Hochzeitssitten und Putsche – einen Großteil seiner Bibliothek in seinem Haus in der Pfalz. Die Verbundenheit zeigt sich auch in seinem Pseudonym, das „Freund aus Damaskus“ bedeutet.
Es ist der Zufall, der Schami 1971 über Beirut nach Heidelberg verschlägt. „Ich wollte nach Amerika, doch die Amerikaner haben zu lange gebraucht. Das Visum kam, als ich schon hier war“, sagt er. Auch das Visum für Spanien sei später eingetroffen. „Jetzt noch einmal von Null anfangen?“, habe er sich gefragt – und mit Nein geantwortet. So studiert er in Heidelberg Chemie und promoviert.
Die Kommilitonen im Studentenheim sind seine ersten Zuhörer. Dabei erzählt er moderne Inhalte auf orientalische Weise. „Ich bin als Kind mit 1001 Nacht aufgewachsen. Abend für Abend habe ich mit meiner Mutter vor dem Radio gesessen und diese Geschichten gehört. Zwei Jahre, acht Monate und 27 Tage lang. Das hat mich geprägt, diese Spannung, die wie ein Teppich gewebt wird, diese Suche nach einer Fortsetzung“, sagt er im dpa-Gespräch.
Bald schreibt Schami kleine Märchen, Fabeln und Fantasiegeschichten auf Deutsch, und als er sich in der Sprache sicherer fühlt, auch Romane, Kinderbücher und Theaterstücke. Zu seinen größten Erfolgen gehören der frühe Roman „Erzähler der Nacht“ (1989) und das 900-Seiten-Opus „Die dunkle Seite der Liebe“ (2004). In 29 Sprachen sind seine Bücher übersetzt. Er wird zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart.
Schami bereichere die Literatur seit mehr als einem halben Leben, auch mit seinen Buchpräsentationen, sagt sein Verleger Jo Lendle (Hanser Verlag). „Wer erlebt hat, wie Rafik Schami in freier Rede sein Publikum in den Bann schlägt, weiß, wie Literatur einmal entstanden ist: in Geschichten, die unser Dasein, unser Fremdsein, unser Richtig- oder Falschsein höchst lebendig vor Augen führen.“
Viele von Schamis Geschichten spielen in Damaskus – einem Damaskus voller verwinkelter Gassen, Singvögel und Safranblüten. Er glaube Schami beim Lesen jedes einzelne Wort, weil dieser mit Liebe lüge, sagt Michael Köhlmeier in seiner Laudatio bei der Übergabe des Stiftungspreises der Stiftung Bibel und Kultur 2015. „Viele Menschen haben Angst davor. Sie fürchten sich vor der Poesie“, sagt er.
Nach seiner Flucht kehrt Schami nie wieder nach Syrien zurück. 2009 hatte er eine Einladung aus Damaskus, lehnte aber ab. „Das Angebot war erpresserisch“, sagt er. Er hätte nicht privat zurückkehren dürfen, sondern nur als Gast des Staatspräsidenten Baschar al-Assad, und wäre wohl im Fernsehen vorgeführt worden. „Die hätten mich ausgequetscht wie eine Zitrone“, sagt er.
Er bleibt im Örtchen Marnheim in der Pfalz, wo er seit Jahrzehnten in einem Haus mit Garten darum herum wohnt. Im Haus sind zu finden: immer frischer Kardamom für Espresso, Quittengelee von den eigenen Bäumen, eine Wendeltreppe hinauf in die Arbeitszimmer, ein Foto des Korridors, in dem Schami als Kind oft mit Murmeln spielte, und ein Ordner mit „freundlichen Ablehnungen“ von Verlagen.
Seinen Geburtstag will Schami auf dem Fahrrad am Rhein verbringen, zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Root Leeb. „Ich bin gerne weg, da ich nicht den ganzen Tag am Telefon verbringen möchte“, sagt er. In nächster Zeit setze er sich wieder an den Schreibtisch, um noch ein oder zwei Bücher zu verfassen. Dann sei Schluss. „Ich will mich nicht übernehmen. Man soll nicht übertreiben.“
Rafik Schami hat die orientalische Erzählkunst mit all ihren Irrationalitäten, Ausschmückungen und Abschweifungen ins nüchterne Herz von Europa gebracht. Märchen sind nicht nur etwas für Kinder, lehrte er seine deutschen Leser und Zuhörer in den vergangenen Jahrzehnten. Nun (23. Juni) wird der deutsch-syrische Autor, der vielfach ausgezeichnet wurde, 70 Jahre alt.
Die längste Zeit seines Lebens verbringt Schami, der eigentlich Suheil Fadél heißt, im Exil. Als junger Mann muss er aus seiner Heimatstadt Damaskus fliehen. Heute füllen Erinnerungsstücke von dort - Fotos, Kochrezepte und Stadtpläne sowie Bücher über Hochzeitssitten und Putsche – einen Großteil seiner Bibliothek in seinem Haus in der Pfalz. Die Verbundenheit zeigt sich auch in seinem Pseudonym, das „Freund aus Damaskus“ bedeutet.
Es ist der Zufall, der Schami 1971 über Beirut nach Heidelberg verschlägt. „Ich wollte nach Amerika, doch die Amerikaner haben zu lange gebraucht. Das Visum kam, als ich schon hier war“, sagt er. Auch das Visum für Spanien sei später eingetroffen. „Jetzt noch einmal von Null anfangen?“, habe er sich gefragt – und mit Nein geantwortet. So studiert er in Heidelberg Chemie und promoviert.
Die Kommilitonen im Studentenheim sind seine ersten Zuhörer. Dabei erzählt er moderne Inhalte auf orientalische Weise. „Ich bin als Kind mit 1001 Nacht aufgewachsen. Abend für Abend habe ich mit meiner Mutter vor dem Radio gesessen und diese Geschichten gehört. Zwei Jahre, acht Monate und 27 Tage lang. Das hat mich geprägt, diese Spannung, die wie ein Teppich gewebt wird, diese Suche nach einer Fortsetzung“, sagt er im dpa-Gespräch.
Bald schreibt Schami kleine Märchen, Fabeln und Fantasiegeschichten auf Deutsch, und als er sich in der Sprache sicherer fühlt, auch Romane, Kinderbücher und Theaterstücke. Zu seinen größten Erfolgen gehören der frühe Roman „Erzähler der Nacht“ (1989) und das 900-Seiten-Opus „Die dunkle Seite der Liebe“ (2004). In 29 Sprachen sind seine Bücher übersetzt. Er wird zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart.
Schami bereichere die Literatur seit mehr als einem halben Leben, auch mit seinen Buchpräsentationen, sagt sein Verleger Jo Lendle (Hanser Verlag). „Wer erlebt hat, wie Rafik Schami in freier Rede sein Publikum in den Bann schlägt, weiß, wie Literatur einmal entstanden ist: in Geschichten, die unser Dasein, unser Fremdsein, unser Richtig- oder Falschsein höchst lebendig vor Augen führen.“
Viele von Schamis Geschichten spielen in Damaskus – einem Damaskus voller verwinkelter Gassen, Singvögel und Safranblüten. Er glaube Schami beim Lesen jedes einzelne Wort, weil dieser mit Liebe lüge, sagt Michael Köhlmeier in seiner Laudatio bei der Übergabe des Stiftungspreises der Stiftung Bibel und Kultur 2015. „Viele Menschen haben Angst davor. Sie fürchten sich vor der Poesie“, sagt er.
Nach seiner Flucht kehrt Schami nie wieder nach Syrien zurück. 2009 hatte er eine Einladung aus Damaskus, lehnte aber ab. „Das Angebot war erpresserisch“, sagt er. Er hätte nicht privat zurückkehren dürfen, sondern nur als Gast des Staatspräsidenten Baschar al-Assad, und wäre wohl im Fernsehen vorgeführt worden. „Die hätten mich ausgequetscht wie eine Zitrone“, sagt er.
Er bleibt im Örtchen Marnheim in der Pfalz, wo er seit Jahrzehnten in einem Haus mit Garten darum herum wohnt. Im Haus sind zu finden: immer frischer Kardamom für Espresso, Quittengelee von den eigenen Bäumen, eine Wendeltreppe hinauf in die Arbeitszimmer, ein Foto des Korridors, in dem Schami als Kind oft mit Murmeln spielte, und ein Ordner mit „freundlichen Ablehnungen“ von Verlagen.
Seinen Geburtstag will Schami auf dem Fahrrad am Rhein verbringen, zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Root Leeb. „Ich bin gerne weg, da ich nicht den ganzen Tag am Telefon verbringen möchte“, sagt er. In nächster Zeit setze er sich wieder an den Schreibtisch, um noch ein oder zwei Bücher zu verfassen. Dann sei Schluss. „Ich will mich nicht übernehmen. Man soll nicht übertreiben.“