Chemnitz (dpa/sn) - Kandinsky, Malewitsch, El Lissitzky: Die Chemnitzer Kunstsammlungen präsentieren in einer Ausstellung ab Sonntag die Sammlung russischer Avantgarde von Vladimir Tsarenkov. Unter dem Titel «Revolutionär!» sind bis März 2017 zum Auftakt des hundertjährigen Jubiläums der Russischen Revolution rund 400 Werke von 110 Künstlern zu sehen, wie das Museum am Freitag mitteilte. Die Gemälde, Arbeiten auf Papier, Architekturmodelle und Entwürfe für Porzellane entstanden in den Jahren 1907 bis um 1930.

Die Chemnitzer Museumschefin Ingrid Mössinger sprach von einem besonderen Ereignis: «Die Entstehung der Kunstsammlungen Chemnitz geht auf das Jahr 1860 zurück. Das Programm war von Anfang an international. Ab 1933 führten Jahrzehnte der Diktaturen - Nationalsozialismus und DDR - zu ideologischen Verengungen der Weltsicht», erklärte Mössinger. Deshalb zeige man nun auch große Künstler der Klassischen Moderne. Tsarenkovs Sammlung werde weltweit erstmals vollständig präsentiert. Die Sammlung beschränke sich nicht nur auf eine kleine Gruppe berühmter Namen, sondern zeige eine außergewöhnliche Vielfalt und Breite künstlerischen Schaffens im Russland der Jahre von 1907 bis um 1930.

Nach Einschätzung von Kuratorin Brigitte Milde demonstrieren die Werke die ästhetische Revolte und sozialutopische Zielrichtung dieser Kunst. Viele davon wurden in der Vergangenheit schon verliehen. «Nun ist diese Sammlung russischer Avantgarde zum ersten Mal nahezu komplett zu sehen.» Der seit Jahrzehnten in London lebende Russe Tsarenkov kommt laut Milde aus der Wirtschaft und hat diese Sammlung «sehr kenntnisreich» aufgebaut. «Wer Rang und Namen hat, ist da.» Es gebe Begegnungen mit prominenten Vertretern und weniger bekannten Bildern.
«Vom Motiv her sind Neuentdeckungen dabei», sagte Milde. Dazu zählen Porträts des Dirigenten Igor Strawinsky und der Künstlerin Natalja Gontscharowa von Michail Larionow oder das Gipsmodell Architektona von Kasimir Malewitsch. «Es ist erstaunlich und bemerkenswert, was sich in Privatbesitz befindet.» Die Sammlung zeugt vom ästhetischen und visionären Aufbruch junger Künstler in Russland am Anfang des 20. Jahrhunderts, die Kulturfunktionäre, Hochschullehrer, Designer und Architekten waren.

Ihre Kunst zeigte sich auf Plakatwänden und Bucheinbänden, Tapeten, Stoffmustern oder Porzellandekors. So sind auch eine kubistische Vase, eine Suprematismus-Tasse oder eine «Rayonistische Komposition» zu sehen.