1974 ging in Sachsen die erste ostdeutsche "Doppelkappnahthose" in Serienproduktion. Zwar wurde für sie brauner Cordstoff verarbeitet, doch als Sieg der jungen Leute konnte man sie selbst so verstehen. Oder als Niederlage der Obrigkeit? Immerhin ließ sie gleichsam den Klassenfeind ins Land. Nicht lange davor hatte Walter Ulbricht, von 1950 bis 1971 Generalsekretär der SED, gewettert: "Müssen wir jeden Dreck, der aus dem Westen kommt, kopieren? Mit der Monotonie des Jäh, Jäh, Juh, oder wie das heißt, sollte man Schluss machen." Aber der Rock'n'Roll, die Musik der Beatles, die Ikonen der Mode ließen sich nicht aufhalten; auch nicht von der steinernen Barriere, mit der sich der - am heutigen Samstag vor 125 Jahren geborene - Regierungschef ein schauriges, scheinbar unumstößliches Denkmal setzte. Noch am 15. Juni 1961 hatte er den über 300 Journalisten einer internationalen Pressekonferenz in Berlin mit seinem unverwechselbar singenden Diskant versichert: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Doch genau zwei Monate danach begannen Bauarbeiter in Berlin dennoch damit. Nur Tage dauerte es, da war die heuchlerische Zusage Ulbrichts auf Zigtausenden Plakaten, Postkarten, Flugblättern zu lesen, in West und Ost. Seine Macht ging 1971 zu Ende - 1973 starb er in Groß Dölln in der Uckermark -, aber den Satirikern war und blieb er lieb und teuer. Hätte der (westdeutsche) Comiczeichner Rolf Kauka seinen Willen durchgesetzt, so träte im 1965 erstmals übersetzten Band "Asterix und die Goten" noch heute ein sächselnder Ulbricht-Vorfahr namens Hullberick auf.