Forstbetrieb Rothenkirchen Das grüne Netzwerk gedeiht

Im zweiten Standjahr entfaltet sich die ganze Blütenpracht – spätestens dann summt und brummt, kreucht und fleucht es. Foto: /Arne Dedert/dpa

Der Forstbetrieb inRothenkirchen legt wiederneue Blühwiesen mit Saatgut aus der Region an. Die Bayerischen Staatsforsten wollen so einen Beitrag leisten zum Erhalt der Biodiversität.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Wald blüht auf: Auch in diesem Jahr wird der Forstbetrieb Rothenkirchen wieder neue Blühwiesen mit regionalem Saatgut anlegen und die bereits vorhandenen pflegen. Daraus ist inzwischen ein „grünes Netzwerk“ geworden, das nicht nur Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen ist, sondern auch ein gefundenes Fressen speziell für Bienen, Hummeln oder Käfer. Damit leisten die Bayerischen Staatsforsten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität.

Für die Blühwiesen wählten die Försterinnen und Förster gezielt Waldwiesen, Wegränder und ehemalige Holzlagerplätze im bayerischen Staatswald aus, die sonnig liegen und bisher hauptsächlich von Gräsern bewachsen waren. Solche Grasflächen sind für die meisten Insekten eher uninteressant. Um daraus eine attraktive Bienenweide zu machen, wird die entsprechende Stelle bearbeitet, das heißt es werden viele kleine Saatstreifen gefräst und geeggt, um ein optimales Saatbeet für die Blütenpflanzen vorzubereiten. Eine Drillmaschine sät die Samen dann gleichmäßig ein.

Saatgut an den Wald angepasst

Da es für den Wald noch keine speziellen Saatgutmischungen gibt, werden diese gemeinsam mit erfahrenen Saatguterzeugern zusammengestellt und an die Waldbedürfnisse angepasst. „Über 40 krautartige Pflanzen, zum Beispiel echtes Barbarakraut, Wiesenplatterbse, Kriechender Günsel, Wiesen-Pippau und Kuckucks-Lichtnelke, sind in dem gebietsheimischen Saatgut aus regionalen Herkünften enthalten. Die Blumen blühen zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten, um den Insekten den ganzen Sommer über Nahrung zu bieten“, erklärt Forstbetriebsleiter Peter Hagemann. Bis alle Pflanzen blühen, dauert es allerdings bei den meisten Arten noch ein weiteres Jahr. Im sogenannten zweiten Standjahr entfaltet sich dann die ganze Blütenpracht. Spätestens dann summt und brummt, kreucht und fleucht es: Ein neuer Lebensraum für schier unzählige Tierarten.

„Blühwiesen sind mehr als eine Augenweide – sie sind Brutplatz, Nahrungsquelle, Rückzugsort und Lebensraum für viele Insekten, Säugetiere und Vögel, von denen die meisten besonders schützenswert sind“, so der Forstbetriebsleiter. Neben der Honigbiene leben in Bayern noch mehr als 500 Wildbienenarten – wobei 40 Arten bereits als ausgestorben gelten. Acht dieser Wildbienenarten kommen lediglich in Wäldern vor oder sind auf Wälder als Lebensraum angewiesen. Auch seltene Schmetterlinge wie die Spanische Flagge, welche nach europäischer Richtlinie besonders geschützt ist, fühlen sich auf den blütenreichen Wegrändern und Waldwiesen pudelwohl.

Jagdgebiete für Fledermäuse

Viele heimische und bedrohte Fledermausarten nutzen die Blühwiesen als Jagdgebiete. Nahezu alle Singvögel füttern ihre Brut in den ersten Lebenstagen mit eiweißreicher Insektennahrung. Daher wirken blühpflanzenreiche Wiesen beispielsweise für Laubsänger und Fliegenschnäpper als wahre Magneten für die Futtersuche. Wenn man sie vorfindet, ist das ein Zeichen für ein vielfältiges Ökosystem.

Allgemein gilt: Je älter die Blühwiese, desto mehr Leben tummelt sich darin. Um sie langfristig zu erhalten, benötigen sie regelmäßige Pflege. Ab dem zweiten Standjahr werden die Flächen mosaikartig gemäht, damit stets ein Rückzugsraum für die Arten erhalten bleibt. Die wiederkehrende Mahd dämmt nicht nur den Graswuchs ein, sondern verhindert auch eine langfristige Wiederbewaldung. Sie entzieht der Fläche auch Nährstoffe, welche die wertvollen Blühpflanzen nicht mögen.

Einen Lebensraum zu schaffen ist nur einer der Gründe, warum Blühwiesen angelegt werden. Die Motivation der Bayerischen Staatsforsten ist, das Ökosystem Wald als Ganzes zu bewahren. Da gehören Waldränder, Wiesen, Freiflächen und Lichtungen dazu. Denn Wildbienen und andere Insekten helfen Försterinnen und Förstern bei der Verjüngung von artenreichen und klimatoleranten Mischwäldern.

Viele Waldbäume vermehren sich mit Hilfe der Windbestäubung, andere (zum Beispiel Linde oder Vogelkirsche) werden von Insekten bestäubt. Sie investieren viel Energie in verlockende Blüten. Das zahlt sich nur aus, wenn es auch genug Insekten zum Bestäuben gibt. Und davon wiederum profitieren wir alle. Ohne Bienen und andere Bestäuber würden Obst und Gemüse für uns nicht wachsen.

Fakten und Zahlen

Der Forstbetrieb Rothenkirchen pflegt derzeit Blühwiesen in allen seinen acht Forstrevieren zwischen der Rennsteigregion im Frankenwald und dem Juraanstieg am Obermain. Seit 2018 wurden im gesamten bayerischen Staatswald rund 274 Hektar zu Blühwiese umgewandelt (Stand: Februar 2022). Mit dem Aktionsprogramm „Der Wald blüht auf“ erhalten und fördern die Bayerischen Staatsforsten bayernweit die Lebensräume und Artenvielfalt von heimischen Insekten. Dieses Naturschutzprojekt wird gefördert vom Freistaat Bayern. Mehr dazu auf www.baysf.de/waldbluehtauf oder in der Web-Reportage „Biodiversität im Wald! Blumen für Bienen, Hummeln und Co.“ auf YouTube (https://youtu.be/f0zPAm5-R90).

Autor

Bilder