Fotografie von Jutta Schmidt im Kunstverein Schönheit auf den zweiten Blick

Die Fotografin Jutta Schmidt vor einem ihrer Werke im Coburger Kunstverein. Foto: Joachim Goslar/Joachim Goslar

Jutta Schmidts Werke sind im Kunstverein zu sehen. Ihre Fotos zeigen das vermeintlich Hässliche und spiegeln die Vergänglichkeit von Natur und Mensch.

 
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Jutta Schmidts Fotos entstehen spontan, schnell und ohne Inszenierung, häufig fast beiläufig, im Vorübergehen. Ihre Bilder sind ein Gegenentwurf zu der überinszenierten und künstlichen Ästhetik wie sie in den sozialen Medien gefeiert wird. Die Preisträgerin des Blau-Orange-Kunstpreises der VR-Bank Coburg 2020, lebt und arbeitet in Hamburg und in der Vestestadt. Arbeiten von ihr wurden unter anderem im alten Hamburger Elbtunnel, in Peking, Shanghai und in Madrid gezeigt. Mit „transitum:“ präsentiert sie nun im Kunstverein Coburg ihre erste große Einzelausstellung.

Jutta Schmidt fotografiert auf ausgedehnten Reisen rund um den Globus, in ihrer Heimatstadt Hamburg und in der Natur. Die Künstlerin würdigt das Unscheinbare, das leicht Übersehbare, das Nicht-Intakte, das Individuelle. Ihre Fundstücke offenbaren ihre Schönheit oft erst auf den zweiten Blick, sind unspektakulär und brüchig. Sie arbeitet mit Unschärfe und Täuschung, Spiegelung und Verfremdung. Manche Fotografien wirken wie abstrakte Gemälde oder sie werden so stark verändert, dass das ursprüngliche Motiv nicht mehr sichtbar ist. „Meine Fotografien sind keine Dokumente, keine objektiven Abbildungen der Realität. Sie sind oft indeterminiert und rätselhaft“, so die Künstlerin.

Ein anderer Fokus liegt auf Bildern von Menschen. Die Autodidaktin zeigt sich selbst nicht gerne, auch im Netz findet man kaum Informationen über sie: „Ja, ich bin gerne unsichtbar“, erklärt sie, „denn es geht nur um das, was ich sehe und fotografiere.“ Ihre Menschenbilder entstehen intuitiv, manchmal nach kurzer Interaktion mit den Fotografierten gewissermaßen im Vorbeigehen, aber auch hier arbeitet sie konsequent ohne Inszenierung. So entstehen flüchtige Momente der Intimität wie in ihren Serien „Menschen auf Bänken“ und „Menschen im Regen“.

Ihre Wabi-Sabi Serie kreist thematisch um die Themen Vergänglichkeit und Tod, die Verletzlichkeit der Natur, das Verhältnis Natur-Mensch-Kunst. In dem japanischen Ästhetikkonzept Wabi-Sabi werden das Vergehen der Zeit und ihre Auswirkungen auf die Dinge und die Natur gewürdigt, die Vergänglichkeit als der Natur innewohnend akzeptiert. „Ich wühle optisch im Müll, um zu zeigen, dass auch das vermeintlich Hässliche Schönes besitzt“, erläutert sie. Dabei vermischt sie das Eine mit dem Anderen. Beispielhaft hierfür steht ihr vierteiliges Bild verblühter Begonien: Man erkennt erst auf den zweiten Blick die Müllreste, die neben den Pflanzen im Wasser schwimmen. Ihre Fotos von hängenden geschlachteten Tieren oder einer weinenden Puppe mit blutroten Tränen im schlammigen Wasser muten fast ein wenig gruselig an, doch auch hier möchte Jutta Schmidt Vergänglichkeit und Hinfälligkeit transportieren. „Auch das gehört zum Leben“, so die Fotografin.

Jutta Schmidt: „transitum:“

Ausstellung im Coburger Kunstverein vom 09. Juli bis 21. August.

Vernissage am 9. Juli um 16 Uhr.

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