Fränkische Dialekte Sonderfall „Ludscht“

2011 hat Daniel Leistner die Shakespeare-Spiele Ludwigsstadt gegründet. Teilweise wird in Mundart gespielt – wie hier der „Hamlet“. Foto: Archiv

Im Landkreis Kronach wird Fränkisch gesprochen. Allerdings nicht nur: Der Ludwigsstadter Dialekt tanzt völlig aus der Reihe. Theatermacher Daniel Leistner weiß, warum.

 
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Neben dem „normalen“ Kronacher Dialekt, der zwar von Ort zu Ort leicht variiert, im Kern jedoch immer gleich ist, gibt es im Landkreis sozusagen einen dialektalen einen Sonderling: das „Ludschteriche“. Denn wie die Menschen in Ludwigsstadt – oder wie sie selbst sagen würden: in „Ludscht“ – sprechen, hat mit dem Fränkischen ungefähr so viel gemein wie eine Primaballerina mit einem Sumoringer. Einer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese ganz besondere Mundart zu bewahren und bekannter zu machen, ist Theatermacher Daniel Leistner. Er stammt, wie könnte es anders sein, aus Ludscht.

„Das Besondere ist, dass die Ludschter rein geografisch schon immer Franken waren. Ihr Dialekt entscheidet sich aber total vom Fränkischen, weil es nämlich ein thüringer Dialekt ist“, erklärt er. Das liege wohl an der Nähe zu Thüringen. Die Sprachgrenze entspreche genau dem Verlauf des Rennsteigs bei Steinbach am Wald. Sie sei auch nicht fließend – die Menschen sprächen auf beiden Seiten schlagartig komplett unterschiedlich. „Der Unterschied ist wirklich massiv, das ist schon erstaunlich“, attestiert Daniel Leistner.

So sprächen die Ludwigsstadter beispielsweise das „R“ hinten, während es im restlichen Landkreis vorne gerollt werde. „Vor der Grenzöffnung, als ich noch Schüler war, wurden wir in Kronach in der Schule deshalb immer arg verspottet“, erinnert er sich. Alle hätten sich über den Dialekt lustig gemacht, weil er für Nicht-Ludschter doch recht merkwürdig klinge. „Und ich dachte, alle anderen sprechen merkwürdig“, erzählt er schmunzelnd.

Interessant sei, dass das Ludschteriche nicht als rein thüringischer Dialekt durchgehe, sondern auch mit sächsischen Einschlägen durchsetzt sei. „Vor ein paar Hundert Jahren wurden beim Schieferbergbau Gastarbeiter aus Sachsen eingesetzt. Die haben den Ludschter Dialekt mitgeprägt und mitgefärbt“, weiß Daniel Leistner. Deswegen klinge er für Außenstehende dem Sächsischen oft fast ähnlicher als dem Thüringischen. „Aber sowohl ein Sachse als auch ein Thüringer würden sagen: Das sind nicht wir“, meint er lachend. Er sei halt speziell, der Ludschter Dialekt. Da fällt Daniel Leistner gleich noch eine witzige Anekdote ein: „Nach der Grenzöffnung waren meine Eltern im Urlaub und haben miteinander geplaudert. Da wurden sie von einem Sachsen angesprochen mit den Worten: Na, wann habt denn ihr rübergemacht?“

Ihn als Ludwigsstadter und Theatermacher habe es gereizt, zum Erhalt dieses besonderen Dialektes beizutragen und ihn kulturell zu verwenden. Deswegen habe er 2011 die Shakespeare-Spiele Ludwigsstadt gegründet, wo seither jedes Jahr die größten Klassiker der Weltliteratur – zum Teil – im Dialekt präsentiert werden. „Also zwei, drei Schauspieler sprechen Dialekt, der Rest spricht Hochdeutsch. Man versteht es auch problemlos als Auswärtiger“, versichert er. Das sei ihm auch wichtig, schließlich solle es ja nicht nur ein Theater für die Einheimischen sei, sondern für jedermann. lobbi

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