Frankenwald-Gymnasium Kronach Klassenzimmer wird zum Plenarsaal

Heike Schülein

Es wird debattiert, geklatscht, nachgefragt und taktiert. Die Klasse 10 b des FWG erprobte sich als Parlamentarier. Ziel war es, ein Umweltgesetz für Kronach zu erarbeiten.

 
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Kronach - Eine Glocke tönt am Dienstagnachmittag durch das zweite Obergeschoss des Frankenwald-Gymnasiums. Das ungewöhnliche Geräusch signalisiert den Schüler-Abgeordneten, sich im Plenum zusammenzufinden. Die Klasse 10b hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Basis der Bundestagswahlprogramme der Parteien ein Umweltgesetz für Kronach zu schreiben: Ein wahrlich ambitioniertes Unterfangen.

Das länger angelegte Klassenprojekt begann bereits vor den Herbstferien. Eine Wahlbenachrichtigung informierte die zukünftigen Wähler darüber, ihr eigenes Parlament zu wählen. Zentral dabei sollte nicht das Gesamtprogramm der Partei sein, sondern vor allem deren Stellung zu Fragen der Umwelt und des Klimas. Am Tag der Wahl war die Stimmung im Klassenzimmer angespannt.

Zwischen dem Sozialkunde-Unterricht wurde ein Wahllokal eingerichtet, ein Wahlvorstand gebildet und eine Wahl durchgeführt, während Studienrat Tobias Pohl über die Grundlagen der Demokratie informierte.

Nach der Auszählung stand fest: Die Grünen haben mit 30.7 Prozent der Stimmen die Wahl vor der FDP. gewonnen. Abgeschlagen auf Platz drei und vier landeten die SPD und die CSU. Nach der Wahl ist vor dem Plenum, das auf Basis des Wahlergebnisses von der Klasse bestellt wurde. „Damit es für die Schüler überschaubar bleibt, legt das Parlament in dem Projekt den Fokus auf den Landkreis Kronach.

Allein die Fragen, die sich Kronach bezüglich einer gerechten und sinnvollen Klima- und Umweltpolitik entgegensieht, fordern die Jungparlamentarier genug heraus!“, zeigte sich Tobias Pohl sicher. An einem typischen Novembertag trat das Parlament der Jungabgeordneten dann zusammen: Die Schüler wandelten sich zu Abgeordneten und bestimmten einen Vorsitzenden . „Man muss jetzt ein Gesetz schreiben, das die Weichen für die Zukunft stellt; die möglichen Horrorszenarien von morgen zu verhindern weiß“, verinnerlichte die Fraktionsvorsitzende der Grünen bei der Eröffnung der Debatte. Es gehe darum, den Landkreis Kronach umweltpolitisch gänzlich neu aufzustellen.

Hitzige Debatte

Gespannt hörten die jungen Parlamentarier zu. Bereits mit der zweiten Rede wurden sie mutiger, meldeten Zwischenfragen an. „Natürlich tritt jeder hier in diesem Plenum für eine neue Umweltpolitik ein. Sie muss aber machbar und finanzierbar, durch die Unternehmen stemmbar sein!“, appellierte die Fraktionsvorsitzende der FDP. Mit profundem Wissen machte sie darauf aufmerksam, dass jedes umweltpolitische Bestreben darauf abgestimmt sein muss, was hier im Landkreis möglich ist. „Wir können doch nicht Teile des Frankenwaldes roden, um Windräder aufzustellen!“ Und urplötzlich das Klatschen ihrer Fraktion, gepaart mit dem widerwilligen Gemurmel anderer Fraktionen. „Der Eifer, mit dem debattiert wird, ist grandios“, würdigte der Projektleiter. Die Schüler realisierten langsam, wie schwierig es sei, ein Gesetz zu verfassen ist.

Die Fraktionen zogen sich zurück und berieten, was genau wie in einem möglichen Gesetz stehen soll. Unterbrochen wurden die Prozesse der politischen Praxis, das Abwägen von Positionen, das Gewichten von Inhalten durch parteitaktische Zusammentreffen und Verabredungen. Es ging um Mehrheiten. Es begann das parteipolitische Taktieren – ein anstrengender, herausfordernder Prozess.

Die Glocke des Sitzungsleiters tönt durch den zweiten Stock. Die Abgeordneten kommen zur letzten Aussprache zusammen. „Wir haben festgestellt, dass wir mit der SPD und den Linken deutlich größere Schnittmengen haben“, verdeutlicht die 2. Fraktionsvorsitzende der Grünen. Man könne derzeit mit der FDP nicht auf einen Nenner kommen, da sich diese bezüglich ihrer Umweltpolitik nicht einig sei. Die Union überlegt sogar am Rednerpult, ob man das Umweltprogramm der Grünen akzeptiere, nicht sogar mit den Linken zusammenarbeite, zumindest bei diesem Gesetzesvorhaben. Eine Überraschung für alle! In den Fraktionen mault es.

Es ist kein Gesetz entstanden. Darum ging es bei dem Projekt auch nicht – und der frische Wind des Parlamentarismus? Er wurde nicht vertrieben. Vielmehr bleibt die Erfahrung, das energische, emotionale Ringen um ein Gesetz und der Gedanke, noch mehr Parlamentarismus zwischen Klassenräumen machen zu müssen.

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