Freiherr Ludwig von Würtzburg Der letzte Ritter von Mitwitz

Friedrich Bürger

Mit dem Tod des Freiherrn Ludwig von Würtzburg endete vor 100 Jahren eine besondere Ära in dem Ort. Das hing auch mit den Wirren des Ersten Weltkriegs zusammen, die Ludwigs einzigem Sohn das Leben kosteten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mitwitz - Rund 350 Jahre haben die Freiherren von Würtzburg das einst ritterschaftliche Dorf Mitwitz dominiert. Das besondere Verhältnis zwischen adliger Herrschaft und „Untertanen“ begann mit dem Erwerb des Mitwitzer Wasserschlosses im Jahr 1575 sowie des Oberen Schlosses 1594 unter Hans Veit I. von Würtzburg. Mit dem Kauf der beiden Schlösser und umfangreicher Ländereien rund um Mitwitz besaß die Mitwitzer Herrschaft der von Würtzburg eine außergewöhnlich starke Stellung, die durch die Grund-, Patronats- und Gerichtsherrschaft (bis 1848) jahrhundertelang zementiert war.

Wenngleich nach der 1848er-Revolution zahlreiche Rechte abgegeben werden mussten, reichte allein der vorhandene Besitz zu einer Sonderstellung in der Region. Mit dem Tod des 76-jährigen Freiherrn Ludwig von Würtzburg am 11. Januar 1922, also vor fast genau 100 Jahren, endete diese außergewöhnliche Epoche in Mitwitz.

Freiherr Ludwig von Würtzburg kam 1845 als zweiter Sohn von Baron Philipp Hartmann Veit von Würtzburg (1811–1897) und dessen englischer Gemahlin Annie von Würtzburg (1815–1894), geborene Lyons, zur Welt. Er machte schon früh mit seinen Eltern Reisen nach England, der Heimat seiner Mutter.

Verlobung unter einer Blutbuche

Nach seinem juristischen Studium kam er auch nach Bamberg in die Gesellschaft des griechischen Hofes, an dem ja sein Vater Oberhofmeister der exilierten griechischen Königin Amalie war. Dort entflammte ihn Regina Chariklia Philon, die als Schönheit überall bekannte Hofdame der Königin. Die Verlobung fand unter einer Blutbuche im Bamberger Hofgarten statt. 1873 heirateten Ludwig und Regina. Der Erzbischof selbst traute das Paar im Dom.

Im Krieg gegen Frankreich meldete sich Ludwig 1870 als Freiwilliger. Am 23. Oktober 1870 war er auf dem Marsch gegen Orleans Quartiermacher. Am 22. November 1870 hatten die Königs-Chevauxlegers blutige Kämpfe bei La Ferte St. Bernard mit starken feindlichen Kräften zu bestehen, bei denen sich Ludwig von Würtzburg besonders hervortat. Im weiteren Verlauf des Krieges erhielt er mehrere Auszeichnungen für allgemeines tapferes und braves Verhalten während des Feldzugs. Nach dem am 10. Mai 1871 zu Frankfurt geschlossenen Frieden verweilte er noch einige Zeit bei den Besatzungstruppen in Frankreich.

Im Jahr 1874 erblickte sein Sohn Edmund, zwei Jahre später seine Tochter Annie das Licht der Welt. Rund fünf Jahre nach der Geburt seines Sohnes verließ Ludwig von Würtzburg den Militärdienst und verbrachte nun den größten Teil des Jahres mit seiner Familie in Mitwitz.

Abschied vom Militärdienst

Leicht fiel ihm das Quittieren seines über alles geliebten Militärdienstes nicht. Aber das Alter seines Vaters und der geistliche Stand seines Bruders erforderten zur Beaufsichtigung und Verwaltung der Güter die Hand Ludwigs. Somit verließ er endgültig den Militärdienst unter Stellung à la suite der Armee. Doch er hielt auch weiterhin Verbindung mit seinem Chevauxlegers-Regiment und erhielt von Zeit zu Zeit eine Beförderung. 1902 wurde er beispielsweise zum Oberst ernannt. Überhaupt liebte Ludwig von Würtzburg militärische Feste.

Nach dem Verlassen des Militärdienstes begann für Ludwig die Zeit der Arbeit. Es gab viel zu tun in Mitwitz, in Haus und Hof, etwa mit der Erneuerung des Oberen Schlosses, aber auch in Feld und Wald. Dazu kamen auch noch gesellschaftliche Pflichten. Nicht nur war Mitwitz während des Sommers Ziel und Anziehungspunkt vieler Freunde des Würtzburgischen Hauses. Namentlich, als die Herzogin von Edinburgh eine Zeit lang in Coburg residierte, ging ein reger Verkehr hin und her.

Durch den Tod seines Onkels Karl von Würtzburg und den Verzicht seines Vaters und auch Bruders konnte Ludwig von Würtzburg ungehindert in den Genuss der bayerischen Reichsratswürde eintreten. Am 27. Januar 1888 wurde er in den Reichsrat der Krone Bayerns eingeführt. Seine Begeisterung für das bayerische Militär durchblitzte manche Äußerung, die er im Laufe seiner Tätigkeit im Reichsrat zu militärischen Fragen hören ließ. Im Mai 1892 empfing Ludwig von Würtzburg den bayerischen Prinzen Ludwig – der ab 1913 als bayerischer König Ludwig III. regierte – in Mitwitz, 1894 außerdem den damaligen Prinzregenten Luitpold.

Als sich 1903 seine Tochter Annie mit dem Reichsrat Theodor II. von Cramer-Klett in der Schlosskapelle in Mitwitz vermählte, ging für den Vater Ludwig ein Traum in Erfüllung. Cramer-Klett war vorher zum katholischen Glauben konvertiert und gehörte damals zu den reichsten Männern Bayerns.

Tod in den Armen des Vaters

Eine Lage sonderbarer Art schuf für Ludwig von Würtzburg der Erste Weltkrieg. Er schickte seinen Sohn Edmund, der bei den Ulanen gedient hatte, in der Vollkraft seiner Jahre hinaus; er selbst an der Schwelle des Greisenalters wollte aber auch nicht zurückstehen – er, der schon 1870/71 auf den Schlachtfeldern Frankreichs gekämpft hatte. So stellte er sich seinem König zur Verfügung, der seine Dienste bereitwillig annahm. Und während seine Gemahlin in den Lazaretten in München tätig war, ging Ludwig von Würtzburg im Herbst 1914 an die Front nach Frankreich, wo er beim Generalkommando des 1. Bayerischen Armeekorps tätig war.

Am 2. August 1915 erlag sein einziger Sohn Edmund Freiherr von Würtzburg seinen in den Kämpfen erlittenen Wunden. Er verschied in den Armen seines Vaters. Ludwig von Würtzburg ließ seinen Sohn 1917 in der eigens dafür erbauten Gruft im Park des Oberen Schlosses in Mitwitz bestatten.

Der Tod seines einzigen Sohnes, der Zusammenbruch und Umsturz des Reiches nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, dann noch der Tod seiner Gattin Regina im Jahr 1919: All das waren harte Schläge, die rasch nacheinander auf den „alten Herrn“ niedergingen. Als „der letzte Ritter“ Freiherr Ludwig von Würtzburg als Symbol einer versunkenen Zeit hoch zu Ross dem bayerischen König Ludwig III. in München im November 1921 das letzte Geleit gab, waren bald auch die Tage des Mitwitzer Reichsrats gezählt. Er starb ein paar Wochen später, am 11. Januar 1922, in Hohenaschau.

Ehrenbürger

In Mitwitz erinnert heute noch die Ludwig-Freiherr-von-Würtzburg-Straße an den vor 100 Jahren verstorbenen Ehrenbürger und Ehrenvorstand des Turnvereins 1889. An dem schmiedeeisernen äußeren Tor des Oberen Schlosses können aufmerksame Besucher das Monogramm LW für Ludwig von Würtzburg und RW für die Gemahlin Regina von Würtzburg entdecken, ebenso am Eingang zur katholischen Schlosskapelle im Wasserschloss.

Auf einer Gedenkplatte, die für den Freiherrn gestiftet wurde und die sich neben der Grabkapelle im Oberen Schloss befindet, liegt das Wappen der freiherrlichen Familie von Würtzburg (das „Würtzburger Männla“), allerdings ist es um 180 Grad gedreht und steht auf dem Kopf, „es ist gestürzt“: ein Zeichen für das Erlöschen dieses uralten fränkischen Adelsgeschlechts in männlicher Linie.

Das Erbe ging an Baronin Annie von Cramer-Klett geborene von Würtzburg über, die 1952 starb.

Bilder