Drei Pestausbrüche in 120 Jahren
Das Alter der untersuchten Knochen lag überwiegend zwischen 5200 und 4900 Jahren, wie die Forscher schreiben. Zusammen mit den gefundenen Erregervarianten weist das Alter der Gebeine darauf hin, dass diese Menschen über einen Zeitraum von rund 120 Jahren mindestens drei verschiedenen Pestausbrüchen zum Opfer fielen.
Aus der Zahl und Verbreitung der Toten pro Krankheitswelle schließen die Forscher, dass die ersten beiden Pestausbrüche lokal verliefen. Beim dritten Ausbruch könnte es sich jedoch um eine größere Epidemie gehandelt haben.
Tödliche oder chronische Epidemie?
Die in den Toten gefundenen Varianten von Yersinia pestis weisen genetische Charakteristika des älteren Pest-Erregers Yersinia pseudotuberculosis auf. Die Kombination könnte den Erreger noch infektiöser gemacht haben. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der jüngste von uns identifizierte Peststamm epidemisches Potenzial gehabt haben könnte”, erklärt Seersholm.
Die Funde belegen, so das Fazit der Wissenschaftler, dass die Pest schon zur Jungsteinzeit tödliche Epidemien auslösen konnte. Das legt nahe, dass die Pest entscheidend am Niedergang der Neolithischen Kultur beteiligt gewesen sein könnte, resümiert das Forscherteam.
Demnach könnte die Pest auch schon lange vor den großen Ausbrüchen im Mittelalter die Bevölkerung Europas stark dezimiert haben. Ebenso sei es jedoch auch möglich, dass die Pest zur Jungsteinzeit zwar sehr ansteckend, aber nicht unbedingt tödlich war. Es könnte sich auch um „eine weniger schwere oder chronische Krankheitsmanifestation“ gehandelt haben, so die Forscher.
Info: Pest – Geißel der Menschheit
Yersenia pestis
Die Pest ist Inbegriff ansteckender, todbringender Krankheiten. Durch das Bakterium Yersenia pestis ausgelöste Pandemien rafften Millionen Menschen dahin. Daneben gab es in der Spätantike, im Mittelalter und in der Neuzeit immer wieder regionale Pest-Epidemien – auch in Süddeutschland. Historiker unterscheiden drei große weltweite Pest-Pandemien:
- die Justinianische Pest mit der ersten Welle in den Jahren 541 bis 544, auf die bis Mitte des 8. Jahrhunderts mehr als ein Dutzend weitere Wellen in Europa und im Mittelmeerraum folgten.
- der Schwarze Tod, der Europa, Vorderasien und Nordafrika im 14. Jahrhundert heimsuchte.
- die Dritte Pandemie, die ab Ende des 19. Jahrhunderts in Süd- und Ostasien wütete und sich auch nach Madagaskar und Lateinamerika ausbreitete.
Schwarzer Tod
Besonders betroffen aber waren fast immer Hafenstädte und Ballungsgebiete. Die extreme Sterblichkeitsrate durch die großen Pestepidemien im 14. und 15. Jahrhundert führte auch in Süddeutschland zu verheerenden Bevölkerungsverlusten. So wurde die Bevölkerung in Württemberg und der Pfalz bis zu 50 Prozent dezimiert. In Bayern, Schwaben und Franken starben zwischen 30 und 50 Prozent der Bewohner.
Epidemien
Doch war es wirklich immer die durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelöste Infektionskrankheit? Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit grassierte mehr als eine Seuche. Ruhr, Infektionen der Atmungsorgane, Tuberkulose, Typhus, Grippe, Masern, Pocken, Cholera, Lepra: Eine Epidemie folgte über Jahrhunderte in Europa der nächsten. Um welchen Erreger es sich konkret handelte, lässt sich heute – auch aufgrund der oft mageren Quellenlage – kaum noch rekonstruieren. Vor allem in Kriegszeiten wie während des Dreißigjährigen Krieges 1618 bis 1648 wüteten Pest und Fleckfieber – auch Kriegspest genannt. Erreger der durch Läuse und Flöhe übertragenen Infektion sind Bakterien der Gattung Rickettsien. 1633 bis 1635 gehören zu den schlimmsten Pestjahren in der deutschen Geschichte. So starben nach der Schlacht von Nördlingen im August 1643 Tausende an der Pest.