Früherkennung Coburger Erfindung lindert Hüftprothesen-Leid

Natalie Schalk, FH Coburg

Das Bundesforschungsministerium honoriert die innovative Forschung eines Studenten in der Früherkennung mit 150 000 Euro. Was die Erfindung an der Hochschule Coburg so besonders macht.

 
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Jan Lützelberger und Professor Klaus Stefan Drese haben ein Verfahren entwickelt, mit dem eine Lockerung bei Hüftprothesen frühzeitig erkannt wird. Foto: Natalie Schalk/FH Coburg

Die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) des Bundesforschungsministeriums hat ein neues Format, um Innovationen aus der Forschung schneller in die Praxis zu bringen: Für DATIpilot gab es deutschlandweit etwa 3000 Bewerbungen. Das Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg war mit seiner Idee erfolgreich und erhält 150 000 Euro Förderung. Master-Student Jan Lützelberger aus Sonneberg und Professor Klaus Drese von der Hochschule Coburg überzeugten mit „UltraHip“, einer Sensorik zur Früherkennung von Hüftprothesen-Lockerungen mithilfe von Ultraschall.

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Zwei Millimeter sind zu viel. „Das ist wie ein dicker Pappkarton“, sagt Jan Lützelberger. Aber erst wenn ein so dicker Spalt zwischen Hüftprothese und Knochen klafft, wird das Problem auf dem Röntgenbild deutlich sichtbar. „Mit unserem neuen, ultraschallbasierten Verfahren können wir im Mikrometerbereich messen. Eine Prothesenlockerung wird auf diese Weise schon erkannt, wenn der Spalt nur so dünn ist wie ein Blatt Papier.“ Die frühzeitige Diagnose hat das Potenzial, Schmerzen, Komplikationen beim Folgeeingriff und stärkere Knochenschädigungen zu vermeiden. Lützelberger hat das neue Messverfahren im Rahmen seiner Bachelorarbeit am Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) entwickelt. Der Sonneberger hat Technische Physik an der Hochschule Coburg studiert und suchte ein praxisnahes Abschlussarbeitsthema. Angewandte Forschung ist ihm wichtig. Er wollte „etwas, das auch den Menschen hilft. Und jeder kennt doch jemanden, der eine künstliche Hüfte hat“.

Der Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks ist einer der häufigsten medizinischen Eingriffe in Deutschland. Eine künstliche Hüfte ist dabei eine geniale Verbindung von Körper und Technik. Aber sie hält nicht ewig. Irgendwann lockert sich das Implantat. Klassische medizinische Verfahren wie Röntgen oder CT sind nicht geeignet, um das frühzeitig festzustellen. Deshalb kamen Ärzte des Regiomed-Klinikum Coburg mit dem ISAT ins Gespräch. Dr. Alexander Franck, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, unterstützt das UltraHip-Team schon lange mit seiner medizinischen Expertise.

ISAT-Leiter Prof. Dr. Klaus Drese berichtet, dass bereits 2017 die Idee entstand, den Abstand zwischen Hüftprothese und Knochen mithilfe von Schallwellen zu ermitteln. „Ursprünglich gab es den Ansatz, mit sogenannten geführten Wellen zu arbeiten. Auf die jetzige Methodik sind wir über andere Projekte gestoßen“, erklärt Drese. Auf den Oberschenkel wird ein Schallwandler aufgesetzt, ein Gerät, das etwa die Größe und Form eines Lippenstiftes hat. Es sendet und empfängt Schallwellen. Fleisch, Knochen, Spalt, Metall: Jede Schicht verändert die Schallwellen und genau diese Veränderung wird per Software ausgewertet, um punktgenaue Informationen über den Spalt zu erhalten – wie dick er ist und was sich darin befindet. „In dem Thema steckte eine große Chance.“ Drese nickt seinem Studenten dabei anerkennend zu.

Die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit wurden 2023 bereits in einem bedeutenden wissenschaftlichen Fachmagazin, dem Journal Sensors, veröffentlicht. Im März wird ihm die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) den Georg-Simon-Ohm-Preis feierlich überreichen. Viel Ansehen für einen 24-jährigen Nachwuchs-Wissenschaftler. „Ich habe viele verschiedene Aspekte mitbekommen“, erzählt er. Mediziner denken anders als Physiker. „Und die Firmen haben wieder einen ganz anderen Fokus. Durch die Anwendungsnähe am ISAT fühle ich mich einfach fitter als wenn ich alles im Studium nur theoretisch gelernt hätte.“ Seit dem Bachelorabschluss studiert er Simulation und Test an der Hochschule Coburg und schreibt jetzt schon an seiner Masterarbeit zur neuen Ultraschall-Messtechnik.

Drese erklärt: „Ziel ist, die Technologie so weiterzuführen, dass sie zu einer Firma transferiert werden kann. Wir suchen einen Industriepartner.“ Für die Weiterentwicklung gibt es nun schon einmal 18 Monate lang Unterstützung durch die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) des Bundesforschungsministeriums. Das neue Konzept DATIpilot soll gute Ideen und Forschungsleistungen schneller zu den Unternehmen und zu den Menschen bringen. Von 3000 eingereichten Projekten wurden 600 dazu eingeladen, ihre Idee im Rahmen eines Pitch-Vortrags zu präsentieren – bei 23 deutschlandweiten Veranstaltungen zwischen November 2023 und März 2024. Wer eingeladen ist, gehört automatisch auch zur Jury, die entscheidet, welche Projekte eine Förderung erhalten. Mit dem besonders innovativen Gedanken, dem hohen gesellschaftlichen Nutzen, einer passenden Umsetzungsstrategie und einem mitreißenden Pitch konnte „UltraHip“ das Publikum überzeugen.