Am Morgen danach durften sich Jamal Musiala, Florian Wirtz und Kollegen gleich noch mal beim Training im Düsseldorfer Paul-Janes-Stadion von rund 7000 Fans wie auf einem Volksfest abfeiern lassen. Die Heim-EM ist vorbei, die Bande zwischen Team und Fans bleibt. "Wir haben gleich wieder die Connection zu den Fans hergestellt", sagte Nagelsmann.
"Völlig losgelöst" wurden von den 49.235 Zuschauern die Treffer von Torjäger Niclas Füllkrug, Musiala und Wirtz, Premierenschütze Aleksandar Pavlovic und Elfmeterschütze Kai Havertz bejubelt. Nagelsmann wählte nachher Worte wie "Spaß", "Fleiß" und "Lust zum Siegen", um den Auftritt seiner Mannschaft zu beschreiben.
Und er sagte einen Satz, der für ihn der Schlüssel auf dem Weg in die Zukunft ist: "Die Chemie dieser Gruppe ist eine ganz andere, wenn man das mit vor einem Jahr vergleicht. Das ist der Nährboden für das, was wir irgendwann erreichen wollen." Nagelsmann hat den EM-Kader nur marginal verändert. Aber seine Stärke ist es, die Spieler auf gemeinsame Ziele einzuschwören. Und dabei denkt er nicht in Problemen, sondern immer in Lösungen.
Kein "Jammern" nach Kroos, Neuer, Müller, Gündogan
"Jammern" über die Rücktritte der letzten Rio-Weltmeister und Anführer Gündogan? Nicht mit Nagelsmann. Er ahnte schon während der EM, dass ein weiterer Umbruch, eine deutliche Verjüngung unbedingt erfolgen müssen. Das Vorbild Spanien wurde schließlich auch mit viel jugendlicher Frische Europameister, siehe Teenager Lamine Yamal oder Nico Williams.
Im Umfeld von Ankerspielern wie Kapitän Kimmich, dem pausierenden Abwehrchef Antonio Rüdiger, Pascal Groß, der neuen Nummer eins Marc-André ter Stegen oder auch dem im Abschluss glücklosen Kai Havertz können sich die Offensiv-Trümpfe Musiala und Wirtz ausleben. Weitere Youngster wie Pavlovic oder Debütant Angelo Stiller dürfen in Ruhe reifen.
Der Neu-Dortmunder Groß ersetzte Kroos im Zentrum mit Dynamik, spielerischer Finesse und einem Aktionsradius, der enorm war. "Ich glaube schon an meine Stärken, auch wenn ich keine großen Töne spucke", sagte der 33-Jährige nach seinem erst neunten Länderspiel.
Im Fokus aber standen Musiala und Wirtz. Im EM-Eröffnungsspiel am 14. Juni in München waren es die beiden 21-Jährigen, die mit ihren Toren das 5:1 gegen Schottland einleiteten. Und nun, beim fulminanten Start in die bislang nie Ernst genommene Nations League, war es wieder das Zauberduo, das die Fans mitriss. "Es macht immer Spaß, mit Flo rumzuzocken", sagte Musiala. Als "Augenweide" und "Geschenk" bezeichnete Füllkrug die Offensivzocker.