Gedenkgottesdienst in Kronach Zwei unbequeme Nein-Sager

Rainer Glissnik
  Foto: /Rainer Glissnik

Bei einem Gottesdienst in der Kronacher Pfarrkirche wird an Johannes den Täufer sowie an den Märtyrer Matthias Kaiser erinnert. Beide haben einiges gemeinsam.

 
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Kronach - In der Kronacher Pfarrkirche St. Johannes Kronach wurden das Patronatsfest von Johannes dem Täufer begangen. Gleichzeitig feierte man den 100. Geburtstag des Kronacher Märtyrers Matthias Kaiser, der seinen Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime mit seinem Leben bezahlte.

„Ehren wir miteinander Matthias Kaiser weiter für seinen Mut, für seinen Widerstand gegen Unmenschlichkeit, gepaart mit Rassenwahn“, appellierte Leitender Pfarrer Thomas Teuchgräber an die Gottesdienstbesucher. „Handeln wir immer menschlich und treten wir überall für Menschlichkeit in unserer Gesellschaft ein. Für die Menschenwürde und die Menschenrechte, für die Freiheit und Gleichheit aller Menschen.“

Johannes wurde als Sohn einer lange Zeit in priesterlicher Tradition lebenden Familie geboren. Seine Mutter war Elisabeth, sein Vater Zacharias arbeitete als Priester im Tempel. Wer viel habe, müsse sich solidarisch zeigen mit denen, die wenig haben, forderte Johannes. Keiner dürfe sich auf Kosten anderer nach oben arbeiten. Der Priestersohn hatte keine Angst vor den Mächtigen seiner Zeit. Wie könne es denn kommen, dass aus braven bürgerlichen Familien, die in der Tradition der Religion beheimatet sind, so unbequeme Nein-Sager kommen, fragte Teuchgräber und zog Parallelen zu Matthias Kaiser. Dieser habe sich für den Militärdienst zur Verfügung gestellt, aber die Verlogenheit und Brutalität des Hitler-Regimes erkannt. „Und er sagte dazu Nein“, erklärte Teuchgräber. Kaiser habe sich das Nachdenken nicht verbieten und sich nicht verbiegen lassen. „Er war ein frommer junger Katholik geworden und er wollte nach dem Krieg Priester werden“, sagte der Pfarrer und betonte: „Ich möchte dass sein Andenken hier von Dauer bleibt.“ Deshalb sei gemeinsam mit der Kirchenverwaltung 2019 zum 75. Todestag Kaisers ein Relief geschaffen worden.

Absolute Nazi-Gegner

Durch die politische Einstellung der Eltern und das Kennenlernen von Jugendseelsorger Jupp Schneider in Bamberg im Schuljahr 1938/39 seien sie „zu absoluten Gegnern der Nazis“ geworden, zitierte Teuchgräber aus den Erinnerungen von Matthias Kaisers Schwester Lore. Matthias habe seinen Wehrdienst aus Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl geleistet, aber auch deshalb, weil er schlicht keine Alternativen gehabt habe. Dabei habe er sehr gelitten. Er war sich bewusst geworden, dass er dabei möglicherweise umkomme, beschrieb Lore Kaiser. 1942 habe er nach einer schweren Schussverletzung schon sein Testament angefertigt. Als er mit 23 Jahren sein Todesurteil durch das Kriegsgericht bekam, sei ihm nicht mehr bange gewesen.

„Matthias Kaiser war wegen seiner christlich geprägten Konsequenz in seiner Haltung 1944 in die Mühlen der erbarmungslosen Nazi-Maschinerie geraten“, sagte der Pfarrer. Es sei ihm keine Schuld anzulasten gewesen. Eigentlich hätte das kurze Zurückziehen der ihm unterstellten Soldaten als vorausschauendes Handeln anerkannt werden müssen. Andere hätten dafür einen Verdienstorden bekommen, meinte Teuchgräber, dies wäre nicht als Feigheit vor dem Feind verurteilt worden. Einen Offizier mit Gebetbuch und Rosenkranz mochten die seinerzeitigen Kommandeure an der Ostfront jedoch nicht in ihren Reihen haben. Umso weniger, als der Krieg immer radikaler und brutaler wurde. Nur so sei es zu erklären, warum der Antrag auf eine Haftstrafe nach wenigen Minuten von den Richtern in die Todesstrafe umgewandelt worden sei.

Fester Glaube

„Wir erleben einen eindrucksvollen Gedenkgottesdienst für einen bedeutenden Märtyrer des 20. Jahrhunderts“, würdigte Sabine Groß für die Stadt Kronach. Sie sei beeindruckt von Kaiser und seinem festen Glauben. „Wie unerschrocken er handelte, obwohl er wusste, dass ihm das Standgericht blühen kann und dass man auch seinen Ruf schändet, indem man ihm Feigheit vor dem Feind vorwirft. Wie muss es den Eltern ergangen sein mit der Hinrichtung und der Schändung seines Namens?“

An dem Gedenkgottesdienst nahmen auch Walter und Liane Kilian aus Anklam teil, die das Grab Kaisers in Anklam pflegen. Aus Freiburg war die heute 96-jährige Jugendfreundin Kaisers, Gertrud Pippel, aus Bad Kreuznach der frühere Kronacher Christoph Zeckai. Er hatte gemeinsam mit Lore Kaiser vor 37 Jahren dafür gesorgt, dass das Schicksal von Matthias Kaiser auch in seiner Heimatstadt Kronach bekannt wurde.

Umrahmt wurde der Gottesdienst vom Percussion-Ensemble der Berufsfachschule für Musik mit Günther Peppel, Jannis Bock, Felix Grasser und Kilian Piontek sowie von Rainer Endres an der Orgel.

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