Wenn das Immunsystem durch eine zuvor schon vorhandene niedrigschwellige Entzündung gestresst ist, ist dies eine schlechte Ausgangsposition für den kräftezehrenden Kampf mit Sars-CoV-2 oder anderen Viren. Die Immunantwort fällt schwächer aus als normal, und die Infektion besteht länger.
Was haben denn viszerales Fettgewebe und das Coronavirus miteinander zu tun?
Im Bauchfettgewebe befinden sich außer den Fettzellen auch diverse Immunzellen: weiße Blutkörperchen, sogenannte Killerzellen, die abnormale Zellen wie Tumorzellen und virusinfizierte Zellen erkennen und abtöten können, sowie Fresszellen. Diese Immunzellen und die Fettzellen haben eine Gemeinsamkeit: Alle haben auf ihrer Oberfläche Andockstellen – ACE-2-Rezeptoren – für das Coronavirus. Die benötigt das Virus, um in eine Zelle zu gelangen und sich dort zu vermehren. Prall gefüllte Fettzellen sind besonders beliebt. Aber das Coronavirus infiziert auch Zellen im Fettgewebe und beeinflusst damit ihre Funktion. Ob die Viren im Fettgewebe auch Long-Covid- und Post-Covid-Beschwerden begünstigen können, ist noch nicht geklärt, aber im Prinzip möglich. Eine bereits im Fettgewebe schwelende Entzündung könnte durch die Infektion mit dem Coronavirus beeinflusst werden. Wir stehen aber erst am Anfang der Forschung zur Wechselwirkung zwischen Covid-19 und der Funktion des Fettgewebes.
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Das Immunsystem von fettleibigen Menschen oder Typ-2-Diabetikern ist von vornherein bereits geschwächt. Warum ist das so?
Übergewicht kann eine Insulinresistenz verursachen. Körperzellen reagieren dann nicht mehr empfindlich genug auf das Hormon Insulin, dessen Aufgabe es ist, die Zellen zur Blutzuckeraufnahme zu veranlassen. Der Blutzuckerwert steigt deshalb an. Wenn Immunzellen insulinresistent sind, reagieren sie langsamer auf Infektionen. Deshalb können sie gegen Sars-CoV-2 oder auch gegen Grippeviren nur wenig ausrichten. Das erhöht dann auch das Risiko für lebensbedrohliche Immunreaktionen zum Beispiel bei Grippeerkrankungen. Muss ein Patient wegen einer Infektion ins Krankenhaus, sollte eine Insulinresistenz daher immer mitbehandelt werden.
Was sollten Betroffene tun, um ihre Gesundheit zu schützen?
Erstens: Sie sollten sich, wenn ansonsten nichts dagegenspricht, unbedingt impfen lassen. Deutliches Übergewicht und Fettleibigkeit, also Adipositas, sind im Hinblick auf Corona als Vorerkrankungen zu sehen. Betroffene haben ein schwächeres Immunsystem als normalgewichtige gesunde Gleichaltrige. Zweitens: Das Bauchfett muss weg. Nach einer radikalen Diät oder magenverkleinernden Operation verringert sich auch die Anzahl der veränderten Immunzellen im Fettgewebe. Jedes Kilogramm weniger wirkt sich damit indirekt auch antientzündlich aus. Das Immunsystem wird wieder schlagkräftiger.
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Der Diabetologe
Werdegang
Matthias Blüher hat Medizin an der Universität Leipzig studiert. Im Zuge seiner Facharztausbildung für Innere Medizin arbeitete er unter anderem an der Havard Universität in Boston. Seit 2005 ist Matthias Blüher Professor für Endokrinologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Auszeichnung
2003 erhielt Blüher für seine Tätigkeit außerdem den Deutschen Adipositas Forschungspreis.