Geflüchtete aus der Ukraine Ebern rüstet sich für die Erstaufnahme

Christian Licha

Nicht nur auf Schloss Weißenbrunn, auch in Ebern selbst richtet man sich auf die Geflüchteten aus der Ukraine ein. Unter anderem entsteht in der Frauengrundhalle eine Notunterkunft.

 
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„Wir sind gut gerüstet“, sagt Bürgermeister Jürgen Hennemann am Samstagnachmittag bei einem Pressetermin in der Frauengrundhalle. Um ihn herum ein geschäftiges Treiben. Mit dabei sind die Freiwilligen Feuerwehren aus Ebern und Eyrichshof, die mit zwei Dutzend ehrenamtlicher Helfer die Zimmer im Bereich der ehemaligen Großküche für Flüchtlinge aus der Ukraine herrichten.

„Ich will etwas für die Kinder tun, die mit ihren Familien flüchten mussten“, sagt der achtjährige Benjamin Prediger, der gerade eine Liege vom Feuerwehrauto wuchtet und in die Halle bringt. Das Helfer-Gen scheint ihm im Blut zu liegen, denn als sein Vater Manuel Prediger, seines Zeichens Feuerwehrkommandant in Eyrichshof von der Aktion zu Hause erzählte, war er sofort Feuer und Flamme: „Papa, da will ich auch mit und helfen“.

Sechs relativ geräumige Zimmer an der Außenseite des Gebäudes werden hergerichtet. Die Lage der Zimmer ist den Helfenden sehr wichtig, denn so kommt auch Tageslicht durch die Fenster in das Innere und schafft eine ganz andere Atmosphäre wie bei nur künstlich beleuchteten Räumen. Ausgestattet mit Doppelbetten, Einzelbetten und Liegen finden hier sechs Familien mit bis zu insgesamt 25 Personen eine vorübergehende Bleibe. Dabei soll die Unterkunft in der Frauengrundhalle nicht als Erstaufnahmestelle dienen, sondern denjenigen Flüchtlingen einen längeren Aufenthalt ermöglichen, die vielleicht in Privathaushalten keinen Unterschlupf finden.

Zuvor waren die Helfer im ehemaligen Gasthof Zur Post in der Innenstadt am Werke. Das alte Gasthaus, das in ein paar Monaten abgerissen werden und so dem Neubau der Landesbaudirektion Platz machen soll, ist eine wahre Fundgrube, wie Bürgermeister Jürgen Hennemann berichtet. In den Fremdenzimmern steht noch die komplette Ausstattung an Möbeln, zwar nicht im neuesten Stil der Zeit, aber das spielt keine Rolle. „Ihren Zweck erfüllen die Betten, Schreibtische und Schränke allemal“, ist sich Hennemann sicher, der zuerst eine Unterkunft für Flüchtlinge direkt im Gasthof ins Auge gefasst hatte. Das zerschlug sich aber dann, als dem Stadtoberhaupt bekannt wurde, dass dort schon sämtliche Versorgungsleitungen gekappt sind, also keine Entnahme von Strom, Gas und Wasser mehr möglich ist.

„Die Versorgungsleitungen wieder herzurichten, wäre ein zu großer Aufwand gewesen, zumal spätestens Ende dieses Jahres das Gebäude Vergangenheit ist“, so der Bürgermeister. „Wir helfen gerne und überall wo Not am Mann ist“, sagt Eberns Feuerwehrkommandant David Pfeufer, als er gerade zusammen mit einem Kameraden die letzte Matratze auf den Stapel in der ehemaligen Gaststube wuchtet.

„Das war ein Glücksfall, dass hier noch alles vorhanden war“, pflichtet Nicole Tusch bei, die gerade hilft den letzten Schrank zu zerlegen, bevor dieser zusammen mit allen anderen Sachen in die Frauengrundhalle transportiert wird. Die 25-Jährige ist ganz neu bei der Feuerwehr Ebern und macht gerade ihre modulare Truppmannausbildung, die Voraussetzung für alle Feuerwehrleute, um einsatzfähig zu sein. Freilich bedarf es für einen Hilfseinsatz wie jetzt keine besonderen Voraussetzungen. Deshalb hat Nicole Tusch sofort „hier“ gerufen, als der Kommandant das Anliegen verkündete. Die in Ebern aufgewachsene junge Frau wohnte einige Zeit in einem anderen Teil Bayerns, ehe es sie jetzt zurückzog in ihre Heimatstadt. Auch sie hat das Helfen sehr verinnerlicht, ist sie doch gelernte Krankenschwester und arbeitet tagtäglich im Eberner Haus an der Eiswiese des Sozialpsychiatrischen Zentrums der Diakonie Bamberg-Forchheim mit Menschen zusammen, die Hilfe benötigen.

„Einige Menschen aus der Ukraine haben schon bei uns in Ebern und Umgebung Privatunterkünfte gefunden“, sagt Bürgermeister Hennemann in Bezug auf diejenigen Flüchtlinge, die gezielt in die Türmerstadt wollten, weil sie etwa Verwandte oder Freunde hier haben. Die eigentliche offizielle Verteilung wird aber über den Bezirk Unterfranken organisiert. Dieser teilt bei Bedarf den Landkreisen mit, wie viele Menschen dort aufgenommen werden sollen. Die Landkreise wiederum wenden sich dann mit dem Anliegen an ihre Städte und Gemeinden. „Es kann gut sein, dass vielleicht schon in den nächsten Tagen ein Bus mit Familien und Kindern zu uns kommt“, erklärt Hennemann den organisatorischen Ablauf. Als Erstaufnahmeeinrichtung stellt die Stadt Ebern ihre Turnhalle auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände zur Verfügung. Dort waren zuvor zahlreiche Helfer des BRK Haßberge tätig und haben mit Feldbetten und räumlichen Trenn-Elementen eine Schlaf- und Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen. Insgesamt bis zu 110 Personen finden hier Platz. Dabei ist es das Ziel, diese Personen sobald als möglich in Privatunterkünfte oder in ähnlichen Räumen, wie eben den Bereich der ehemaligen Großküche in der Frauengrundhalle unterzubringen.

Die Unterbringung in der ehemaligen Bundeswehrturnhalle hat den Vorteil, dass der Schulbetrieb nicht beeinträchtigt wird. Die Sportstätte vor den Toren der Stadt haben nämlich ausnahmslos Vereine für ihre Aktivitäten angemietet. Und die zeigten vollstes Verständnis für die nun anderweitige Hallenbelegung, wie Bürgermeister Hennemann erzählt. Überhaupt sind sehr viele der 125 Eberner Vereine und der Kulturring als Vereinszusammenschluss mit im Boot, um die Zukunftssorgen ukrainischer Mitmenschen wenigstens mit Unterbringungsmöglichkeiten und anderen Hilfsangeboten zu mildern.

Zudem ist schon jetzt klar, dass es für alle ukrainischen Schulkinder ab der fünften Jahrgangsstufe eine gemeinsame Betreuungsklasse geben wird. Das Friedrich-Rückert-Gymnasium, die Dr.-Ernst-Schmidt Realschule und die Mittelschule Ebern haben sich darauf verständigt und organisieren dementsprechendes. Weiterhin ruft Bürgermeister Jürgen Hennemann nochmals alle Privatpersonen auf, sich bei der Stadt Ebern zu melden, wenn sie vorübergehenden Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen können.

Etwas verwundert zeigte sich Bürgermeister Hennemann anfangs über die Kommunikation mit dem Landratsamt: „Wir bekamen eine achtseitige Checkliste für die Flüchtlingsunterbringung, die überdimensioniert war“. Laut Hennemann ist so eine Checkliste vielleicht für sehr große Objekte wie Messehallen sinnvoll, aber in Ebern völlig unangebracht: „Unsere Hilfsorganisationen vor Ort wissen ganz genau, was zu tun ist und worauf es ankommt.“ Zwischenzeitlich hat der Bürgermeister auch eine Entschuldigung aus dem Landratsamt erhalten. Der zuständige Mitarbeiter sah ein, dass die Liste für relativ kleine Unterkünfte wie in Ebern nicht von Nutzen ist.

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