„Das war ein Glücksfall, dass hier noch alles vorhanden war“, pflichtet Nicole Tusch bei, die gerade hilft den letzten Schrank zu zerlegen, bevor dieser zusammen mit allen anderen Sachen in die Frauengrundhalle transportiert wird. Die 25-Jährige ist ganz neu bei der Feuerwehr Ebern und macht gerade ihre modulare Truppmannausbildung, die Voraussetzung für alle Feuerwehrleute, um einsatzfähig zu sein. Freilich bedarf es für einen Hilfseinsatz wie jetzt keine besonderen Voraussetzungen. Deshalb hat Nicole Tusch sofort „hier“ gerufen, als der Kommandant das Anliegen verkündete. Die in Ebern aufgewachsene junge Frau wohnte einige Zeit in einem anderen Teil Bayerns, ehe es sie jetzt zurückzog in ihre Heimatstadt. Auch sie hat das Helfen sehr verinnerlicht, ist sie doch gelernte Krankenschwester und arbeitet tagtäglich im Eberner Haus an der Eiswiese des Sozialpsychiatrischen Zentrums der Diakonie Bamberg-Forchheim mit Menschen zusammen, die Hilfe benötigen.
„Einige Menschen aus der Ukraine haben schon bei uns in Ebern und Umgebung Privatunterkünfte gefunden“, sagt Bürgermeister Hennemann in Bezug auf diejenigen Flüchtlinge, die gezielt in die Türmerstadt wollten, weil sie etwa Verwandte oder Freunde hier haben. Die eigentliche offizielle Verteilung wird aber über den Bezirk Unterfranken organisiert. Dieser teilt bei Bedarf den Landkreisen mit, wie viele Menschen dort aufgenommen werden sollen. Die Landkreise wiederum wenden sich dann mit dem Anliegen an ihre Städte und Gemeinden. „Es kann gut sein, dass vielleicht schon in den nächsten Tagen ein Bus mit Familien und Kindern zu uns kommt“, erklärt Hennemann den organisatorischen Ablauf. Als Erstaufnahmeeinrichtung stellt die Stadt Ebern ihre Turnhalle auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände zur Verfügung. Dort waren zuvor zahlreiche Helfer des BRK Haßberge tätig und haben mit Feldbetten und räumlichen Trenn-Elementen eine Schlaf- und Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen. Insgesamt bis zu 110 Personen finden hier Platz. Dabei ist es das Ziel, diese Personen sobald als möglich in Privatunterkünfte oder in ähnlichen Räumen, wie eben den Bereich der ehemaligen Großküche in der Frauengrundhalle unterzubringen.
Die Unterbringung in der ehemaligen Bundeswehrturnhalle hat den Vorteil, dass der Schulbetrieb nicht beeinträchtigt wird. Die Sportstätte vor den Toren der Stadt haben nämlich ausnahmslos Vereine für ihre Aktivitäten angemietet. Und die zeigten vollstes Verständnis für die nun anderweitige Hallenbelegung, wie Bürgermeister Hennemann erzählt. Überhaupt sind sehr viele der 125 Eberner Vereine und der Kulturring als Vereinszusammenschluss mit im Boot, um die Zukunftssorgen ukrainischer Mitmenschen wenigstens mit Unterbringungsmöglichkeiten und anderen Hilfsangeboten zu mildern.
Zudem ist schon jetzt klar, dass es für alle ukrainischen Schulkinder ab der fünften Jahrgangsstufe eine gemeinsame Betreuungsklasse geben wird. Das Friedrich-Rückert-Gymnasium, die Dr.-Ernst-Schmidt Realschule und die Mittelschule Ebern haben sich darauf verständigt und organisieren dementsprechendes. Weiterhin ruft Bürgermeister Jürgen Hennemann nochmals alle Privatpersonen auf, sich bei der Stadt Ebern zu melden, wenn sie vorübergehenden Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen können.
Etwas verwundert zeigte sich Bürgermeister Hennemann anfangs über die Kommunikation mit dem Landratsamt: „Wir bekamen eine achtseitige Checkliste für die Flüchtlingsunterbringung, die überdimensioniert war“. Laut Hennemann ist so eine Checkliste vielleicht für sehr große Objekte wie Messehallen sinnvoll, aber in Ebern völlig unangebracht: „Unsere Hilfsorganisationen vor Ort wissen ganz genau, was zu tun ist und worauf es ankommt.“ Zwischenzeitlich hat der Bürgermeister auch eine Entschuldigung aus dem Landratsamt erhalten. Der zuständige Mitarbeiter sah ein, dass die Liste für relativ kleine Unterkünfte wie in Ebern nicht von Nutzen ist.