Neun Fälle in Großbritannien
In Schweden ist am Donnerstag der erste Fall einer Infektion mit der Virus-Erkrankung Affenpocken bestätigt worden. Wie die schwedische Gesundheitsbehörde mitteilte, ist eine Person im Großraum Stockholm infiziert. In Italien ist ebenso eine erste Infektion mit Affenpocken festgestellt worden. Der Assessor für Gesundheit der Region Latium, Alessio D'Amato, bestätigte das am Donnerstag. In Großbritannien waren am Donnerstag zwei weitere Fälle von Affenpocken erfasst worden. Damit sind dort seit Anfang Mai neun bestätigte Fälle aufgetreten.
Auch in den USA sei eine Person aus dem Bundesstaat Massachusetts im Nordosten des Landes betroffen, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC am Mittwoch mit. In Spanien wurden acht Infektionen in der Hauptstadt Madrid gemeldet, wie die Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf die Gesundheitsbehörden am Mittwoch berichtete. Für Portugal meldete die EU-Gesundheitsbehörde ECDC fünf bestätigte Fälle. In Kanada untersuchen Gesundheitsbehörden laut örtlichen Medien rund ein Dutzend Verdachtsfälle. Der kanadische Rundfunksender CBC berichtete am Mittwochabend (Ortszeit) über einen Fall in der Provinz Quebec. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.
Kein Fall bisher in Deutschland
Bei der Mehrheit der bisher bekanntgewordenen Fälle sind Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Für Deutschland war zunächst kein Fall erfasst. "Dem RKI wurde bislang nie ein Fall von Affenpocken in Deutschland bekannt", hieß es am Donnerstagmorgen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur vom RKI.
Kliniken und Bevölkerung müssten dafür sensibilisiert werden, einen ungewöhnlichen Hautausschlag von Fachpersonal begutachten zu lassen, teilte die WHO am Mittwochabend mit. Erhärte sich der Verdacht auf Affenpocken, sollten Patienten isoliert werden. Gesundheitspersonal solle sich mit den üblichen Vorkehrungen bei Infektionen, die sich über Kontakt oder Tröpfchen ausbreiten können, schützen.
Bereits angesichts der ersten bekanntgewordenen Fälle in Großbritannien, wo das Virus Anfang Mai nachgewiesen wurde, hatte das RKI Ärzte in Deutschland für die Virusinfektion sensibilisiert. In einem vom RKI veröffentlichten Beitrag heißt es, Affenpocken sollten auch dann bei unklaren pockenähnlichen Hautveränderungen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden, wenn die Betroffenen nicht in bestimmte Gebiete gereist seien. Männer, die Sex mit Männern haben, sollten bei ungewöhnlichen Hautveränderungen "unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen".
Enge Überwachung vonnöten
"Die jetzt außerhalb Afrikas auftretenden Fälle sind schon ungewöhnlich und müssen genau untersucht und eine etwaige weitere Verbreitung genau beobachtet werden", hieß es am Donnerstag vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). "In der Vergangenheit waren die Affenpocken-Ausbrüche begrenzt in der Ausbreitung", sagte der Virologe Stephan Becker von der Uni Marburg der Deutschen Presse-Agentur. Infektionsketten zwischen Menschen seien ungewöhnlich und müssten eng überwacht werden.
Nach UKHSA-Angaben zählen zu den ersten Krankheitsanzeichen: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Erschöpfung. Es könne sich ein Ausschlag entwickeln, der sich oft ausgehend vom Gesicht auf andere Körperteile ausbreite. Der Ausschlag sehe je nach Phase unterschiedlich aus und könne Windpocken und Syphilis ähneln. Es gibt keine spezifische Therapie und keine Impfung gegen Affenpocken. Historischen Daten zufolge schützt aber eine Pockenimpfung gut vor Affenpocken - und das wohl lebenslang. Wie das RKI erläutert, haben weite Teile der Weltbevölkerung allerdings keinen Impfschutz.
Nachlassende Immunität in der Bevölkerung
"Der aktuelle Ausbruch deutet auf eine veränderte Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit hin", schrieb der Leiter der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité, Leif Sander, am Donnerstag auf Twitter. Die nachlassende Bevölkerungsimmunität seit Ende der Pockenimpfungen trage vermutlich dazu bei. Der Wissenschaftler beschreibt die Affenpocken als weniger krankmachend als die Pocken, es sei aber "dennoch eine ernste und in Einzelfällen tödliche Erkrankung". Grund zur Panik sieht Sander derzeit "sicher nicht": Der Ausbruch zeige aber, "wie sehr Infektionskrankheiten in einer globalisierten Welt eine ständige Gefahr darstellen, auf die wir uns besser vorbereiten müssen".