Hauptrisiko: Herzkreislauferkrankungen
"Der langjährige Rückstand in der deutschen Lebenserwartung scheint sich wesentlich durch eine höhere Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im fortgeschrittenen Erwachsenenalter bzw. Rentenalter zu erklären", schreiben die Autoren.
Das zeigt auch eine andere Studie von 2020 über 15 Länder mit niedriger Sterblichkeit. Zusammen mit Österreich wies Deutschland im Jahr 2015 den höchsten Anteil an Sterbefällen durch Kreislauferkrankungen auf. Dieser Anteil lag bei Frauen zehn und bei Männern acht Prozentpunkte über dem Durchschnittswert.
Krebs als "konkurrierendes Risiko"
Beim Anteil der Krebssterbefälle lag Deutschland unter dem Durchschnittswert der 15 Länder. Aber der erste Eindruck täuscht: Die Forscher erklären das mit dem Begriff "konkurrierende Risiken": Durch die hohe Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert sich das Risiko, an Krebs zu sterben.
Bereits 2023 hatte eine Studie gezeigt, "dass Deutschland trotz eines hohen wirtschaftlichen Entwicklungsstands, eines stark ausgebauten Wohlfahrtsstaats und eines gut zugänglichen und leistungsfähigen Gesundheitssystems seit Langem eine verhältnismäßig niedrige Lebenserwartung aufweist".
Mangelnde Prävention und Früherkennung
Für BiB-Forschungsdirektor Sebastian Klüsener besteht Handlungsbedarf vor allem bei der Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ähnliches gilt für die Bereiche Tabak- und Alkoholprävention sowie gesunde Ernährung. "Hier besteht noch einiges Potenzial, um uns für den momentanen Alterungsprozess der Gesellschaft besser aufzustellen", so Klüsener.
Die Autoren der Studie empfehlen in ihrem Fazit dringend "eine Neuadjustierung von Prioritäten und Investitionen im Gesundheitswesen". Die Fokussierung auf mehr Vorbeugung sollte zeitnah erfolgen, "damit auch die stark besetzten Babyboomer-Kohorten noch davon profitieren und gesünder altern können".