Gifting Gemeinsam für Toleranz

Heike Schülerin
Die VSK Gifting-Posseck-Grössau brachte die Friedensstandarte zunächst auf den Friedhof hin zum Kriegerdenkmal. Foto: /Heike Schülerin

Die Neuengrüner Friedensstandarte kommt in Gif­ting an. Beim festlichen Gottesdienst steht die Liebe zum Mitmenschen im Vordergrund.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Gifting - Als Glaubensbekenntnis wandert die Neuengrüner Friedensstandarte von Ort zu Ort. Am Fronleichnamstag kam sie nun in Gifting an. Die Veteranen- und Soldatenkameradschaft (VSK) Gifting-Posseck-Grössau brachte die Standarte in einem kleinen Festzug mit Vertretern örtlicher Vereine zunächst auf den örtlichen Friedhof zum Kriegerdenkmal . Eingebettet in eine Friedensandacht erfolgte hier die feierliche Übergabe an die Filialkirche der katholischen Pfarrei Posseck, Sankt Josef Gifting. Verbunden ist damit der Auftrag, verstärkt für den Frieden in der Welt zu beten.

„Unfrieden zeichnet das Gesicht der Welt. Menschen stehen sich unversöhnlich gegenüber; Hass und Gewalt zerreißen Familien und Gesellschaften. Krieg treibt die Menschen in die Flucht, macht jedes normale Leben unmöglich; schlägt Wunden, die noch nach Generationen spürbar sein werden“, bedauerte Sabine Pfadenhauer, die die Friedensandacht vorbereitet hatte. Bei schönem Sommerwetter gestalteten die Mitwirkenden, Pfarrgemeinderats-Vorsitzende Tanja Neder, Wortgottesdienstleiter Helmut Müller sowie der Vorsitzende der VSK Gifting-Posseck-Grössau, Gottfried Betz, und Vorstandsmitglied Susanna Ehrhardt , eine Feierstunde.

„Seit Jahren gibt es immer wieder Krieg und Kämpfe, an denen auch deutsche Soldaten in irgendeiner Weise beteiligt waren. Krieg oder Frieden ist kein exotisches Thema, sondern bedrückende, nahe gerückte Realität“, so Pfadenhauer. Beim Beten für Frieden schaue man in die ganze Welt – bis ins Heilige Land und bis nach Belarus. Gewalt geschehe überall, sogar in der Kirche und oft auch in überforderten Familien. Beim Beten für Frieden wolle man allen Menschen und Religionsgemeinschaften Toleranz und Respekt zeigen. Vieles trenne die Menschen, doch trotzdem schaue man auf das Verbindende zwischen den Religionen. „Nur wenn wir selber Respekt zeigen, werden wir Respekt zurückbekommen. Wenn wir selber Frieden leben, wird Frieden gelebt werden“, verinnerlichte sie. Dies gelte für jede Familie, jede Gemeinschaft, für Deutschland und die Welt. Wir müssten heute tolerant sein, da viele Menschen in Deutschland leben, die einen anderen Glauben haben als wir.

Gute Taten

„Wer kann mit Gewissheit sagen, was die beste Glaubensgemeinschaft ist? Wissen wir, dass wir einen besseren Glauben haben als andere?“, fragte sie. Friede fange bei jedem von uns selber an: In der Nachbarschaft, in den Vereinen, in kirchlichen Räten und Gruppen. Die Bibel sagt: Gott ist immer auf der Seite derer, denen Gewalt oder Unrecht angetan wird. Jesus identifiziert sich sogar mit den Leidenden. Er sagt: „Fragt nicht, wie ihr mich ehren könnt, sondern sorgt für die Hilflosen und seid einander Freunde. Was ihr euren Menschenschwestern und -brüdern tut, im Guten wie im Bösen, das habt ihr mir getan.“

Auf die Politik könne man nur über einen langen Arm einwirken. Aber für unser Verhalten seien wir selbst verantwortlich. Gute Taten heben nicht die schlechten Taten auf: „Da sollten wir uns bei der eigenen Nase packen, unsere Einstellung gegenüber Flüchtlingen oder sozial Schwachen prüfen.“ So beginne Frieden bei jedem einzelnen.

Die ausgewählten Elemente der eindringlichen Andacht – wie etwa das Evangelium aus dem Römerbrief, das Glaubensbekenntnis für den Frieden, die Fürbitten und die Friedenslitanei – wurden von Helmut Müller, Tanja Neder, Susanna Ehrhardt und Gottfried Betz vorgetragen. Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde die Feierstunde von einer Abordnung Jungmusiker des Musikvereins Posseck-Grössau. Eingangs war die Standarte, die zuletzt in Tschirn haltgemacht hatte, in einem festlichen Akt von Anne Neubauer symbolisch übergeben worden. Die Vorsitzende des Seelsorgebereichsrates Frankenwald übermittelte auch die Grüße von Dekan Detlef Pötzl, der verhindert war.

Aus Dankbarkeit

VSK-Vorsitzender Gottfried Betz ging auf die Entstehungsgeschichte der Friedenswallfahrt Neuengrün sowie der Friedensstandarte ein. Die erste Wallfahrt fand am 8. September 1946 als „Heimkehrerwallfahrt“ statt, wie sie bis Ende der 1960er-Jahre hieß. Ins Leben gerufen wurde diese einst insbesondere durch Andreas Bauer aus Dankbarkeit über seine Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg. Der bekannte Mundartdichter war es auch, der das alle fünf Jahre unter freiem Himmel zur Aufführung gelangende Legendenspiel verfasste. 1947 wurde das erste Friedenskreuz errichtet, 1949 die erste Friedensstandarte geweiht. Zur zwischenzeitlich umbenannten 50. „Friedenswallfahrt“ wurde eine neue Flagge mit dem Schriftzug „Mache mich zum Werkzeug deines Friedens“ angeschafft, entworfen vom akademischen Bildhauer Heinrich Schreiber. Sie wurde 1999 in Rom von Papst Johannes Paul II. gesegnet.

Die „Friedenswallfahrt“ findet in Neuengrün alljährlich am ersten Samstag im September statt. Rund 50 Jahre lang hatte sie Dekanatsratsvorsitzender Heinz Hausmann organisiert. Nach der Neustrukturierung der Dekanate zeichnet nun ein Vorbereitungsteam der katholischen Seelsorgebereiche Kronach und Frankenwald hierfür verantwortlich. Die Standarte wandert stets weiter an einen anderen Ort, wo man verstärkt für den Frieden betet.

Nach dem Schlussgebet wurde die ehrwürdige Standarte im festlichen Zug zum Gotteshaus gebracht. Hier mahnt sie zum Frieden und hat nun einen Ehrenplatz für den Zeitraum ihres Verbleibs in Gifting.

Bilder