Giftwolke in Bayern Warum ist Ammoniak so gefährlich?

Markus Brauer/

Weil giftiges Ammoniak in einem Betrieb in Niederbayern austritt, rücken Dutzende Helfer an. Mehrere Menschen werden verletzt. Was macht Ammoniak so gefährlich?

 
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Einsatzkräfte in Ortenburg tragen für den Einsatz nach einem Ammoniak-Austritt Schutzanzüge. Foto: zema-medien/dpa/Helmut Degenhart

Nach einem Ammoniak-Austritt in einem Betrieb in Niederbayern mit mehreren Verletzten ist die Gefahrenmeldung inzwischen aufgehoben worden. Wie die Polizei am Mittwoch (28. Juni) mitteilte, besteht nach weiteren Messungen der Feuerwehr auch im betroffenen Ortsteil Ortenburg-Sammarei (Kreis Passau) keine Gefahr mehr für die Bevölkerung. Der Gefahrenbereich reichte zuvor bis an die Grenze zu Österreich.

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Nach Einschätzung der Polizei waren in einer Ortenburger Firma am Dienstag (27. Juni) rund 800 Kilogramm Ammoniak ausgetreten. Einsatzkräfte brachten rund 50 Mitarbeiter in Sicherheit. Acht von ihnen kamen nach dem Vorfall ins Krankenhaus, wie eine Sprecherin mitteilte.

Was ist Ammoniak?

Ammoniak (chemische Formel NH3) ist ein stark stechend riechendes, farbloses, wasserlösliches giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt.

Der Stoff ist eine der meistproduzierten Chemikalien und Grundstoff für die Produktion aller weiteren Stickstoffverbindungen. Der größte Teil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln, insbesondere Harnstoff und Ammoniumsalzen, weiterverarbeitet.

Wie viel Ammoniak wird weltweit produziert?

Als Basischemikalie wird Ammoniak in großem Maßstab produziert – weltweit mehr als 147 Millionen Tonnen. Die Hauptproduzenten sind die Volksrepublik China, Indien, Russland und die USA.

Für die Herstellung von Ammoniak werden riesige Mengen fossiler Energieträger (vor allem Erdgas) benötigt. Der Anteil der Ammoniakproduktion am weltweiten Verbrauch fossiler Energieträger beträgt 1,4 bis 3 Prozent.

Wofür wird Ammoniak verwendet?

Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff. Das stark stechend riechende, farblose, wasserlösliche und giftige Gas reizt die Schleimhäute und hemmt die Atmung.

Ammoniak ist eine der meistproduzierten Chemikalien und Grundstoff für die Produktion aller weiteren Stickstoffverbindungen. Der größte Teil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln weiterverarbeitet.

Ammoniak ist ein Kältemittel, das insbesondere in großen Industrieanlagen, aber auch in Eisbahnen verwendet wird, wo man es in stählernen Tanks lagert. In der Betonfläche der Eisbahn unter der Eisschicht sind Rohre eingebaut, durch die flüssiges Ammoniak gepumpt wird. Dadurch wird der Beton so weit abgekühlt, dass das von der Eismaschine aufgetragene Wasser gefrieren kann.

Info: Unfälle mit Ammoniak

Unfälle
Unfälle mit der chemischen Verbindung sind in Deutschland kein Einzelfall, immer wieder kommt es zu ungewollten Austritten – vor allem in Eisbahnen. Ein Übersicht:

Nürnberg, 12. März 2023:
Ein Gasleck im Keller der Nürnberger Meistersingerhalle kurz vor einem geplanten Konzert führt zu einem Großeinsatz der Feuerwehr. Etwa 1,5 Kilogramm Ammoniak waren aus der Kälteanlage unterhalb des Konzertsaales ausgetreten. Weil Ammoniak nicht nur über die Atemwege, sondern auch über die Haut aufgenommen werden kann, trugen die Einsatzkräfte spezielle Schutzanzüge. Das Leck konnte unter Anleitung eines Fachmanns geschlossen werden. Besucher befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Halle.

Wiesloch, 15. Juni 2022:
Durch ausgetretenes Ammoniak in einem Einkaufsmarkt in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) werden fünf Menschen verletzt. Das Ammoniak sei bei Wartungsarbeiten aus einer undichten Stelle einer defekten Pumpe zum Kühlsystem ausgetreten, teilt die Polizei mit.

Straubing, März 2019:
Bei Umbauarbeiten im Straubinger Eisstadion in Bayern werden fünf Leitungen unter der Eisfläche beschädigt. 14 Menschen werden verletzt, 150 Personen, darunter 118 Schüler, müssen evakuiert werden.

Bad Tölz, Oktober 2016:
Im Eisstadion im bayerischen Bad Tölz wird Gasalarm ausgelöst. In der Trainingshalle wollte ein Mitarbeiter der Stadtwerke Gummimatten befestigen. Dabei bohrte er eine Ammoniakleitung an und verletzt sich bei dem Vorfall leicht.

Ludwigshafen, Oktober 2016:
Ludwigshafen, Oktober 2016: In Ludwigshafen tritt ein Gasleck an der Kühlanlage des Eisstadions auf. Die Feuerwehr räumt ein Schwimmbad und eine Leichtathletikhalle. Verletzt wird niemand.

Stuttgart, August 2013/September 2012:
Stuttgart, August 2013/September 2012: In der Eishalle in Stuttgart-Degerloch kommt es wegen einer geplatzten Dichtung an der Kühlanlage zu einem Ammoniak-Alarm. Zwei Arbeiter werden leicht verletzt. 50 Kinder müssen die Halle vorsorglich verlassen. Zuvor musste die Feuerwehr am 27. September 2012 wegen eines Gaslecks zur Eishalle in Degerloch ausrücken. Insgesamt 600 Kinder, die einen Kindergarten und die Waldorfschule in der Nähe des Stadions besuchten, mussten daraufhin evakuiert werden.

2012: Bad Kissingen, Februar 2012:
Im bayerischen Bad Kissingen tritt in der Eissporthalle Ammoniak aus. Zehn Personen erleiden Atemwegsreizungen. Eine fehlerhafte Ringdichtung im Maschinenraum war der Grund für den Gasaustritt.

Reutlingen, Juli 2009:
Bei einem Ammoniak-Unfall in der Reutlinger Eislaufhalle werden acht Menschen leicht verletzt. Wegen Sanierungsarbeiten war das Hallendach abgedeckt. Durch die Sonneneinstrahlung kam es im Ammoniakbehälter zu einem Überdruck. Das Überdruckventil löste aus und lies das Gas ins Freie strömen. 250 Menschen werden in Sicherheit gebracht.