Glückstagebuch für Schüler Geheim und hilfreich

Die Achtklässler des „Casis“ heften Zettel mit verschiedenen Eigenschaften auf die Rücken ihrer Mitschüler. Foto: /Annika Zeuner

Sich wahrnehmen und auf eigene Stärken besinnen: Dies möchte eine Gymnasiallehrerin Schülern beibringen. Dazu wählt sie ein besonderes Mittel.

 
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Das ist selbstverständlich: Keiner wird es lesen, und die Schüler dürfen selbst entscheiden, ob sie etwas schreiben oder vielleicht lieber malen möchten. Es ist ein Angebot, das Annika Zeuner, Deutsch- und Englischlehrerin am Coburger Gymnasium Casimirianum, den Achtklässlern in ihrer Funktion als Mittelstufenstufenbetreuerin macht, „und ich kontrolliere nicht“, betont sie.

Die Schüler, um die sie sich in dieser Funktion kümmert, haben ein so genanntes Glückstagebuch erstellt, in das sie Dinge hineinschreiben können, für die sie sich dankbar fühlen, die gelungen sind oder die zufrieden machen. Die Idee dazu kam Annika Zeuner, als sie im vergangenen Jahr ein Seminar auf Kloster Banz besuchte, in dem unter anderem auch der Tipp eines „Erfolgsjournals“ gegeben wurde, in dem man positive Erlebnisse dokumentieren konnte. „So entsteht ein guter Einfluss auf das Selbstbild“, erläutert die Pädagogin und übernahm den Ansatz für „ihre“ Achtklässler. „Während der Pandemie und dem Homeschooling ist so vieles weggefallen, was Motivation und Freude gibt“, meint sie, „Hobbys und Musik konnten nur bedingt ausgeübt werden, es hat sich das meiste nur um die Schule und den Unterricht gedreht.“ Sie wollte den Fokus wieder mehr auf die Stärken der jungen Menschen legen und sie motivieren. Und im Unterricht sei viel zu wenig Zeit, sich um sogenannte „Life skills“, die Lebenskompetenzen, zu kümmern. „Dabei gehört Persönlichkeitsbildung auch zu unserer Aufgabe“, meint Annika Zeuner.

Da sie die insgesamt 41 Schüler aus den beiden achten Jahrgangsstufen nicht selbst unterrichtet, sondern für sie „nur“ als Mittelstufenbetreuerin zur Verfügung steht, ging es erst einmal darum, sie kennen zu lernen und auch ihnen selbst die Gelegenheit zu geben, sich intensiver mit den anderen zu befassen. Dies erfolgte unter anderen auch mit Hilfe auf den Rücken geklebter Zettel und darauf stehenden Eigenschaften, mit denen sich die Schüler untereinander intensiver beschnuppern durften. „So sieht man, wie gut man die anderen wirklich kennt“, erläutert Annika Zeuner, „und jeder kann sich dabei auch fragen, was er wirklich von sich preisgeben mag.“

Für das Tagebuch erstellte sie den 27 Jungen und 14 Mädchen einmal wöchentlich von Mitte März bis Ende April Fragen, die ihnen Impulse für den Eintrag geben sollten. Als Anregungen dienten dabei Sätze, wie „Was hat mich in dieser Woche glücklich und zufrieden gemacht?“, „Mit wem habe ich gerne gesprochen und warum?“, „Wo habe ich mich hilflos gefühlt?“, aber auch das Reflektieren über gemeinsame Aktionen, die sie in Gruppen mit der Lehrerin durchführten. So bauten die Schüler unter anderem einen Turm aus Spaghetti und Marshmallows, eine Kooperativübung, die ursprünglich aus Assessment-Centern stammt und der Förderung von Teamarbeit dient.

Dieses „Was macht mich aus?“, „Was kann ich gut“ ist auch Thema der Orientierungstage, die für die Achtklässler in Zusammenarbeit mit der evangelischen Jugendbildungsstätte Neukirchen in Altenstein stattfinden. Deren Motto lautet in diesem Jahr: „Unsere Stärken, unsere Vielfalt“.

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