Grundschule Marktrodach Schwere Geschütze gegen Corona-Folgen

Heike Schülein

Grundschüler haben während der Pandemie kaum etwas Gemeinsames erleben können. Dafürgibt es nun die Chance auf eine Mittelalter-Freizeit der besonderen Art.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Schulleiterin Annegret Hümmrich zeigt den Kontrahenten Norbert, Edler von den Schlosswiesen (links), sowie Andreas vom felsigen Wald, dass man Konflikte auch friedlich lösen kann Foto: /Heike Schülein

Wenn Norbert, Edler von den Schlosswiesen, sowie Raubritter Andreas vom felsigen Wald alias Bürgermeister Norbert Gräbner und Kämmerer Andreas Buckreus zum Pressegespräch am Freitag etwas anders gewandet als sonst erschienen waren, dann aus erfreulichem Grund. Der Markt hatte sich als Sachaufwandsträger der Grundschule Rodachtal gemeinsam mit Rektorin Annegret Hümmrich erfolgreich für das Förderprogramm der Bundesregierung „Aufholen nach Corona“ beworben. Damit kommen alle Dritt- und Viertklässler aus dem Landkreis Kronach in den Genuss eines außergewöhnlichen Ferienprogramms. Bei dem bayernweit in dieser Form einmaligen Angebot können die Schüler vom 5. bis zum 9. September beispielsweise als Waldritter, Kobold und Co. eine zauberhafte Heldengeschichte erleben.

Nach der Werbung weiterlesen

Soziale Aspekte im Blick

„Als das Projekt an mich herangetragen wurde, fand ich das gleich toll“, würdigte der Bürgermeister das Aktionsprogramm, mit dem Kinder coronabedingt Versäumtes nachholen sollen. Im Blick hat man dabei insbesondere auch das soziale Leben. Aufmerksam auf das Förderprogramm wurde man, nachdem im kommunalen Kindergarten derzeit das Personal hinsichtlich des pädagogischen Konzepts extern betreut wird. Hier kam auch das Thema „Lernen durch Rollenspiel“ zur Sprache. Bei einem Gespräch hatte die zuständige Kindergartensachbearbeiterin im Rathaus, Katja Wich, davon erzählt. Der Kämmerer, der in seiner Freizeit das Hobby Liverollenspiel betreibt, berichtete in diesem Zusammenhang davon, dass ein Bekannter von ihm über den Verein „Waldritter“ entsprechende Aktionen für Kinder und Jugendliche durchführt. Gemeinsam mit dem Bekannten betrieb man Förderrecherche und entschloss sich, über ein solches Ferienprogramm zusammenzuarbeiten. „Wichtig dabei ist, dass es sich um ein zusätzliches Angebot handeln muss und dass es auch Kindern aus anderen Gemeinden zugänglich gemacht wird“, ergänzte Katja Wich.

Rollenspiele ohne Zuschauer

Liverollenspiele seien, so Andreas Buckreus, vergleichbar mit einem Improvisationstheater. Leute schlüpfen in eine Rolle und erleben eine Geschichte. „Es gibt dabei keine Zuschauer. Man wählt Orte, die relativ von der Außenwelt abgeschnitten sind, da so die Teilnehmer weniger Hemmungen haben“, erläuterte er. In der jeweiligen Rolle verbleibe man dabei die ganze Zeit, also auch nachts. Es gibt verschiedene Settings wie Western, Science-Fiction, Steampunk sowie – wie in Marktrodach – Mittelalter-Fantasie. Die Teilnehmer schlüpfen dabei in Rollen einer mittelalterlichen Heldengruppe wie Ritter, Waldläufer, Zauberer und dergleichen. Am Ende der Woche erleben die Kinder ein Abenteuer. Der Inhalt wird von diesen zusammen mit den Betreuern selber erdacht, entwickelt und umgesetzt. In den ersten Tagen werden die Jungen und Mädchen sich je nach ihren Fähig- respektive Fertigkeiten auf dieses Finale vorbereiten. So wird zum Beispiel Ausrüstung gebastelt, Darstellungsideen ausgearbeitet, bei (Nacht-)Wanderungen spezielle Orte ausgesucht, ein Schminkkurs durchgeführt oder kleinere Rollenspiele geprobt. Die Waldritter bringen hierfür einen Fundus mit. Gekocht wird gemeinsam.

Freizeit am Jugendzeltplatz

Das Angebot nutzen können alle Kinder der dritten und vierten Klassen – unabhängig davon, woher sie kommen. Die Anzahl der Plätze ist auf 36 limitiert. Die Förderung beträgt bei dieser Teilnehmeranzahl 7500 Euro, knapp 210 Euro pro Kind. Dadurch beläuft sich der Teilnehmerbeitrag lediglich auf 99 Euro „all inclusive“, mit Unterbringung, Vollverpflegung, Spiel- und Bastelmaterialien. Abgehalten wird die Freizeit beim Jugendzeltplatz Großvichtach. Bei sehr schlechtem Wetter kann auch die Rodachtalhalle zum Schlafen genutzt werden.

Den Kindern soll das Ferienangebot eine spaßige und spannende Woche voller unvergesslicher Erlebnisse bringen. Aber natürlich könne auch, so Andreas Buckreus, einiges gelernt werden. Zuallererst werden die sozialen Fähigkeiten gestärkt – allein dadurch, dass man eine Woche zusammen auf einem Zeltplatz auskommen muss. Aber im Spiel ist es auch möglich, unbeschwert einiges auszuprobieren – zum Beispiel als Anführer vor einer Gruppe sprechen, mit anderen verhandeln, auch mal streiten oder jemanden trösten. Handwerkliche Fertigkeiten aller Art von Holzarbeiten, Lederbasteln oder auch Kochen werden gestärkt.

Corona hinterlässt Spuren

„Corona hat auf alle Fälle Spuren hinterlassen“, erklärte Schulleiterin Annegret Hümmrich. Besonders betroffen seien Erstklässler, die gerade den Leselernprozess gestartet hatten, sowie Viertklässler vor dem Übergang auf eine weiterführende Schule. Sehr ausgewirkt habe sich die Pandemie gerade auch auf Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache sowie aus sozial schwachen Familien. Aber auch im sozialen Bereich gebe es deutliche Defizite. „Die Kinder sagten, dass sie sich einsam gefühlt hatten, weil sie nicht mit ihren Freunden spielen und ihren Hobbys nachgehen konnten“, so die Schulleiterin. Zudem hätten sie Angstgefühle geäußert, was das Virus mit ihnen und ihren Eltern mache. Das Aufeinanderhocken habe zu Stress in den Familien geführt. Nach der Wiederöffnung der Schulen waren keine Partner- und Gruppenarbeiten möglich, die Klassen wurden auch in den Pausen getrennt. „Es war Frontalunterricht wie früher“, schließt sich ihre Stellvertreterin Karin Hader an.

Dankenswerterweise habe das Kultusministerium der Schule eine angehende Grundschullehrerin zugeteilt, die drei Monate lang zweimal wöchentlich mit den Schülern mit den größten Defiziten gearbeitet habe. Auch die beiden Bufdis seien sehr wertvoll. Mittlerweile schaue man wieder in fröhliche Gesichter. „Die Kinder genießen die Schule. Sie haben erkannt, wie schön der normale Alltag sein kann“, so Hader.

Anmeldung

Das Anmeldeformular findet sich auf der Homepage https://marktrodach.de. Die Platzvergabe ergeht nach Anmeldung (Eingangsstempel). Fragen beantwortet Andreas Buckreus unter Telefon 09261/603114 oder per Mail an info@marktrodach.de.