Hallenbad-Schließung Coburger Schwimmsportler frustriert

Norbert Klüglein
Harald Beetz (rechts) und Alexander Heider haben detaillierte Pläne ausgearbeitet, wie ein Umbau des Aquaria besser gelingen könnte. Die Stadt hüllt sich aber in Schweigen, sagen sie. Foto: /Klüglein

Sie haben SÜC und Stadt für die Sanierung des Aquarias und die Schaffung einer Ausweichsportstätte detaillierte Pläne unterbreitet. Bis heute gibt es keine Reaktionen darauf. SVC und AWV sehen ihren Sport in Gefahr.

 
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Wenn das alles sein soll, was Städtische Werke und Stadt Coburg anzubieten hätten, dann sei das mehr als enttäuschend. Darüber sind sich Harald Beetz und Alexander Heider einig. Die beiden Männer vertreten den Schwimmverein Coburg (SVC) und den Allgemeinen Wassersportverein (AWV) mit zusammen mehr als 1600 Mitgliedern. Gemeinsam ist beiden die Angst, dass die Schwimmbegeisterten aus der Vestestadt bald auf dem Trockenen sitzen könnten.

Diesmal ist es nicht das Coronavirus, das den Schwimmern die Freude an ihrem Sport madigmachen könnte. Diesmal geht es um die Generalsanierung des Aquaria. Sie soll im Mai 2023 beginnen und voraussichtlich zwei Jahre dauern. Aber vielleicht werden es auch drei (die NP berichtete mehrfach). Für diesen Zeitraum wünschen sich die beiden Vereinsvertreter, die sich auch als Sprecher des Schulsports, der Triathleten der Turnerschaft, des Vitalsportvereins oder der Coburger Kanupolo-Spieler verstehen, eine Ausweichmöglichkeit, um den Schwimmsport wenigstens im eingeschränkten Rahmen weiter betreiben zu können.

Was ihnen die Politik bisher angeboten hat, ist der Vorschlag, doch bitte schön in Rödental oder Neustadt nach Trainingsmöglichkeiten zu fragen. „Für die Handvoll Leistungssportler, die fünfmal in der Woche trainieren, ist es kein Problem, anderswo eine Schwimmhalle zu finden“, sagt Harald Beetz. Während des Corona-Lockdowns wären sie sogar regelmäßig nach Bayreuth oder Würzburg gefahren, weil es die SÜC nicht fertiggebracht hätten, das Bad wenigstens für die Aktiven offen zu halten.

Aber was sollen die Anfänger machen, die Schüler oder die Senioren? „Wer kein eigenes Auto hat oder ein Elterntaxi, der kommt nicht in die Nachbarstädte“, gibt der sportliche Leiter des SVC zu bedenken. Deshalb fordern die Schwimmsport treibenden Vereine von der Stadt Coburg, eine Alternative vor Ort zu schaffen. Beetz und Heider schwebt eine Traglufthalle vor, die über das Sportbecken des Freibades gespannt wird. So könnte der Übungsbetrieb auch im Winter aufrechterhalten werden.

Dass dies keine utopische Idee ist, zeigt ein Beispiel aus Gladbeck. In der Ruhrgebietsstadt half man sich so 2018 und 2019 über die Sanierung der dortigen Schwimmhalle hinweg. Mit der „Pelle“, wie die Traglufthalle im Volksmund genannt wurde, habe man sehr gute Erfahrungen gemacht, ist im „Gladbecker Stadtspiegel„ nachzulesen.

Harald Beetz und Alexander Heider haben sich sogar die Mühe gemacht und Angebote für den Aufbau und die Miete einer Traglufthalle in Sportbeckengröße eingeholt. „Grob 300 000 Euro stehen unterm Strich“, bilanziert Beetz. Ein gut angelegter Betrag, wenn dafür die Schwimmausbildung der Kinder und das Training der Sportschwimmer aufrechterhalten werden könnte, meinen die beiden Sportfunktionäre. Für das Globe, die Ausweichspielstätte des Landestheaters, gebe man in Coburg schließlich das Hundertfache aus.

Ein zweites Thema, das die Schwimmsportler umtreibt, ist die Sorge, dass bei der Aquaria-Sanierung zwar die Baumängel beseitigt werden, sich aber sonst nichts verändert. „Jetzt haben wir die einmalige Gelegenheit, das Bad intelligent umzubauen“, appellieren Harald Beetz und Alexander Heider an die Verantwortlichen von SÜC und Stadt. Würde die nicht genutzt, dann werde die Misere, in der sich die Schwimmersportler befinden, auf Jahrzehnte hinaus festgeschrieben.

Seit dem Abriss des Lehrschwimmbeckens, das sich früher in der Rückertschule befand, drängt sich nämlich alles in den Becken des Aquaria: der Schwimmunterricht für die Schülerinnen und Schüler, das Training der Vereinssportler, die Gesundheitskurse von VHS und Vitalsportverein, die Trainingsstunden der Kanuten und ein bis auf ein Minimum zusammengeschrumpftes Angebot für Freizeitsportler und Badegäste. Deshalb halten es die Sprecher von SVC und AWV für unerlässlich, etwas an der Größe und Struktur des Hallenbads zu ändern, um das Aquaria in Zukunft flexibler an die Anforderungen der jeweiligen Interessengruppen anpassen zu können.

Wie das funktionieren könnte, haben die Vereine ebenfalls schon bis ins letzte Detail ausgearbeitet und für die Verantwortlichen von SÜC und Stadt zusammengefasst. Eine zentrale Rolle sollen dabei Hubböden spielen und Becken, deren Größe sich einfach verändern lasse. „So könnte in der einen Hälfte der Halle im seichten Wasser Schwimmunterricht erteilt werden, auf zwei langen Bahnen Leistungssportler trainieren und zusätzlich noch Freizeitsportler ihre Bahnen ziehen“, schildert Harald Beetz die Vorzüge des Konzepts. Ferner schlagen die Sportler vor, auf dem Aquaria-Gelände mobile Schwimmbecken aufzustellen.

Die Resonanz aus der Politik sei verhalten. „Man hört uns zwar freundlich zu, aber das war’s dann auch. Eine verbindliche Antwort erhält man weder von der Geschäftsführung der SÜC noch von der Stadt“, schildert Beetz frustriert. Mittlerweile glauben die Schwimmer an Hinhaltetaktik und befürchten, wie beim Bau der Sauna, die an der Stelle steht, wo eigentlich ein Lehrschwimmbecken gebaut werden sollte, erneut vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.

Was die beiden Vereinsvertreter ferner ärgert, ist die Tatsache, dass die Ehrenamtlichen von SVC und AWV mit der Ausarbeitung verschiedenster Konzepte zur Verbesserung der Bedingungen von Schul- und Vereinssport längst die Hausaufgaben von SÜC und Stadt Coburg machen. Gewürdigt werde das aber nicht. Beetz: „Man läuft nur ins Leere.“

Dabei habe die Stadt allen Grund, ihre Position im Schwimmsport im Vergleich zu anderen Kommunen kritisch zu überdenken. „Neben Straubing ist Coburg die einzige Stadt in ganz Bayern, die nur über eine einzige Schwimmhalle verfügt.“ Ferner werde der Schwimmunterricht an Schulen, der eigentlich in den Lehrplänen verbindlich vorgeschrieben ist, in Coburg auf ein Minimum beschränkt.

Das alles führt Harald Beetz zu dem Schluss, dass der Schwimmsport in Coburg vielleicht nicht mehr gewollt werde. „Egal, ob das aus finanziellen oder politischen Gründen passiert, es ist sehr schade“, lautet sein bitteres Fazit. Drei weitere Jahre ohne ordentliche Ausbildungs- oder Trainingsmöglichkeiten könnten die Vereine nicht mehr durchhalten.

SÜC kündigen Runden Tisch an

Mitte November wollen die Städtischen Werke Coburg (SÜC), die Betreiber des Aquaria sind, zu einem Runden Tisch einladen, um die Schwimmsport treibenden Vereine über die Details der Bad-Sanierung zu informieren. Das teilte am Freitag Joachim Gronau, Prokurist bei den SÜC, auf Anfrage der NP schriftlich mit.

Wie es in dem Schreiben heißt, das an alle Vereine und Organisationen herausgehen soll, die im Aquaria bisher Übungsstunden abgehalten haben, reagiere man mit der Einrichtung eines Runden Tisches auf die anhaltende Kritik der Betroffenen. Die Neue Presse hatte bereits mehrfach darüber berichtet, dass sich vor allem Schwimmverein und Allgemeiner Wassersportverein vom Badbetreiber übergangen fühlen. Ferner befürchten die Verantwortlichen, erneut vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, wie das schon einmal beim Neubau der Aquaria-Sauna geschehen sei (siehe auch Artikel oben). Eigentlich hätte an der Stelle, an dem heute die Schwitzhütten stehen, ein neues Lehrschwimmbecken gebaut werden sollen.

Missverständnisse will auch Helmut Franz, der Rektor der Schule am Hofgarten, ausräumen. In der Diskussion auf Facebook und Instagram um Ausweichmöglichkeiten für Wassersportler während einer möglichen Sperrung des Aquaria hatte es immer wieder geheißen, dass die Coburg Inklusiv gGmbH, die die Schule betreibt, doch ihr hauseigenes Schwimmbad zur Verfügung stellen solle. „Das ist nicht möglich“, sagte Franz auf Anfrage der NP. „Erstens handelt es sich um ein Therapiebecken und nicht um ein Lehrschwimmbecken. Zweitens ist das Bad schon lange nicht mehr in Betrieb.“ Nachdem 2017 an dem Becken Bauschäden aufgetreten waren, hätte man den Betrieb einstellen müssen. Leider seien die Schäden bis heute nicht behoben. Vielmehr sei ein Gerichtsverfahren anhängig, dessen Ausgang ungewiss sei.

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