Der Elektromeister Theophil Giebfried hat 2018 in Hofheim ein Reparaturcafé ins Leben gerufen. Er wollte der sogenannten Wegwerfgesellschaft etwas entgegensetzen und zeigen, dass nicht alles weggeworfen werden muss, wenn bestimmte Gegenstände oder Geräte nicht mehr voll zu gebrauchen sind. Stumpf gewordene Scheren oder Messer gehören dazu. 2019 gastierte der Scherenschleifer Wilhelm Blum – Spross einer Sinti-Familie – im Reparaturcafé im „Haus des Gastes“. Bereits mit neun Jahren stand er am Schleifbock seines Vaters. Als er sich in den späten 60er Jahren selbstständig machte, zog er viele Jahre mit einem alten Auto über die Lande. Der Schleifbock musste noch mit Muskelkraft mit dem Pedal betrieben werden. Zeitweise ließ er sich in Bundorf und Goßmannsdorf nieder. Bei einem Gespräch mit dem Journalisten Alois Wohlfahrt sagte er etwas bedauernd: „Heute macht kaum einer noch die Fenster auf, wenn Du in der Ortschaft klingelst.“ Geworben wird heutzutage mit Wurfzetteln. Seine vom Vater erworbene Fähigkeit hat Blum mittlerweile an seinen Sohn Renaldo weitergegeben.
Der Zeiler „Einmannschleifstuhl“
1950 hatte der Zeiler Tüftler und Erfinder Rudolf Weigmann den damals üblichen Schleifbock technisch verbessert. Bislang mussten die Geräte von einer zweiten Person mittels Handkurbel betrieben werden. Weigmanns Schleifgerät wurde im Sitzen mit Füßen angetrieben, was ein bequemes Schleifen ermöglichte. Beim Aufstehen senkte sich ohne Zutun der Wasserbehälter, um den Schleifstein trocken zu stellen. Das verhinderte, dass sich der Stein einseitig abnutzte. Alte Schleifböcke erkannte man daran, dass nach längerem Gebrauch die Schleifsteine nicht mehr richtig rund waren. Seine Erfindung ließ sich der Zeiler dann auch patentieren.
Fortbewegungsmittel und Arbeitsgerät
Als das Fahrrad ab etwa 1890 seinen Siegeszug begann, trennten sich auch die Scherenschleifer von den schubkarrenartigen Fahrgestellen, mit denen sie bisher unterwegs gewesen waren. Die Umstellung war relativ einfach und mit geringen Kosten verbunden. Das Fahrrad war nun Fortbewegungsmittel und Arbeitsgerät zugleich. Ein aufmontierter kleiner Schleifstein und ein am Rahmen aufgehängtes schrill klingendes Stück Eisen genügten. So ein umgebautes Fahrrad hatte in der Regel vor dem Lenker einen Schleifstein auf einer Welle. Bei einem Halt in einer Straße wurden das Hinterrad aufgebockt und ein Treibriemen über die Hinterachse geworfen. Nun musste der Schleifer nur noch durch Muskelkraft kräftig in die Pedale treten. Wie alte Fotos belegen, machten sie zudem in den 50er und 60er Jahren in den Straßen mit lautem Gebimmel auf sich aufmerksam. Mit dem Ruf „Scheren schleif, Scheren schleif!“ lockten sie die Kundschaft aus den Häusern. Fast immer waren es Kinder, die den Mann als erste umringten und ihm neugierig bei seiner Tätigkeit zusahen. Die meisten umherziehenden Scherenschleifer pflegten früher trocken, also ohne Kühlung zu schleifen. Das ließ das Schleifgut in der Regel zu heiß und dadurch weich werden. Fachhandel und Polizei warnten daher häufiger, dass die Preise ambulanter Scherenschleifer zu hoch seien und dass die Arbeit nicht immer fachgerecht ausgeführt werde. Der Beruf des Scherenschleifers war daher lange Zeit mit einem Negativimage belastet. Das Wort „Scherenschleifer“ beschreibt noch heute umgangssprachlich einen Taugenichts, der darauf aus ist, jemanden übers Ohr zu hauen. Während sich der Beruf als Sprichwort erhalten hat, ist es heute jedoch kaum mehr möglich, eine schwungvoll gebogene Nagelschere selbst zu schleifen. Spezielle Messer müssen eingeschickt werden. Billige Messer-Bestecke werden oft weggeworfen.