Haßberge Diskussion um steigende Gebühren

Christian Schuster
Seit Anfang 2021 sind die Gebühren für die Leerung der Mülltonnen im Landkreis Haßberge gestiegen. Foto: NP-Archiv/Rudolf Hein

Beschlüsse hat der Kreistag längst gefasst, die Neuregelung der Müllgebühren galt als Formsache. Bei der Präsentation der neuen Zahlen entbrennt aber wieder eine Grundsatzdebatte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Haßfurt - Seit Beginn des Jahres müssen Bürger im Kreis Haßberge für die Beseitigung ihres Mülls tiefer in die Tasche greifen. Die Erhöhung war ein gutes Jahr angekündigt und sollte mit einem Beschluss des Kreistags im Dezember des vergangenen Jahres per Beschluss umgesetzt werden. Seit Mitte Dezember hatte der Landkreis seine Kreistagssitzungen jedoch wegen stark gestiegener Corona-Infektionen abgesagt. Erst in dieser Woche konnte wieder zu einer ordnungsgemäßen Sitzung geladen werden und der Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWHAS) Wilfried Neubauer die neuen Preise präsentieren. Für ihn und einige Kreisräte war die Kritik daran und die Diskussion darum jedoch einigermaßen unverständlich.

Doch eins nach dem anderen: Nach der aktuellen Kalkulation von Wilfried Neubauer kostet die Beseitigung des Hausmülls im Landkreis Haßberge rund 7,78 Millionen Euro jährlich. Satte 1,7 Millionen Euro mehr als noch bei der Berechnung für den letzten Kalkulationszeitraum von 2016 bis 2020. Ein dreiköpfiger Haushalt muss bei der vierwöchentlichen Leerung einer Restmülltonne mit 60 Litern Fassungsvermögen statt bisher 110 Euro ganze 150 Euro berappen. Haushalte von vier bis sechs Personen müssen bei einer zweiwöchentlichen Leerung sogar mit einer Steigerung von 50 Euro rechnen.

Aufwand bei der Müllentsorgung um 1,7 Millionen Euro gestiegen

Als Gründe für die doch deutliche Erhöhung nannte Neubauer unter anderem einen markant höheren Aufwand: Die Erfassung von Altpapier, die Entsorgung von Sperrmüll und Altholz, Kompostierung aber auch die größere Menge von Müll und deren Verbrennung sind laut Neubauers Auflistung um mehrere Zig- oder Hunderttausende Euro je Posten teurer geworden. Abgesehen davon ist ein Teil der Finanzierung durch die Einführung der Gelben Tonne in 2020 indirekt weggefallen: Bisher hatten sich die Partner der Dualen Systeme mit rund 335 000 Euro jährlich beteiligt, weil sie dort ihre Sammelbehälter für Plastikmüll aufgestellt hatten. Da diese jetzt die Finanzierung der Gelben Tonne übernehmen, kostet zwar die nichts, an den Wertstoffhöfen fehlt wiederum das Geld in der Bilanz.

Gerade das Festhalten an den Wertstoffhöfen sei für Wilfried Neubauer jedoch noch immer richtig. Das sorge einerseits für eine noch immer vergleichsweise hohe Sortenreinheit bei der Verwertung von Wertstoffen. Andererseits würden sich die Kreisbürger lange Anfahrtswege zu Entsorgungsstellen in anderen Landkreisen sparen. Dass sich der Landkreis zudem die Sozial- und Gebrauchtwarenläden Möbel Z.A.K. und die Wühlkisten leiste, bewertete er ebenfalls als positiv. Letztere würden alleine 20 Euro pro zahlenden Haushalt ausmachen. „Das ist eine gute Infrastruktur aber die gibt es eben nicht zum Nulltarif. Das leisten wir uns vernünftigerweise“, fasste Neubauer zusammen.

Bisher niedrige Gebühren durch den Abbau von Rücklagen

Ein weiterer Grund für die vergleichsweise niedrigen Gebühren in den vergangenen vier Jahren sei auch die Minderung durch Rücklagen gewesen. Im Jahr 2015, dem Jahr der letzten Kalkulation, habe man rund 3,35 Millionen Euro Guthaben aus den Vorjahren gehabt. Das Kommunalabgabengesetz fordert jedoch einen „Ausgleich von Gebührenüberschüssen und -fehlbeträgen aus den Vorjahren“. Zum Jahreswechsel 2019/2020 seien diese daher auf 1,6 Millionen Euro abgeschmolzen worden. Auch das habe Gebühren gedrückt. Bis zum Jahr 2023 sollen die Rücklagen weiterhin abgebaut werden, rein rechnerisch wolle man dann „auf Null kommen“.

Im Vergleich stehe man mit den Gebühren jedoch ungefähr im unterfränkischen Mittel. Das liege bei Haushalten mit einer bis drei Personen sogar zwei Euro darüber. Lediglich bei vier Personen gibt es eine Differenz von knapp 25 Euro, für Haushalte mit mehr Personen liege man ungefähr diesen Betrag darunter. Was die Nachbarlandkreise angeht, so liegen die Preise allerdings vergleichsweise hoch: Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld verlangen bei bis zu vier Personen lediglich 144 Euro pro Jahr. Ein Vergleich mit Schweinfurt ist schwierig. Dort wiegt man den Müll direkt am Grundstück und lässt je nach Menge bezahlen.

Bezahlen nach Gewicht: Nicht in Haßberge

Haßfurts Bürgermeister Günter Werner (WG) erkundigte sich, ob dies nicht auch hier möglich wäre. Neubauer verneinte. Eine Abrechnung nach Gewicht strebe er zumindest nicht an. Allerdings könne man mit dem seit diesem Jahr installierten Identsystem, also einem digitalen Chip zur Registrierung an der Mülltonne, eine „gerechtere Gebührenverteilung“ erreichen. Etwa mit einer Grundgebühr mit gut einem Dutzend Leerungen und weiteren Gebühren pro Zusatzleerung. So könnten Haushalte Geld sparen, die Müll vermeiden. Wenn Umweltausschuss und Kreistag dies mittragen würden, sollten die Gebühren künftig individueller berechnet werden.

Apropos individuell: Der Vorsitzenden der WG/FW-Fraktion Birgit Bayer lag vor allem die „heftige“ Erhöhung für die Vier-Personen-Haushalte schwer im Magen. Könne man zumindest diese nicht ein wenig strecken? Etwa mit einer Nachkalkulation nach jedem Jahr? Neubauer verneinte. Es gelte die Gebühren möglichst lange konstant zu halten. Bei einem solchen Vorgehen würde man aber in Konflikt mit dem Abgabengesetz geraten.

Kreisräte wollen wieder in Grundsatzdebatte einsteigen

Bernhard Jilke (FDP) wünschte sich, erneut einen Blick auf die Stellschrauben im Allgemeinen zu werfen – und brachte dabei noch einmal die Öffnungszeiten der Wertstoffhöfe und die Wühlkisten ins Spiel. Kreisrat Alexander Ambros (CSU) kritisierte den Vergleich Neubauers mit anderen Kreisen. Dort würden die Gefäße häufiger geleert oder seien größer für den selben Preis. Auch Junge-Liste-Kreisrat Julian Müller zeigte sich wenig begeistert über Neubauers Präsentation. Die Berechnung der Zahlen selbst wollte er nicht in Frage stellen, wohl aber die Entscheidungen, die zu dieser Erhöhung geführt hätten. „Die Berechnung passt. Aber wir müssen die einzelnen Faktoren künftig prüfen.“

Die Einwürfe riefen bei Landrat Wilhelm Schneider allerdings völliges Unverständnis hervor: „Die Punkte, die angesprochen wurden, haben wir doch erst auf den Prüfstand gestellt!“ Auch Kreisrat Holger Baunacher (CSU) schaltete sich an dieser Stelle ein – und reagierte ebenso ungehalten, ob der Kritik an den neuen Kostenplänen. „Die Gebührenerhöhung ist ganz klar gewesen, die Entschlüsse haben wir meist einstimmig getroffen“, wurde er deutlich. Gelbe Tonne, Wertstoffhöfe und Wühlkisten: Die Entscheidungen seien bewusst gefallen und damit auch die Entscheidung dafür, dass das deutliche Gebührenerhöhungen nach sich ziehen würde.

Wilfried Neubauer zeigte sich offen für eine erneute Diskussion. Man könne diese gerne im Fachausschuss führen, schließlich sei die Entscheidung, woran man festhalte und woran nicht, eine politische. Allerdings machte er auch keinen Hehl daraus, dass er diese nicht für zielführend halte. Er glaube nicht, dass man am Ende Geld sparen könne. „Wir waren in der Vergangenheit einfach sehr günstig und müssen mit den Gebühren jetzt ein Stück rauf.“

Bilder