Hassberge Ein Schloss für einen Euro

Christian Schuster
Nach gut 400 Jahren bietet das „Alte Schloss“ im Untermerzbacher Gemeindeteil Gereuth Foto: /Pia Bayer

Das „Alte Schloss“ in Gereuth ist gefährlich marode. Doch die Eigentümer scheinen nicht mehr greifbar. Um es zu sanieren, will es der Landkreis nun für einen symbolischen Betrag kaufen.

 
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Gereuth/Haßfurt - Ein ganzes Schloss zum Kaufpreis von nur einem Euro erstehen? Das schreit förmlich nach einem Haken. Aber genau dies will der Landkreis Haßberge tatsächlich tun: Weil das „Alte Schloss Gereuth“ seit Jahren so marode ist, dass die Bausubstanz selbst, aber auch dessen Umfeld gefährdet sind, soll das Gebäude saniert werden. Dabei gibt es ein grundlegendes Problem: Der oder die Eigentümer, die eine solche Baumaßnahme verantworten müssten, sind nicht mehr greifbar. Der Landkreis soll nun in die Bresche springen, um als neuer Eigentümer „notwendige Sicherungsmaßnahmen“ vornehmen zu können. Eine entsprechende Beschlussvorlage von Kämmerer und Verwaltung wurde in der vergangenen Sitzung des Kreisausschusses vorbehandelt, mit zwei Gegenstimmen befürwortet und soll auf die Agenda der nächsten Kreistagssitzung am 15. März genommen werden.

Die Kosten für die anschließenden Baumaßnahmen sollen sich laut Vorlage auf knapp eine Million Euro belaufen. Erwartet wird dabei allerdings eine rund 90-prozentige Förderung, den Rest würden sich Landkreis und die Gemeinde Untermerzbach teilen. Damit sollen unter anderem die inzwischen an vielen Stellen gefährlich abgesackte Dachkonstruktion, Dacheindeckung oder faustgroße Risse in den Außenwänden erneuert werden. In den vergangenen Jahren waren durch die deutlich sichtbaren undichten Stellen Wind und Wetter in das Gebäude gedrungen und lassen die Bausubstanz in teils desolatem Zustand zurück.

Marodes Gemäuer in einem einzigartigen Ensemble

Ein Jammer, wie vor allem Denkmalschützer befinden. Denn das im Jahr 1605, also im Zeitalter der Renaissance, erbaute „Alte Schloss“ gilt zusammen mit dem gegenüberliegenden „Neuen Barockschloss“, der dazugehörigen Kirche, Schlosspark, Pfarrhaus oder dem Gasthaus als einzigartiges Ensemble weit über die 140-Seelen-Gemeinde hinaus. Auch wenn es auf den ersten Blick eher wie ein großer Kornspeicher oder ein Wirtschaftsgebäude anmutet: Mit aufwendigen Zierbauten, der speziellen Architektur und dem früheren Festsaal im Inneren wird das Bauwerk als „Keimzelle des ehemaligen ritterschaftlichen Herrschaftssitzes“ gehandelt.

Schon vor rund 15 Jahren hatte das Landratsamt daher zum Erhalt des Gebäudes eine Notsicherung vorgenommen. Zu der Zeit hatte man das Gemäuer und den Dachstuhl mit Balken und Spanngurten gesichert – schon damals „im Rahmen einer sicherheitsrechtlichen Ersatzvornahme“. Als Bauaufsichtsbehörde ist die Kreisverwaltung für die Gefahrenabwehr zuständig, soweit der Eigentümer dies nicht selbst übernehmen kann.

Eigentumsverhältnisse weiter ungeklärt

Als Eigentümerin war im Grundbuch am Amtsgericht Haßfurt laut Kreisverwaltung zuletzt die Adelsverband IFAA UG eingetragen. Sie hatte das Schloss im Jahr 2009 von Unternehmer Roland Rösler gekauft. Die UG verschmolz jedoch schon im Jahr 2012 mit der NEA274 Ltd. & Co. KG, womit auch das Eigentum in die neue Gesellschaft überging. Nach weiteren Unternehmensauflösungen und dem Übertrag in britische Komplementär- und Kommanditgesellschaften verliert sich die Spur der bisherigen Schlossherren allerdings mit der Löschung aus dem englischen Unternehmensregister. Die Eigentumsverhältnisse seien „nicht weiter aufklärbar“, heißt es.

Dass das Alte Schloss nun scheinbar ein Waisenkind ist, spielt wiederum bei den beteiligten Behörden eine Rolle. Bereits im Jahr 2017 hatte das Ingenieurbüro Konopatzki und Edelhäuser im Auftrag des Landratsamts Maßnahmen und Kosten für eine erneute Notsicherung veranschlagt. Die Maßnahmen rund ein Jahrzehnt zuvor hatten zwar geholfen, langfristig das Problem jedoch nicht gelöst. In Gesprächen des Landkreises mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie mit dem Landesamt für Denkmalpflege habe man dafür auch eine hohe Förderung von rund 90 Prozent in Aussicht gestellt bekommen – allerdings nur bei geordneten Eigentumsverhältnissen und einem verlässlichen Partner, der hinter der Sanierung steht.

Langfristige Lösung scheint nur mit Kauf durch Landkreis möglich

Also hatte der Landkreis ein sogenanntes Nachtragsliquidationsverfahren eingeleitet, um das verwaiste Schloss wieder in verlässliche Hände zu überführen. Das Verfahren sei inzwischen so weit fortgeschritten, dass der eingesetzte Liquidator das Eigentum auf den Landkreis übertragen könnte, heißt es weiter in der Beschlussvorlage. Der Verkauf für einen Euro könne erfolgen. Trotz möglicher Folgekosten, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar seien, begründet die Kreisverwaltung den Schritt als sinnvoll und vor allem „nachhaltig“.

Seien die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt, könne man im Rahmen der Ersatzvornahme lediglich die nötigsten Maßnahmen angehen – und damit schon in wenigen Jahren erneut vor dem selben Problem stehen. Abgesehen davon wäre eine Förderung in jenem Fall fraglich oder würde zumindest niedriger ausfallen. Die Kosten müsste der Landkreis also überwiegend selbst zahlen. Stattdessen soll das Gebäude – mit dem Landkreis als neuen Eigentümer – mindestens für die nächsten 30 Jahre gesichert werden.

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