Hassberge Mut zur eigenen Courage

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Das Eberner Gymnasium trägt ab sofort den Titel "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage". 95 Prozent der Schüler sprechen sich dafür aus, in ihrem Umfeld auf die Rechte aller zu achten.

 
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Ebern - Rassismus gibt es am Friedrich-Rückert-Gymnasium nicht. Das würde jeder Schüler, jede Schülerin spontan bestätigen. Doch Rassismus wendet sich nicht nur gegen Menschen anderer Hautfarbe oder Herkunft. Jede Diskriminierung, jede Ausgrenzung, und sei sie noch so klein oder unbedacht, ist rassistisch. Und wer hat nicht schon einmal gelacht über jemanden wegen seiner Körpergröße, Witze gemacht über sein Gewicht, das Gesicht verzogen, weil er anders ist, geschwiegen, während jemand belächelt wird? "Auch wenn Rassismus kein großes Problem ist an unserer Schule, wir wollen etwas tun, damit es nicht zu einem wird", sagt Laura Blum. Die Reckendorferin ist Schülersprecherin am FRG und maßgeblich daran beteiligt, dass ihre Schule heute offiziell eine "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ist.

Gemeinsam mit der Schülermitverantwortung (SMV) setzte sie die Idee des Netzwerkes konkret an der eigenen Schule um: mit Aktionen, wie der SMV-Olympiade, die sich im vergangenen Juli in Workshops und Vorträgen von Schülern für Schüler mit Themen wie Diskriminierung, Homosexualität und Zivilcourage beschäftigte, oder dem spontanen Flashmob im Herbst, als die Eberner Schüler gemeinsam mit den Gästen aus Frankreich und Tschechien ein tänzerisches Zeichen für Gemeinschaft und Toleranz setzten. Ihr weltoffenes Profil stärkte die Schule auch mit dem erfolgreichen Spendenlauf für Afrika, regelmäßig setzt sie auf Prävention, ob im schulübergreifenden Projekt "Mobben stoppen" oder den "Netzgänger"-Seminaren gegen Cyber-Mobbing. Was aber so besonders ist am neuen Prädikat, das von nun an ebenfalls den Schuleingang zieren wird: Die Schüler haben es selbst gewollt und sich dafür eingesetzt. Rund 95 Prozent aller Schüler am Friedrich-Rückert-Gymnasium, auch Lehrer und Personal, gaben mit ihrer Unterschrift ihre Stimme ab gegen Rassismus und für Courage, weit mehr also als die erforderlichen 70 Prozent, die es für das Zertifikat des bundesweiten Netzwerkes gebraucht hätte. "Toll, dass die Idee aus der Schülerschaft kam", freute sich die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär, die die Schirmherrschaft übernommen hatte. Die gelungene Umsetzung zeige, dass die Idee eines Einzelnen viel bewegen könne. Daher warb sie auch nachdrücklich dafür, dass die Schülerinnen und Schüler von ihrem zukünftigen Wahlrecht auch Gebrauch machen sollten - insbesondere, um keine extremen Gruppierungen in der Politik aufkommen zu lassen. "Auf den Einzelnen kommt es eben doch an!", so Dorothee Bär. Eigentlich solle es eine Selbstverständlichkeit sein, niemanden zu diskriminieren, so die Ebelsbacherin, die, so erzählte sie, wegen ihres fränkischen Zungenschlages bereits selbst im fernen Berlin Anfeindungen ausgesetzt gewesen ist.

Die bayerische Landeskoordinatorin Zehranur Aksu von der Jugendbildungsstätte Unterfranken in Würzburg lobte die versammelte Schülerschaft für die erreichte Zertifizierung als 1028. Schule in Deutschland und 142. Schule bayernweit: "Das ist euer Verdienst!" Doch verbunden mit der Auszeichnung seien auch Pflichten: "Das ist kein Preis, das ist eine Verpflichtung", mahnte sie. Mit ihrer Unterschrift hätten die Schülerinnen und Schüler drei Versprechen gegeben: hinzuschauen, einzugreifen und einmal pro Jahr durch ein Projekt an das Versprechen zu erinnern, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Gefragt seien aber auch Politiker, Schulen und Verbände, um für diese Projekte die finanziell nötigen Mittel bereitzustellen.

In Ebern sind in nächster Zukunft weitere Aktionen geplant: So starten diverse Projekte am Schulfest und am Unesco-Projekttag, weiterhin gibt es Kampagnen gegen Mobbing und Cybermobbing und Workshops in Zusammenarbeit mit anderen Schulen zum Thema "Zivilcourage".

Auf den einzelnen kommt es eben doch an!

Dorothee Bär, Schirmherrin


Netzwerk

Das Netzwerk "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" wurde 1995 von "Aktion Courage e.V." als Reaktion auf die rassistischen Morde in Mölln, Solingen und andernorts gegründet. Es sollte SchülerInnen die Möglichkeit und die Unterstützung bieten, sich in ihrem Lebensumfeld aktiv gegen Fremdenhass, Rechtsextremismus und Rassismus einzusetzen.


Voraussetzung

Jede Schule kann den Titel erwerben, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt: Mindestens 70 Prozent aller Menschen, die hier lernen und lehren (SchülerInnen, LehrerInnen und technisches Personal) verpflichten sich per Unterschrift, gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv zu werden, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema durchzuführen.


Selbstverpflichtung

Der Titel ist kein Preis und keine Auszeichnung für bereits geleistete Arbeit, sondern eine Selbstverpflichtung für Gegenwart und Zukunft. Eine Schule, die den Titel trägt, ist Teil eines Netzwerkes, das sagt: Wir übernehmen Verantwortung für das Klima an unserer Schule und unser Umfeld. Dem größten Schulnetzwerk in Deutschland gehören mittlerweile 1028 Schulen an.


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