Haßfurt Räuber muss drei Jahre hinter Gitter

Udo Güldner

Ein Mann hatte im August 2020 in Haßfurt eine Tankstelle ausgeraubt. Dafür musste er sich nun vor Gericht verantworten. Die Angestellte, die damals hinter der Kasse stand, leidet noch heute.

 
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Die Tankstelle in Haßfurt wurde nicht das erste Mal ausgeraubt. Nun erhielt der Täter, der es im August 2020 auf die Tankstelle abgesehen hatte, seine Strafe. Foto: /René Ruprecht

Haßfurt - Zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilte das Landgericht Bamberg einen 46-jährigen Mann aus dem Landkreis Bamberg. Der Angeklagte hatte im August 2020 eine Tankstelle in Haßfurt überfallen und dabei nicht einmal 1.500 Euro erbeutet. Die Polizei hatte ihn nur wenige Minuten später schon festnehmen können. Die Kassiererin freilich leidet bis heute.

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Für Sybille S. (Name geändert) ist es ein traumatisches Erlebnis, das sie auch Monate später noch tief bewegt. An einem Montagvormittag steht sie wie immer hinter der Theke der Tankstelle. Gerade hat sie den vorletzten Autofahrer abkassiert. Noch ein Kunde wartet mit dem gehörigen Abstand und erstaunlicher Geduld. Als er etwas von einem Überfall sagt, nimmt Sybille die Sache erst einmal nicht ernst. „Ganz viele Kunden reden so. Die finden das lustig“. Plötzlich aber blickt sie in die Mündung eines geladenen Revolvers. Der sieht tatsächlich wie eine echte Waffe aus, ist aber „nur“ ein Schreckschuss-Revolver. Was für Sybille in dem Moment keine Rolle spielt. „Ich hatte wahnsinnige Angst. Vor allem, weil er so ruhig war“. Auch mit einer solchen Schusswaffe könne man auf kurze Distanz erhebliche Verletzungen verursachen, bestätigte ein Hauptkommissar der Kripo Schweinfurt.

„Wenn Sie mir das Geld geben, passiert nichts“, hört Sybille noch. Da hat sie die Hand schon in der Kasse. Sie reicht die Banknoten in Bündeln über den Tresen. Derweil hat der Täter die Waffe kurz aus der Hand gelegt, um die Scheine in eine mitgebrachte weiße Stofftasche zu packen. Als sie ihm auch die 5er- und 10-er aushändigen will, sagt er nur kurz „Es reicht“. Sie kann noch den Alarmknopf drücken. Dann macht sich der Täter stehenden Fußes auf den Heimweg. Er hat gerade einmal 1480 Euro eingesackt. Viel mehr sei durch die vielen Kartenzahler nie in der Kasse, so Sybille. Allerdings kommt der Täter nicht mehr bis zum Bahnhof, um den Zug in den heimischen Landkreis Bamberg zu erwischen. Stattdessen wird er erwischt. „Ich habe gewusst, dass es schiefgehen kann“, so der Angeklagte.

Bei Sybille kommen am Tatort, aber auch im Gerichtssaal, schlimme Erinnerungen an einen ähnlichen Überfall vor fünf Jahren hoch. Damals bedrohte ein Unbekannter sie mit einem Messer. Sybille erlitt einen Schock. Seither arbeitete sie nicht mehr nachts oder am Wochenende. Nun musste sie sich in psychotherapeutische Behandlung begeben. Ans Weiterarbeiten ist derzeit nicht zu denken. „Drei bis vier Wochen lang konnte ich nicht einmal das Haus verlassen“.

Die psychischen Folgen, unter denen Sybille bis heute leidet, sorgen dafür, dass der Angeklagte nicht mit einer Bewährungsstrafe davonkommt. Die hatte sein Verteidiger Dieter Widmann gefordert. Der Rechtsanwalt aus Bamberg hatte damit argumentiert, sein Mandant sei nicht vorbestraft, habe alles gestanden, und die Beute sei wieder zurückgegeben. „Er wollte das Geld und kam auf die vermeintlich tolle Idee mit dem Überfall. Was er mit der vorgehaltenen Waffe anrichten kann, daran hat er nicht gedacht“. Stattdessen sei er wie ein Kleinkind davongerannt, sogar noch an der Polizeistation vorbei und habe noch nicht einmal die Rückfahrkarte in der Tasche gehabt.

Stattdessen orientierte sich die Strafkammer eher am Antrag des Staatsanwaltes Michael Demling, der viereinhalb Jahre Gefängnis gefordert hatte. Auch weil der Angeklagte offenbar planmäßig vorgegangen ist. Er besorgte sich zwei bis drei Wochen vor der Tat die Schreckschuss-Waffe und suchte eine Tankstelle aus, in deren Umgebung er nicht bekannt war. „Es sollte eine Kleinstadt sein, weil er sich dort bessere Fluchtchancen ausrechnete“, so Verteidiger Widmann. Freilich bekam der Angeklagte nicht die volle Härte des Strafgesetzbuches zu spüren, weil er auf Grund einer schweren psychischen Erkrankung zur Tatzeit wohl vermindert schuldfähig gewesen war. Das hatte der inzwischen verstorbene Gutachter Dr. Christoph Mattern aus Bayreuth festgestellt. So wurden aus fünf bis fünfzehn Jahren Strafrahmen dann ein bis zehn Jahre in einem sogenannten „minderschweren Fall“.

Der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt freute sich über die gute Beweislage. Immerhin hatten ein halbes Dutzend Überwachungskameras den Vorfall aus allen Blickwinkeln eingefangen. „So etwas bräuchten wir immer“. Der Angeklagte hatte zudem vor und nach dem Eintritt in die Verkaufsräume keine Mund-Nasen-Bedeckung, sodass er einwandfrei identifiziert werden konnte. Da hatte Staatsanwalt Demling schon recht: „Der Angeklagte hat sich dilettantisch verhalten“.