Coburg Junge Ärzte entdecken das Land

Wolfgang Braunschmidt
Dr. Roman Pohl leitet Dr. Vera Heublein bei einer Ultraschalluntersuchung an. Heublein nutzt die Möglichkeiten, die der Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Coburg jungen Ärztinnen und Ärzten bietet. Für die Untersuchung stellte sich Monika Gregor zur Verfügung. Foto: Wolfgang Braunschmidt

In Coburg gibt es noch zu wenige Allgemeinmediziner. Aber jetzt zeichnet sich eine Trendwende ab. Das ist das Ergebnis jahrelanger Bemühungen.

 
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Coburg - Seit Langem wird Klage darüber geführt, dass in der Stadt und im Landkreis Coburg Hausarztpraxen schließen. Oftmals fanden sich keine Nachfolger für Mediziner, die in den Ruhestand wechselten. Junge Ärztinnen und Ärzte wollten sich nicht in das Abenteuer Selbstständigkeit stürzen und ließen sich lieber in Kliniken anstellen. Und das flache Land war für viele wenig attraktiv, es lockte die Großstadt. Jetzt hat eine Trendwende eingesetzt, sagte Dr. Christian Pohlig, Chefarzt am Regiomed-Klinikum Coburg, bei einem Pressegespräch am Mittwoch.

Vor zehn Jahren haben er und Dr. Oliver Gregor, Hausarzt in der Veste-stadt, den Weiterbildungsverbund „Allgemeinmedizin Coburg“ gegründet. Dieser bietet angehenden Hausärzten eine strukturierte Weiterbildung im Klinikum und in insgesamt 19 Haus- und drei Facharztpraxen in der Region an.

Leuchtturmprojekt

Dieses Konzept gilt als „Leuchtturmprojekt in Bayern“ und findet überregional große Beachtung, betonte Pohlig. Es sei zwar nicht zu leugnen, dass es derzeit in der Stadt und im Landkreis Coburg unbesetzte Kassenarztsitze gibt, „wir haben in den letzten Jahren jedoch erfreulicherweise beim ärztlichen Nachwuchs eine Trendumkehr beobachtet: Weg von von der Großstadt hin zum ländlichen Raum mit seiner hohen Lebensqualität, weg von den Kliniken hin zu Gemeinschaftspraxen mit individuellen, familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen“, so Pohlig.

Das unterstrich Ullrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg. Es gelinge zunehmend, junge Ärztinnen und Ärzte für die Region zu begeistern. Auch er sei zuversichtlich, „in den nächsten Jahren den aktuellen Mangel an Hausärzten in Coburg nachhaltig zu vermindern“. Ein Ende der Durststrecke sei in Sicht.

Das belegen Zahlen. In den vergangenen zehn Jahren sind zwölf Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeinmedizin ausgebildet worden. „Davon haben sich die meisten in und um Coburg niedergelassen“, berichtete Christian Pohlig. Derzeit befänden sich acht Mediziner in der Praxisweiterbildung. Davon wollten sich sechs ab 2022 in der Region niederlassen. Fünf Ärztinnen und Ärzten, die ebenfalls einen Niederlassungswunsch geäußert hätten, absolvieren die Weiterbildung im Klinikum Coburg. Und: Allein 2020 gab es in Stadt und Landkreis fünf Praxisübernahmen.

„Erfüllender Beruf“

Dr. Vera Heublein beschreitet den von Oliver Gregor, Ullrich Zuber und Christian Pohlig aufgezeigten Weg. Derzeit ist sie als Assistenzärztin in der Gemeinschaftspraxis Gregor/Müller/Pohl im Coburger Stadtteil Neuses tätig. Die Mutter eines Sohnes lobt die Möglichkeiten, die ihr der Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin biete. Ärztin in einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis zu sein, „ist ein wunderbarer, vielfältiger und erfüllender Beruf“.

Das sagt auch Dr. Roman Pohl, stellvertretender Vorsitzender des Hausarztvereins. Er ist ebenfalls über den Verbund in die Neuseser Praxis gekommen und dort 2017 als Partner eingestiegen.

Anteil an der Entwicklung hat die „Gesundheitsregion Plus“, eine Kooperation von Stadt und Landkreis Coburg. Sie ist 2015 gegründet worden und hat sich zum Ziel gesetzt, die hausärztliche Versorgung in der Region zu stabilisieren und zu verbessern. „Zentrale Bedeutung hat dabei die Ansprache junger und künftiger Ärzte“, sagte Lea Hellbeck, die die Geschäftsstelle der Gesundheitsregion leitet. Sie unterstützt bei der Vermittlung von Allgemeinmedizinern, die nach einem Angestelltenverhältnis suchen, und bringt sie mit Praxisinhabern zusammen. Hilfestellung gibt es für junge Ärztinnen und Ärzte, die sich niederlassen wollen, auch bei der Praxis- oder Grundstückssuche oder bei der Vermittlung von Kinderbetreuung. Hier arbeitet die Gesundheitsregion mit Städten und Gemeinden, den Wirtschaftsförderungen von Stadt und Landkreis Coburg, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern sowie dem bayerischen Gesundheitsministerium zusammen. Wie wichtig die Bemühungen sind, zeigt ein Blick auf die Karte: In der Stadt und im Landkreis Coburg gibt es gegenwärtig noch 22 freie Hausarztsitze.

Stipendien-Programm

Ein weiteres Projekt des Landkreises zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung ist das Stipendienprogramm. Dieses ging im Jahr 2014 in die erste Runde und ist ein langfristig angelegtes Projekt. Nach dem mindestens fünfjährigen Medizinstudium folgt die Weiterbildung zum Allgemeinmediziner. Diese dauert wiederum fünf Jahre und wird sowohl im Klinikum als auch in der ambulanten Praxis abgeleistet. Anschließend können die Stipendiatinnen und Stipendiaten als voll ausgebildete Hausärztinnen und -ärzte in der Region Coburg tätig werden.

Die ersten Früchte trage das Programm bereits. Eine Stipendiatin hat ihre Weiterbildung in Coburg begonnen, erläuterte Lea Hellbeck, Geschäftsstellenleiterin der Gesundheitsregion Plus, die Stadt und Landkreis Coburg gemeinsam bilden. Weitere angehende Allgemeinärztinnen und -ärzte würden Ende des Jahres und Anfang 2022 folgen.

Bis Ende Oktober können sich Studierende um ein Stipendium des Landkreises bewerben. Gefördert werden bis zu 60 Monate Studienzeit mit monatlich 300 Euro. Derzeit wird ein gemeinsames Stipendienprogramm von Stadt und Landkreis Coburg entwickelt, das ab 2022 umgesetzt werden soll.

www.als-arzt-nach-coburg.de

www.gesundheitsregionplus-coburg.de

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