Heimatmuseum Ebern Museumsbesuch vom Sofa aus

Video-Designer Toni Milicevic hat mit seiner Scan-Kamera das Eberner Heimatmuseum per Mausklick „erfahrbar“ gemacht. Foto: /Tanja Kaufmann

Ein virtueller Rundgang macht ab sofort das Eberner Heimatmuseum per Mausklick begehbar. Die 360-Grad-Tour ist in unzähligen Einzelaufnahmen entstanden.

 
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Ebern - Nein, es war wirklich kein Jahr für Museumsbesuche. Wieder nicht. Von November 2020 bis ins Frühjahr hinein mussten die Ausstellungen geschlossen bleiben, später gab es zwar wieder die Möglichkeit zur Öffnung, doch die Besucher zog es nicht so wie sonst ins kleine Eberner Heimatmuseum. „Nicht mehr als 250 Besucher“, seien es in diesem Jahr gewesen, schätzt Museumsleiter Ingo Hafenecker. Und was die kommenden Monate an Inzidenzen und deren folgenden Maßnahmen bringen werden, steht noch in den Sternen.

Doch das Heimatmuseum soll weiter allen offenstehen. Und wer schon nicht persönlich kommen kann, soll künftig wenigstens die Möglichkeit zum virtuellen Besuch bekommen. Ein Rundgang durch alle 18 Räume, ein Blick auf fast alle der etwa 3500 Exponate, bequem von zuhause aus – das ist nun mit einem Klick möglich. Möglich gemacht hat es Toni Milicevic. Den Video-Designer und seine Kunst hat Stefan Andritschke vom Eberner Bürgerverein beim Coburger Designforum kennengelernt. Milicevic stammt aus Bosnien und lebt seit vier Jahren mit seiner Familie in Coburg. Studiert hat er Archäologie, aus Leidenschaft habe er dann irgendwann angefangen, Videos zu drehen, sagt er, zunächst bei Hochzeiten oder Geburtstagen. Doch wie es manchmal ist, wenn man ganz viel Glück hat, kann die Leidenschaft zum Beruf werden. „Das bewegte Bild ist mein künstlerischer Ausdruck und ich fühle mich am besten, wenn ich hinter der Kamera stehe“, sagt Milicevic über sich selbst. Neben Video-Marketing und Web-Design bietet der selbständige Unternehmer auch sogenannte 3D-Scans an. Solche 3D-Scans kann man am besten als „Reality-Tour“ umschreiben. Erstellt werden von diversen Standpunkten aus unzählige 360-Grad-Einzelfotos, die virtuell aneinandergefügt werden. Vom PC aus hat dann jeder die Möglichkeit, diese Standpunkte „nachzuvollziehen“, sich selbst also an jene Punkte zu platzieren und die jeweilige Blickrichtung zu übernehmen.

„Wie bei Google Street View“, erklärt Stefan Andritschke, auch Immobilien-Portale nutzen die Technik, um potenzielle Kunden durch angepriesene Gebäude und Grundstücke zu führen. Und auch die Meisterschule in Ebern hat seit Kurzem einen solchen virtuellen Rundgang erstellen lassen – ebenfalls von Toni Milicevic übrigens. Nun aber ist das Heimatmuseum dran. „Das Ganze haben wir angestoßen, weil das Museum ja mehrfach schließen musste und wir unseren Besuchern einen anderen Zugang zu unserer Sammlung anbieten wollen“, erklärt Stefan Andritschke. Finanziert wird der alternative Museumsbesuch zum Großteil durch das Bundes-Förderprogramm „Neustart Kultur“, das den von Corona gebeutelten Kulturbetrieben helfen und die kulturelle Infrastruktur dauerhaft erhalten soll.

Gefördert wird in Ebern nun nicht nur der virtuelle Rundgang, sondern auch die Neugestaltung des Eingangsbereiches im Museum, die neue Außenvitrine am Museumseingang sowie die Schaffung eines neuen Lagerraumes für Museumsfeste mit integrierter Ausgabemöglichkeit. Unter „Pandemiebedingte Investitionen in Kultureinrichtungen zur Stärkung der bundesweit bedeutenden Kulturlandschaft“ fällt dies, wie Stefan Andritschke erklärt. Das Förderprogramm wird durch den Deutschen Verband für Archäologie durchgeführt, weitere Förderer und Finanziers sind der Bezirk Unterfranken und nicht zuletzt der Bürgerverein.

Zurück zu Toni Milicevic. Der rückt seine Kamera alle paar Minuten um wenige Meter weiter, um auch wirklich jeden Winkel im Museum zu erfassen. Also bis auf die Toiletten und das kleine Büro, versteht sich. „Wenn der Raum leer ist, reichen alle drei oder vier Meter“, sagt Milicevic. So war es etwa kürzlich beim virtuellen Gang durch die ehemalige Kühlhalle des ehemaligen Coburger Schlachthofs, wo es vom kommenden Jahr an schicke Büros, moderne Werkstätten, eine Coffee Bar und einen kulturellen Gemeinschaftsraum geben soll. Doch hier im Heimatmuseum findet sich buchstäblich an jeder Ecke etwas Sehenswertes. Herausfordernd sind zudem die Glasvitrinen, die leicht für Unschärfen sorgen können. Doch Toni Milicevic ist Vollprofi und nimmt es obendrein sehr genau. Über zwei Stunden wird er für seinen bilderreichen Gang durch die Museumsräume brauchen.

Eingebunden werden können nun auch noch kleine Erklärvideos oder weiterführende Links. Das Angebot, das in naher Zukunft auch auf der Homepage des Museums eingepflegt werden soll, sieht Stefan Andritschke als Ergänzung zum „realen“ Museumsbesuch, der natürlich trotzdem durch nichts zu ersetzen ist. Aber solange die Ausstellungsräume geschlossen sind, ist der Besuch vom heimischen Sofa aus die perfekte Alternative.

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