Heimatpflege Haßberge Das offizielle Ende einer Ära

Christian Schuster
Übergabe einer verantwortungsvollen Arbeit: Christiane Tangermann hat Günter Lipp zu Beginn des Jahres als Kreisheimatpfleger im Sprengel Ost abgelöst. Anfang dieser Woche holte der Kreistag am Schulzentrum in Haßfurt die pandemiebedingt verschobene offizielle Verabschiedung Lipps und die Ernennung Tangermanns nach. Foto: /Christian Schuster

Kreisheimatpfleger Günter Lipp ist nun auch offiziell aus dem Amt geschieden. Sein letzter Auftritt im Kreistag rührt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Haßfurt/Ebern - Drei Gründe gebe es, warum er, Günter Lipp, nach ziemlich genau 30 Jahren als Kreisheimatpfleger aufhöre. Erstens: Er sei im September 80 geworden. Zweitens: sein „Heimatpfleger-Briefpapier“ sei noch im selben Monat zu Ende gegangen. Drittens: Schon im Oktober habe eine Zeitung vom „früheren Kreisheimatpfleger“ geschrieben. Große Stoppschilder, wie der “Altbayer“ mit seinem unverwechselbaren Dialekt und einem schelmischen Grinsen in der jüngsten Kreistagssitzung ausführte. Zeit zum Anhalten. Zeit, um das Amt als Kreisheimatpfleger niederzulegen. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür“, sagte Lipp. Nachdem die Verabschiedung des Trägers der Bayerischen Denkmalschutzmedaille seit der ausgefallenen Dezembersitzung schon mehrfach verschoben worden war, konnte sich der Kreistag am vergangenen Montag auch offiziell von Günter Lipp verabschieden. Der hatte seine Aufgabe schon zum Jahreswechsel an Christiane Tangermann aus Heubach übergeben (die NP berichtete mehrfach).

Fast 30 Jahre lang hatte Günter Lipp das Amt des Heimatpflegers bekleidet und sich für die Kultur und die Geschichte seiner Wahlheimat, dem Landkreis Haßberge eingesetzt. Denkmäler hat Lipp dabei nicht nur erforscht, gepflegt und restaurieren lassen – er hat sich auch selbst einige geschaffen. Als Heraldiker hat Lipp über die Jahre eigenhändig eine Vielzahl von Wappen entworfen. Für Familienchroniken einerseits aber auch als Aushängeschild für Gemeinden und den Landkreis selbst.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau

Landrat Wilhelm Schneider bedankte sich erneut überschwenglich bei Günter Lipp – und auch dessen Frau Beate. Sie seien in den vergangenen Jahren ein eingespieltes Team gewesen und hätten das Ehrenamt beide „innigst gelebt“. Und dass er mit Christiane Tangermann eine solch fähige Nachfolgerin gefunden habe, adele den scheidenden Heimatpfleger umso mehr. „Es ist wunderbar, wenn das so ineinander übergeht“, freute sich der Landrat. Und an Tangermann gewandt: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeiten mit Ihnen.“

Als Gastredner hatte sich auch der Professor am Lehrstuhl der Universität Würzburg für Europäische Ethnologie und Volkskunde Dr. Klaus Reder nach Haßfurt begeben – ein langjähriger Wegbegleiter Lipps. Auch er habe als unterfränkischer Bezirksheimatpfleger die vielen Jahre mit seinem Eberner Kollegen stets genossen. Lipp sei durch und durch Lehrer gewesen „aber nie ein Oberlehrer“. Kontinuität, Zuverlässigkeit aber auch die Offenheit gegenüber Neuem hätten ihn ausgezeichnet, so wie auch seine charakteristisch in türkis gekennzeichneten Schriftstücke – anstatt des Rotstifts des Lehrers. Und Reder wäre schließlich kein Heimatpfleger, wenn er nicht mit einem Funstück aus der Geschichte endete. Einem Zitat, dass Lipp wohl selbst einmal zum Besten gegeben habe. „Es war für dich Horror, als 21-jähriger Münchner nach Unterfranken zu kommen. Jetzt bist du aber als Münchner im Himmel.“ Passend, dass auch Nachfolgerin Christiane Tangermann eben nicht aus der Gegend stammt. Die 64-Jährige Sprach- und Geschichtslehrerin hat die letzten 30 Jahre in den USA verbracht, da sie ihrem Mann auf dessen beruflichem Weg als Epidemiologe folgte. Auch sie habe mit ihrem Mann inzwischen im Landkreis eine Wahlheimat gefunden und sie bereits jetzt ins Herz geschlossen. Der „Blick von außen“ und damit der geschärfte Blick für das, was die Region ausmacht, sei laut Günter Lipp ein Vorteil.

Große Fußstapfen für Nachfolgerin Christiane Tangermann

Ihre Aufgabe wolle Tangermann, wie sie selbst sagte, mit der gleichen Leidenschaft füllen, wie es schon ihr Vorgänger getan hatte – wenn auch auf ihre eigene Weise. Mit großer Bewunderung blicke sie auf das Werk von Günter Lipp und vor allem das umfangreiche Archiv ihres Vorgängers. Dieses wolle sie übernehmen genauso wie die regelmäßigen heimatkundlichen Gesprächsrunden. Aber sie wolle auch Neues etablieren – und die Heimatpflege noch mehr zu einer Teamaufgabe machen. Sie wolle Archivpfleger (siehe Artikel unten) aber auch Schüler oder das Heimatmuseum mit in ihre Arbeit einbinden. Und sie sehe auch die Überschneidung mit dem Tourismus. Daher wolle sie mit Unterstützung auch Burgenführungen für Familien anbieten, sobald dies wieder möglich sei.

Welchen Stellenwert die Arbeit der Heimatpfleger einnimmt, ließ die Reaktion der Kreistagsmitglieder mehr als nur erahnen. Trotz der übervollen Tagesordnung nahm man sich lange Zeit für die Honorierung, die Reden und einzelne Wortbeiträge. Ein rauschender Applaus schloss das Ende einer Ära – und den Beginn einer neuen.

Bilder