Heißes Theaterfest in Coburg Coole Töne und ein Hauch von Grusel

Das Landestheater feiert mit seinem Publikum rund um den Schlossplatz. Applaus gibt es dabei nicht nur für die Profis, sondern auch für Laien.

 
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Worte fallen nicht. Ein freundliches Nicken in die Runde, gefolgt von einem spitzbübischen Grinsen und einem leise gemurmelten „Okay“, dann geht es auch schon los. Die Instrumente setzen ein, und die ersten Töne von Brahms‘ „Ungarischem Tanz Nr. 1“ erklingen. Der Wind weht leicht über den Schlossplatz und wirbelt ein paar Notenblätter durch die Lüfte, die sogleich von kleinen Kindern wieder eingefangen werden. Die Atmosphäre ist friedlich und ruhig, ein leichtes gespanntes Knistern liegt in der Luft.

Das Landestheater und die Kulturabteilung der Stadt haben zum 3. Symphonic Mob in der Vestestadt eingeladen, einem Spontankonzert, bei dem die Orchester-Profis zusammen mit Laien unter der Leitung von Generalmusikdirektor Daniel Carter musizieren. Auf dem Programm stehen, neben zwei Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms, noch ein Satz aus Schuberts „Sinfonie h-Moll“, „Va, pensiero“ aus Verdis „Nabucco“ und „Der Einzug der Gäste“ aus Wagners „Tannhäuser“. Kein einfaches Repertoire, das den 80 angemeldeten Hobbymusikern, die mit Instrumenten sämtlicher Gruppierungen vertreten sind, einiges abverlangt.

Erst wird eine Stunde geprobt, danach folgt das „echte“, halbstündige Konzert. Über den Arkaden mehren sich die Zuschauer, sie lehnen sich über die Brüstung, platzieren sich um das Rondell am Schlossplatz und suchen bei heißen Temperaturen den Schatten. Cool bleibt Daniel Carter. Viel mehr als „bravi“ und „sehr gut“ ist ihm verbal nicht zu entlocken, doch das Grinsen bleibt. Und wird auch mal breiter, wenn er versucht, dem Chor beim Üben klar zu machen, dass Gefangene in Ketten nicht zwitschernd leicht und fröhlich vor sich hinsingen, sondern doch von Schmerzen und Müdigkeit gequält werden und sich dementsprechend in stimmliche Niederungen begeben sollten. Mit Lauten, die seinem Orchester wohl vertraut sein dürften und für den Laien höchst amüsant zu hören sind, da sie an die quakende Tierwelt erinnern, führt er die Instrumentalisten durch die Noten. Um am Ende dann noch einmal die knappe Lobeshymne für alle auszusprechen: „Meine Damen und Herren, bravi, sehr gut.“ Dieser Meinung scheint sich auch das Publikum anzuschließen, das begeistert und lange applaudiert und sogar eine Zugabe fordert. Die gibt es aber nicht, denn nach dem Mob geht’s weiter mit dem Theaterfest im Großen Haus und in der Reithalle.

„Orte des Grauens“

Auf der Studiobühne gibt unter anderem Theaterpädagogin Christin Schmidt einen Einblick in ihre Arbeit mit dem Jugendclub und dem Club 56, der eine witzige Revue über Rentnerdasein und Theaterleben präsentiert. Im Dramaturgiegarten ist das Programm mit Basteln und Hüpfburg auf die Jüngsten zugeschnitten, während im Großen Haus alle dazu eingeladen werden, Ausschnitte aus dem aktuellen Ballettprogramm zu bewundern, den schönsten Melodien aus Oper und Operette zu lauschen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

„Orte des Grauens“ bestaunt das Publikum – in Anspielung auf die dringend nötige Generalsanierung – bei den Führungen in sonst unzugängliche Bereiche des Theaters. Da geht es über Leitern, steile Stufen, enge Gänge und knarzende Dielen in Keller und Dachgeschoss des Hauses, vorbei an dunklen Vorhängen und weit oben über den Zuschauerplätzen. Mitglieder des Schauspielensembles geben mit kurzen Lesungen und Vorstellungen einen Ausblick auf die neue Spielzeit. Und der ist alles andere als grauenhaft.

Auch ungeahnte Talente offenbaren sich bei diesem bunten Theaterfest: Gleich drei Bands machen den Tanzbegeisterten drinnen und draußen Beine. Boris Stark, Souffleur und „Haus-Rocker“ vom Dienst, spielt sich mit seiner Band auf dem Schlossplatz durch die Charts der 70er- bis 90er, stimmstark unterstützt von Joanna Stark und Stephan Mertl. Black Star begeistern in der Reithalle mit vornehmlich eigenen Songs im Stil des Alternativ-Rock der 90er, und zum Schluss lässt es „Die 5. Sparte“ dort gehörig krachen: Nach fünf Jahren reanimiert saugt die Theaterband um die stimmgewaltige Inspizientin Eva Lehner die Fans mit melodischem Post-Punk regelrecht auf die Tanzfläche. Das perfekte Finale für diesen tollen heißen Tag.

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